Jeder kennt dieses Gefühl - einige Apps und Programme sind auf Anhieb schwer zu verstehen, geschweige denn zu bedienen und benötigen lange Einarbeitungszeit. Nicht selten kommt man ohne Hilfe von außen nicht zum Ziel und die Anwendung ist gefühlt nutzlos.
Woran liegt es also, dass wir Lieblings-Apps haben, obwohl es unzählige, nahezu identische Anwendungen mit selbem Funktionsumfang gibt?
In diesem Artikel wollen wir uns einmal ausführlich dem Thema UX/UI in allen Facetten widmen:
Studien haben bewiesen, dass Käufe mit Erlebnis (bspw. Konzerte, Theater, Festivals, Reisen) glücklicher machen, als das materielle, monetäre Äquivalent, wie bspw. Kleidung, Technologie oder Schmuck. (Quelle: Boven, Leaf Van and Gilovich, Thomas (2003): To Do or to Have? That Is the Question. In Journal of Personality and Social Psychology, 85 (6) p. 1193–1202.; Carter, Travis J. and Gilovich, Thomas D. (2010): The Relative Relativity of Material and Experiential Purchases. In Journal of Personality and Social Psychology, 98 pp. 146-159)
Vordergründig ist somit nicht entscheidend, wie herausragend schön oder ästhetisch eine Anwendung ist (UI), sondern welchen Beitrag sie zum empfundenen Erlebnis (User Experience) während der Benutzung liefert (UX).
Das ist die Herausforderung, der sich Designer und Anbieter von Apps und Programmen heutzutage stellen müssen: User Experience ist keine Frage von gutem Design.
User Experience Design bildet die Basis für User Interface Design.
Ziel ist es, ein positives Erlebnis während der Benutzung zu schaffen.
User Experience ist nur eine Unterkategorie erlebter Erfahrung, die sich auf ein bestimmtes Medium konzentriert - nämlich interaktive Produkte.
Wenn es um konkretes User Experience Design geht, also um die Frage, wie man bewusst Erlebnisse kreiert und gestaltet, kann eine Unterscheidung zwischen interaktiven Produkten und anderen erlebnisgebenden Ereignissen hilfreich, aber nicht entscheidend sein.
Die hier dargestellte Perspektive für Erfahrung und User Experience ist nicht als endgültig zu verstehen. Es ist ein Ausgangspunkt für eine Debatte, ein Versuch, ein Konzept von Experience und User Experience, das die Art und Weise, wie interaktive Produkte sind, verändern wird - hoffentlich zum Besseren.
Das ist die Herausforderung, der wir uns alle stellen müssen: Bei Experience oder User Experience geht es nicht um verwendete Technologie, Design oder Schnittstellen. Es geht um die gemeinsame Schaffung bedeutungsvoller Erfahrungen.
Wie bewältigen wir User Experience Design Herausforderungen im Team?
Entscheidend ist das Bewusstsein und der Einsatz aller Beteiligten. Dieser beeinflusst maßgeblich den Erfolg der Bemühungen.
Aber was bedeutet das eigentlich, "ein Erlebnis zu gestalten"? Für uns ist es eine Frage des Gefühls, wie fühlt sich der Moment an, ein Produkt zu nutzen - die Moment-für-Moment-Erfahrung. Die Nutzung eines Produktes kann sich, wie eingangs erwähnt, bei gleichbleibender Funktion äußerst unterschiedlich "anfühlen".
Hier geht es um das Wie des Produktgebrauchs, die Ästhetik der Interaktion. Dieser Begriff der Erfahrung - als Fokussierung auf die Art und Weise, wie etwas gemacht wird - wurde vor allem durch den Erfolg von Apples iPhone ausgelöst, das zu Release 2007 eine bisher einzigartige Ästhetik der Interaktion aufwies, aber im Grunde genommen dieselben Aufgaben erfüllte wie jedes andere Mobiltelefon.
UI/UX Design Meetup als gemeinsame Diskussionsplattform
Etabliert durch David Höfer von Markenzoo, fand das Dresdner UI/UX Design Meetup in kürzester Zeit eine große Anzahl interessierter Teilnehmer. Dies freut uns in zweierlei Hinsicht - zum Einen fördert ein solches Treffen die Kommunikation und den Austausch über praxisrelevante Lösungen und Probleme, zum Anderen spricht das feierabendliche Engagement für ein gesteigertes Interesse mehr Zeit und Aufwand in die Umsetzung großartiger User Experience Designs zu investieren und Nutzern somit einfache und intuitiv zu bedienende User Interfaces bereitzustellen.
Im zweiten UI/UX Meetup widmete sich Florian, unser UX-Jedi, dem Thema "User Experience als Team-Effort".
Sören Frost stellt dafür seine Business Model Lab Räumlichkeiten zur Verfügung, die auch Startups nach Anmeldung und Verfügbarkeit kostenfrei nutzen können. Super Idee finden wir!
Der Arbeitstitel lautete vormals "User Experience als Teamarbeit". Bereits während der Präsentationsvorbereitung kristallisierte sich heraus, dass eine herausragende User Experience mehr bedarf, als sich im Wort Teamarbeit per Definition verbirgt und so wurde der Titel kurzerhand angepasst:
Was ist User Experience?
User Experience ist das Buzzword der Digitalisierung geworden. Egal ob online oder offline, sobald Nutzer mit bereitgestellter Infrastruktur und Systemen interagieren, sei es im Laden vor Ort, im Auto, Fahrstuhl, an der Kaffeemaschine oder im Online-Shop, stets muss die User Experience (kurz UX) für Nutzer einfach, intuitiv und der Konkurrenz in jeglicher Hinsicht überlegen sein.
Doch was ist User Experience?
Im Deutschen wird User Experience i.d.R. als Nutzererfahrung übersetzt. Dabei beschreibt der Begriff alle Aspekte einer Benutzerinteraktion mit beliebigen Systemen oder Dienstleistungen. Die Bedeutung des Begriffes ist deutlich älter als man annimmt. Sie entstammt dem vorchristlichen, römischen Ingenieur Vitruv.
Er beschrieb die Nutzererfahrung von Gebäuden anhand dreier Aspekte: Firmitas (Festigkeit), Utilitas (Nützlichkeit, Usability) und Venustas (Schönheit).
Sind alle drei Aspekte der User Experience erfüllt, so macht die Benutzung Spaß und wirkt sich gleichermaßen positiv auf die Benutzerzufriedenheit aus. Letztere ist ausschlaggebend für die Wiedernutzung eines Systems/Dienstleistung und somit essentiell für Fortleben sowie Entwicklung selbiger.
User Experience ist somit nicht die Ursache, sondern die Konsequenz erlebter Erfahrungen, die sich aus den Dimensionen Gestaltung, Funktionalität und Leistungsmerkmale speist.
Dabei ist User Experience je nach Nutzer und Nutzergruppe höchst individuell. Dies liegt in den natürlichen Unterschieden im Hinblick auf Erfahrung, Vorkenntnisse, Erwartungen, Kontext der Nutzung und Experimentierfreude begründet.
User Experience bei Sandstorm
UX ist für uns einer der wichtigsten Baustein beim Erstellen neuer Apps und Webanwendungen. Neue Projekte erfordern das Erstellen individueller UX Konzepte bzw. die Analyse und Bewertung extern zur Verfügung gestellter UX Designs.
Im Team haben wir keine festen Rollen wie bspw. "Frontend", "Backend", "PHP-Entwickler" oder "Design".
Aktuell sind wir 15 Generalisten, sogenannte Manager of One, die unterschiedliche Präferenzen, Vorlieben und Interessen haben. Dementsprechend ist die persönlichen Entfaltung nahezu grenzenlos und somit hat jeder die Chance sich mit UX zu beschäftigen.
Gleichzeitig bestritt Florian, als unser UX-Jedi, die anfallenden UX Themen größtenteils im Alleingang. Jeder im Team kann unzählige Beispiele für schlechtes UX Design aufzählen und verfügt durch die ständige Interaktion mit neuen und bekannten Systemen über ein gutes Bauchgefühl, was gutes UX nicht ist. Doch Methoden, Regeln und konkrete Beispiele zu benennen, was gutes UX ausmacht, wieso das so ist und wie es umgesetzt wird, fiel uns im Team schwer.
Durch diese alleinige Skill-Besetzung kann es zu Flaschenhälsen, sogenannten Bottlenecks, in der Projektbearbeitung kommen und den Projektfluss beeinflussen.
Truckfactor
Darüber hinaus ist es im Falle von Krankheit, Urlaub, Flugmodustagen oder anderen Unpässlichkeiten herausfordernd, diesen Skill in adäquater Weise zu besetzen und, wie wir zu sagen pflegen, Sandstorm-Qualität abzuliefern.
Im Risikomanagement wird dieser Zustand mit dem sogenannten Truckfactor (o.a. Truck Number) beschrieben - einer Kennzahl zur Abschätzung von Projektrisiken. Der Wert gibt die Anzahl der Mitarbeiter in einem Projekt an, die ausfallen können, bevor das Projekt scheitert.
Seinen Namen erhielt der Tuckfactor durch die bezeichnende Frage: „Wie viele oder wenige müssten von einem Lastwagen überfahren werden (oder aussteigen), ehe das Projekt lahmgelegt ist?“
In unserem Fall war der Truckfactor mit dem schlechtestmöglichen Wert 1 besetzt. Florian war also unser einziger UX-Spezialist und durfte unter keinen Umständen "von einem Lastwagen erfasst" werden.
Oben genannten Umstand galt es umgehend zu beheben, um den Truckfactor zu erhöhen und den UX Skill somit ausfallsicherer auf mehr Beine zu stellen.
Never stop learning
Die einfachste Lösung wäre die Anstellung eines weiteren UX-Jedis gewesen. Jedoch funktioniert die aktuelle, interdisziplinäre Kombination aus UX-Konzeption und Umsetzung sehr gut. Derjenige, der das UX Konzept entwickelt, kümmert sich oftmals auch um die Umsetzung und Entwicklung des selbigen.
Somit galt es, vorhandene Potentiale zu wecken und das allgemeine UX-Bewusstsein zu stärken.
Doch wie sollten diese Ziele erreicht werden?
Never stop learning ist nicht nur eine Floskel, sondern gelebte Praxis bei Sandstorm. Um UX Design auf mehr Beine zu stellen, folgten wir einem einfachen und bewährten Fahrplan, den wir für viele Themen nutzen:
Show & Tell zur Wissensvermittlung
gemeinsame Workshops zur Erarbeitung einer gemeinsamen Vision
zusammen lernen zur Vertiefung des gemeinsamen UX-Verständnisses
Show & Tell
In einem sogenannten Show & Tell informiert ein Sandstormer alle anderen Teammitglieder über ein dediziertes Thema.
Konkret präsentierte Florian seine Gedanken und Verständnis guter User Experience:
Warum ist UX für uns wichtig?
Wie wirkt sich das auf Projekte aus?
Nach welchen Prinzipien arbeitet Florian derzeit?
Der letzte war gleichzeitig der wichtigste und interessanteste Punkt. Denn diese UX Prinzipien sind einfach in der Anwendung und helfen dabei, schlechtes und herausragendes UX Design zu identifizieren.
Im Team haben wir, wie eingangs erwähnt, keine festen Rollen wie bspw. "Frontend", "Backend", "PHP-Entwickler" oder "Design" und so kristallisierten sich schnell einige interessierte Sandstormer heraus, die sich UX auf einer detaillierteren Ebene widmen wollten.
UX Prinzipien bei Sandstorm
Separation of Concerns
Das erste und gleichzeitig wichtigste UX Prinzip ist Separation of Concerns - die Teilung der Nutzeroberfläche entsprechend ihres Inhalts.
Dieses Prinzip entstammt der Informatik. Programme werden idealerweise gemäß ihrer Aufgabenbereiche in eigenständigen Teillösungen umgesetzt. Dies sorgt für klare Strukturen und hilft dabei, einzelne Bestandteile einer Anwendung zu konfigurieren, verändern oder auszutauschen, ohne dabei andere Funktionalitäten zu beeinflussen.
Dieses Prinzip hilft dem Anwender dabei, sich auf bestimmte Aspekte einer Anwendung zu konzentrieren, ohne die anderen außer Acht zu lassen.
Diese Trennung erfolgt dabei in mindestens zwei Ausprägungen:
Schwache Trennung
Starke Trennung
Schwache Separation of Concerns
Diese Art der Trennung findet Anwendung, wenn Aufgabenbereiche inhaltlich zusammengehören und eine räumliche Trennung zu Irritation und negativem Bearbeitungsfluss führt. Eine schwache Trennung des Inhalts nach Aufgabenbereich ist bspw. im obigen Screenshot aus dem Backend des Neos CMS zu finden.
Die linke Seite dient der Navigation innerhalb aller Seitenelemente. Sie liefert eine Übersicht aller verfügbaren Seiten, Blog Posts und aktuell versteckter Seiten.
Innerhalb der rechten Seite bearbeitet der Nutzer zur ausgewählten Seite zugehörige Meta-Daten (bspw. Titel, Beschreibung, Veröffentlichungsdatum, Autor, Sichtbarkeit, Keywords, Titelbild, uvm).
Mittig stellt Neos CMS die ausgewählte Seite dar und stellt dem Nutzer mithilfe des sogenannten Inline Editings einen WYSIWYG-Editor (What you see is what you get) zur Verfügung, um die Inhalte direkt und ohne Umwege in der Vorschau zu bearbeiten.
Alle drei Bereiche sind auf Grund ihrer unterschiedlichen Aufgabenbereiche auch optisch für den Nutzer voneinander getrennt.
Starke Separation of Concerns
Im Gegensatz zur schwachen erfolgt die starke Trennung, wenn Aufgabenbereiche sehr unterschiedlich sind und somit ein Umdenken des Nutzers erfordern.
Im Neos CMS gilt dies bspw. für die Nutzerverwaltung, Mediathek, Workspaces oder Package Management.
Die starke Trennung der Bereiche ähnelt dabei dem Errichten von Wänden, die es nicht gestatten auf benachbarte Bereiche zuzugreifen.
Diese Metapher verdeutlicht außerdem, dass Wände Türen benötigen, um Räume (Aufgabenbereiche) zu betreten und zu verlassen. Im übertragenen Sinne stellt Neos CMS im angesprochenen Beispiel diese Türen mittels simplen Menüeinträgen bereit. Diese stellen die Verbindung zwischen den unterschiedlichen Bereichen her und sorgen für eine intuitive, klare Nutzerführung durch bekannte Muster - der sprichwörtliche rote Faden ist gewahrt.
Skalierbarkeit der UX - Designing User Experiences That Scale
Skalierbarkeit ist ein ebenso beflügeltes Synonym der Digitalisierung geworden wie User Experience und Digitalisierung selbst.
Skalierbarkeit äußert sich in mehreren Ausprägungen:
unter Last
räumlich
zeitlich-räumlich
strukturell
Skalierbare UX Elemente gehören zur Art der strukturellen Skalierbarkeit. Eine steigende Anzahl verwendeter Objekte innerhalb des dafür vorgesehenen, verfügbaren Platzes darf keine Beeinträchtigung hervorrufen - so die Definition.
UX-Konzepte beginnen simpel und werden, bspw. durch Kundenanforderungen, stellenweise schnell sehr komplex. So müssen alsbald viele Items in einem begrenzten Raum untergebracht werden.
Die Herausforderung besteht hier nicht nur in der Größe oder Anordnung der Objekte, sondern zusätzlich in den begrenzten kognitiven Fähigkeit (Merkfähigkeit) eines jeden Nutzers.
Eine Berücksichtigung ggfs. steigender Anforderungen an die Komplexität des UX Designs bereits im Anfangsstadium der Entstehung ist unumgänglich, um die Erweiterbarkeit bei sich verändernden Anforderungen zu gewährleisten. Gleichzeitig vermindert es den Frustrationsfaktor aller Beteiligten durch eine geringere Anzahl an Feedback- und Iterationsschleifen und verbessert die Entwicklungsreise entlang des kritischen Pfads im Projekt.
UX Skalierungs-Tipp: Agile Entwicklungsmethodik erfordert flexible Erweiterungspunkte in der UI
Keep It Simple
Als (geheime) UX-Königsdisziplin gilt das Mantra "Keep it simple".
Im Zuge aller Lean-Ansätze wird es teilweise überstrapaziert und tendiert in all seinen Bemühungen nicht selten in eine Richtung, die zwar einfach, aber nicht gut ist.
Um dies zu verdeutlichen, stellt die nachfolgende Einfachheitskurve (Quelle: Gunter Dueck, Schwarmdumm - So blöd sind wir nur gemeinsam, S.15, 2015) die verschiedenen Arten von Einfachheit dar.
Auf dem Weg zu einer hervorragenden User Experience sollte im Hinterkopf stets die Bestrebung der Vereinfachung möglicher Interaktionen stehen. Wie die obige Darstellung der Einfachheitskurve ebenso genial darstellt, sollte das "Keep it simple" Ziel auf der rechten Seite der Kurve liegen.
Die größtmögliche Eleganz der Lösung, gepaart mit der geringstmöglichen Kompliziertheit.
Wenn wir uns kurz an die Einführung des iPhones im Jahr 2007 durch Apple erinnern und an die damaligen Smartphones auf dem Markt, so trat es gegen die Konkurrenz nicht im Sinne von Größe, Prozessorleistung oder verwendeten Materialien an. Der Erfolg des iPhones war u.a. dem ausgeklügelten und sogesehen "genial einfachen" UX/UI Konzept zu verdanken.
UX/UI Konzepte mit Innovation zu versehen ist eine Gratwanderung.
Dabei gilt es abzuwägen, inwiefern neue Ideen und Mechanismen dem Nutzer eine bessere Experience bescheren und an welcher Stelle lieber bewährte Patterns (Bedienmuster) Einzug halten sollten – bspw. sollte ein Suchfeld auch so aussehen wie ein Suchfeld und sich entsprechend bekannter Muster verhalten.
In der Konzeptphase entstehen gern auch liebgewonnene Funktionsweisen, deren Mechanismus einem vollkommen bewusst ist, da man ihn selbst erschaffen hat.
Werden diese neuen Funktionsweisen einer kritischen Masse an Nutzern zum Testing vorgestellt, kann man garnicht so schnell schauen, wie einem diese "um die Ohren fliegen".
Daraus ergibt sich der Ausspruch "Kill your Darling!" - weniger drastisch ausgedrückt - "Verabschiede dich von deinem Liebling!"
Interner UX Workshop
Im Anschluss an das Show & Tell folgte der UX Workshop. Neben der Vertiefung und Verteilung unseres bestehenden Wissens rund um User Experience, sollte auch eine gemeinsame Vision herausragender UX und wie wir dieses Ziel erreichen, besprochen werden.
Wir starteten den Workshop mit gemeinsamen Brainstorming und sammelten alle Aspekte, die unserer Meinung nach gute UX ausmachen.
Jede Idee wurde auf ein separates Post-it geschrieben und anschließend in verschiedene Gruppen sortiert. Das Resultat war eine ausführliche Sammlung von Qualitätskriterien guter UX.
UX Bashing
Nachdem wir uns über die Aspekte guter UX einig waren, widmeten wir uns der Kehrseite: UX/UI Probleme.
Wichtig dabei: Stets objektiv am konkreten UX/UI Beispiel diskutieren.
Nur so lassen sich explizite Unstimmigkeiten festmachen, diskutieren wieso dies so ist und Lösungen finden.
Also wählten wir zwei Beispielprojekte mit konkreten UI / UX Problemen aus, stellten sie am Whiteboard vor und stellten uns zwei Fragen:
Wie wurde uns bewusst, dass wir dieses Problem haben?
Wie haben wir es gelöst?
In entspannter Atmosphäre (räumlich und zeitlich) - übrigens einer der wichtigsten Aspekte, um Kreativität zu beflügeln - skizzierten wir verschiedene UX Konzepte, besprachen zahlreiche Screenshots, diskutierten die konkreten Fälle und was wir aus jenen gelernt haben.
Diese Gedanken hielten wir ebenfalls auf Post-its fest und sortierten sie in allgemeine Probleme sowie Methoden.
Nachdem wir alle konkreten Probleme besprochen hatten, wollten wir hilfreiche Regeln/Methoden/Fragen für zukünftige UX/UI Konzepte ableiten, um diese in unseren eigenen Apps und Entwicklungen anzuwenden.
An diese Fragen konstatierten wir zwei grundlegende Anforderungen:
Validität der Fragen zu jeder Zeit
Jeder sollte in der Lage sein die Fragen zu stellen
Die erste Anforderung trägt agilen Entstehungsprozessen Rechnung. Die Fragen sollten zu jeder Zeit innerhalb des Prozesses ihre Gültigkeit behalten, unabhängig davon ob sich das Projekt in der Konzeptphase befindet oder bereits zum Abschluss gebracht wurde und über die Integration neuer Funktionalität gesprochen wird.
Die zweite Anforderung wird den unterschiedlichen Bereichen, in denen sich jeder von uns bewegt, gerecht. Die Fragen sollten also kein Fachwissen aus anderen Bereichen benötigen. Unabhängig davon ob Entwickler, Projektmanager oder Designer - jeder sollte die UX-Fragen stellen können.
Alle Ideen, Probleme, Lösungen, Herangehensweisen und UX-Fallstricke manifestierten sich in unseren Sandstorm User Experience Leitfragen:
Sandstorm User Experience Leitfragen
1. Gibt es ein Konzept? 2. Kann es einfacher sein? 3. Muss es skalieren? 4. Gibt es Feedback?
Das Ergebnis des UX Workshops flossen in untenstehendes Poster, welches wir seither für alle Projekte, Produkte und Schulungen heranziehen und im Laufe der Zeit weiter verfeinern.
All diese gemeinsamen Überlegungen, Diskussionen und Besprechungen im Team führten bei jedem Einzelnen zu einem tieferen Verständnis herausragender UX, wie Stolpersteine von Beginn an vermieden werden und helfen in der UX-Diskussion mit Kunden sowie Partnern.
Zusätzlich ist das UX Poster fester Bestandteil unserer Büroeinrichtung geworden und wird seither von jedem Sandstormer konsultiert, um jede unserer Anwendungen auf einem herausragenden User Experience Konzept aufzubauen.
UX-Meeting-Tipp: Wikipedia-Prinzip - jeder der Lust hat teilzunehmen, sollte dabei sein
User Experience Design Analyse
UX Designs analysieren wir aktuell in vier Schritten:
Gibt es ein Konzept?
Kann es einfacher sein?
Muss es skalieren?
Gibt es Feedback?
1. Gibt es ein Konzept?
Zur Leitfrage nach einem vorhandenen Konzept gehören noch die Fragen, ob ein "roter Faden" und realistische Daten zur Konzeptvisualisierung verwendet werden.
Letztere ist ungemein wichtig für den sogenannten Proof-of-Concept.
Verwendet ein Konzept lediglich Beispiel-Daten (Dummy Daten), wie bspw. Filter 1, Filter 2, Filter 3, usw., und orientiert alle Elemente unter Verwendung der beispielhaften Zeichenlänge nebeneinander, so ist es nahezu unumgänglich, dass die Real-Daten das UX Design unbrauchbar machen.
Werden die Filter durch Wörter ersetzt, die lediglich einige Buchstaben länger sind, so erhöht sich die gesamte Zeichenlänge deutlich. Das Konzept mit nebeneinander stehenden Filtern ist unbrauchbar.
Ebenfalls skaliert dieses Konzept nicht, da die Bildschirmbreite nicht unendlich groß ist und horizontales Scrollen eher kein bekanntes Bedienmuster ist.
Gleiches gilt für Lorem ipsum Texte als Platzhalter.
2. Kann es einfacher sein?
Diese Frage schließt sich dem "Keep it simple" Paradigma an und stellt vorhandene UX-Konzepte in Frage.
Auch hier stellen sich weitere Fragen nach der Verwendung bekannter Bedienungsmuster und der Reduzierung von Komplexität.
Einfache, intuitive Bedienung ist eine der meistgefragten Funktionalitäten bei Anwendungen, deutlich vor einem schicken Interface Design.
3. Muss es skalieren?
Die zukünftige Skalierung von Elementen, Objekten und Bedienungsmustern wird oft unterschätzt.
Denn auf den ersten Blick werden UX-Konzepte "lediglich" für einen bereits bekannten Funktionsumfang entworfen, ohne an zukünftige Erweiterungen zu denken.
Später scheitern solche Konzepte genau an diesen Punkten.
Kundenanforderungen ändern sich, neue Ideen werden durch den Projektfortschritt stimuliert und so kommen neue Filtermöglichkeiten, Ansichten und Funktionalitäten hinzu, die im ersten UX-Konzept nicht bekannt waren.
4. Gibt es Feedback?
Die wohl einfachste Art und Weise an Feedback zu kommen ist es einfach seinen "Banknachbarn" zu fragen.
Bei Sandstorm reiben wir uns gedanklich gern aneinander. Die dabei entstehende Reibungshitze sorgt für die nötigen Funken, um ein neues Ideenfeuer zu entfachen.
OK, vermutlich war das etwas zu romantisch formuliert, entspricht jedoch genau der dahintersteckenden Idee.
In der gemeinsamen Diskussion und Auseinandersetzung mit UX-Konzepten/Elementen und der gegenseitigen Aufnahme von Meinungen reifen neue Ideen, welche die vorherige Version besser skalieren lassen und/oder einfacher sind bzw. das aktuelle Konzept bestätigen.
Die nächste Stufe kann ein ausführliches User-Testing sein. Dieses wird gnadenlos alle Schwächen des Konzepts offenlegen.
Genau an diesem Punkt befinden wir uns bei Sandstorm - aktuell und in Zukunft.
Es ist einer der zentralen Punkte unserer Unternehmensphilosophie und hält damit soweit möglich in allen Bereichen Einzug.
Das Ziel der Reduzierung des Bottlenecks und Truckfactors von 1, um den UX-Skill auf mehr Personen zu verteilen, ist mitten in der Umsetzung.
Dabei lernen wir jeden Tag voneinander und stellen fest, dass das gegenseitige Einholen von Feedback sowie die Diskussion von UX-Konzepten den meisten Spaß macht und damit langfristig den größten Lerneffekt hat.
Das Gleiche gilt für das UX-Bashing, wenn wir mehr oder weniger über unansehnliche UX stolpern ;-)
Die Bedürfnisbefriedigung ist es, die ein Erlebnis zum Vergnügen macht.
(BTW: Florians Star Wars Fieber war klar erkennbar :-) )
Beispiel Exply
Exply ist unser aktuell einziges Produkt.
Exply ist eine Self-Service BI- und Analyselösung, die interaktive Dashboards, Berichte und Datenvisualisierung zur Verfügung stellt, um intelligente, fundierte Entscheidungen zu treffen.
Exply grenzt Daten u.a. anhand eines Zeitraums ein. Die Positionierung der Zeitauswahl war herausfordernder als anfangs angenommen.
Wir starteten mit der klassischen Positionierung am oberen Bildschirmrand, damit sie immer verfügbar ist. Das war simpel, aber skalierte schlecht.
Sollen innerhalb eines Dashboards mehrere Daten anhand verschiedener Zeiträume miteinander verglichen werden, so war dies nicht möglich.
Der entscheidende Wendepunkt war die Erkenntnis, dass die Zeitauswahl nichts anderes als ein Widget ist, wie alle anderen auch, ist.
Also wandelten wir die Zeitauswahl in ein Widget um. Somit war es nun überall platzierbar, auch mehrmals pro Dashboard.
Diese Lösung skaliert und ist genial einfach (und war für uns ein inneres Blumenpflücken).
Beispiel Neos CMS
Abschließend durfte ein kleiner Exkurs ins Neos CMS Universum nicht fehlen.
Hieraus entstammen die obigen UX-Beispiele im Hinblick auf Separation of Concerns und die unterschiedlich starke/schwache Trennung von Kontext.
Da es sich bei Neos CMS um ein Open Source Projekt mit internationalen Teammitgliedern, Community und verschiedenen geographischen Standorten handelt, ändern sich die Spielregeln etwas im Hinblick auf Diskussion und Bashing von UX-Konzepten.
Im Verlauf der UI/UX Design Meetup Serie findet sich sicherlich nochmal ein Platz, um die besonderen Herausforderungen in diesem Projekt vorzustellen.
User Experience Design sollte vom Warum eines Produktes ausgehen, alle Beteiligten einbeziehen und versuchen die Bedürfnisse und Emotionen, die mit einer Aktivität verbunden sind, zu klären - die Bedeutung, die Erfahrung für den Nutzer.
Erst im Anschluss bestimmt es die Funktionalität, die in der Lage ist, die Erfahrung (das Was) sowie eine geeignete Art und Weise, die Funktionalität in die Tat umzusetzen (das Wie), zu vermitteln.
Experience Design will das Warum, Was und Wie miteinander verbinden, aber mit dem Warum, den Bedürfnissen und Emotionen, im Vordergrund.
Daraus entstehen schlussendlich Produkte, die sensibel auf die Besonderheiten der menschlichen Erfahrung reagieren. So gestaltetes UX Design führt zu Produkten, die in der Lage sind, durch ihren Gebrauch wunderbare Geschichten zu erzählen.
UX Design Vortrag zum Download
P.S. Alle Inhalte dürfen gern verbreitet, für eigene Präsentationen verwendet und zur Verbesserung von UX-Konzepten herangezogen werden :)
Bildquelle: Unsplash.com
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