Folge 30 - Diversität

Diversität beschäftigt die Technologiebranche und auch wir bei Sandstorm denken immer mehr darüber nach. Tobias spricht in dieser Folge mit Joana Prather und Michel Löw über Dinge, die uns unterscheiden, die in unserem blinden Fleck liegen und für die einfache Lösungen zu kurz greifen. Dabei sind wir auch an langfristig erfolgreicher Unternehmensentwicklung und ethischem Unternehmertum vorbei gekommen.

Zum Bias in Algorithmen:

Zum Privilegientest:

Anne Gräfer - Gender IQ

Geshe Michael Roach - Der Diamantschneider

Sascha & Sascha – Comic gegen Alltagssexismus (auch in der Arbeitswelt)

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Das Sandpapier ist der zweimal im Monat erscheinende Podcast der Sandstorm Media GmbH. Wir erzählen aus unserem Alltag, was wir versuchen, anders zu machen und welchen Herausforderungen und Experimenten wir uns auf unserem Weg stellen.

Die Folge zum Lesen

Tobias
Herzlich willkommen beim Sandpapier, dem wöchentlichen, zweiwöchentlichen, diesmal vierwöchentlichen Podcast von Sandstorm, in dem wir über Themen, Herausforderungen und Experimente aus unserem Alltag als Softwareunternehmen berichten. Nach einer kleineren Pause, wir hatten auch Urlaubszeit, darf ich heute weitermachen mit einem super spannenden Thema. Ich bin Tobias, heute der Moderator und habe heute zwei Gäste bei mir, die Johanna Prather, selbstständiger Coach und Beraterin aus Dresden und den Jan Michel Löw, das durfte ich nicht sagen, den Michel von punkt.de und wir möchten heute mal miteinander über das Thema Ethik, Diversität und ganz viele Themen drumrum sprechen. Warum wir das gerade als wichtiges Thema erachten, was bei uns bei Sandstorm vielleicht in dem Bereich los ist, ja, ihr beschäftigt euch ja auch mit den Themen, insofern glaube ich, wird das eine total spannende Folge heute. Herzlich willkommen, ihr beiden.

Joana
Hallo.

Tobias
Dann steigen wir doch da mal damit ein. Joana, stell dich doch mal ganz kurz den Hörerinnen und Hörern vor.

Joana
Sehr gerne. Ja, Joana Prather. Ich lebe in Dresden mit meiner Familie und ich bin seit zwei Jahren selbstständig im Bereich Coaching und Beratung zum Thema Unternehmenskultur, Teamentwicklung und speziell vor allen Dingen auch in dem Bereich Frauen in Männerdomänen. Das ist so ein bisschen meiner Herkunftsgeschichte geschuldet. Ich bin ursprünglich Wirtschaftsinformatikerin und habe viele Jahre in der IT gearbeitet, anfangs in der IT Projektleitung, dann später mehr im Change Management, in der Organisationsentwicklung und habe darüber einfach unglaublich viele verschiedene Herausforderungen kennengelernt, vor allen Dingen eben auch für die Teams, wenn es um Veränderungen geht und habe dann einfach nebenberuflich den Weg ins Coaching weiter genommen, das soweit intensiviert, dass ich dann gesagt habe, ich steige jetzt hier aus und versuche da wirklich auch noch mehr außer dieser einen Firma zu helfen und die auf ihrem Weg zu begleiten. Genau, das mache ich jetzt seit 2018 und so ein Steckenpferd für mich, weil du gesagt hast, eben auch Ethik oder ethisches Verhalten, Diversität. Ich kam so aus der Ecke des Karmic Management und da können wir ja dann später noch mal ein bisschen darüber sprechen, weil das hat viel damit zu tun, wie wir miteinander umgehen und wie wir eben auch die Teamkultur bereichern können, tatsächlich durch unsere Verhaltung. Ja, reicht das erstmal?

Tobias
Super, vielen Dank. Schön. Gerne. Dann übergeben wir an Michel.

Michel
Genau, ich bin Michel Löw aus Frankfurt. Ich bin mittlerweile seit 3 Jahren jetzt bei der punk.de, in der Web-Agentur, Web- und Software-Architektur, Agentur. Genau, ich mache mittlerweile hauptsächlich Software-Architektur. Das heißt, ich plane quasi die Umsetzung von Projekten detaillierter durch. Und bin vor einigen Jahren irgendwie mehr so aus Versehen über eine relativ große Community im Netz gestolpert, die sich mit, sage ich mal, ethischem Umgang, mit Software-Entwicklung, mit Design, es kam eigentlich hauptsächlich aus der Design-Ecke, aber schwappte so in die Entwicklungsecke rüber, auseinandergesetzt hat und sich überlegt hat, wie man als Unternehmen ethisch am Markt agieren kann, vor allen Dingen in einer so schnelllebigen und einer so einfachen Branche wie der unseren. Und habe mich da so ein bisschen festgefressen und deswegen beschäftige ich mich da immer wieder mit und gehe halt auch auf Konferenzen und versuche quasi meine Ideen, die ich dazu habe, zu verbreiten und zu versuchen, Leute davon zu überzeugen, dass es manchmal ganz gut ist, nicht der größte Arsch im Raum zu sein. Genau, und ich glaube, deswegen bin ich jetzt hier.

Tobias
Genau, hier seid ihr, das hatte ich ja versucht in der Anmoderation schon mal zu sagen, weil das Thema total spannend ist. In meiner Wahrnehmung ist es so, dass das Problem sozusagen existiert schon ganz lange, aber die Art und Weise, die Qualität, in der darüber gesprochen wird, die hat sich verändert und gerade in der Vergleichsweise jungen Branche Softwareentwicklung wird das Thema immer präsenter. Fangen wir vielleicht mal an, Joana, du hattest ja gesagt, du hast auch so ein IT-Background, wo bist denn du mal an Punkte gekommen, wo du gesagt hast, hier Diversity, da ist einfach das Bewusstsein für überhaupt noch nicht da, das ist wichtig, sich da mal bewusst und aktiv mit zu beschäftigen.

Joana
Naja, als Frau in der IT ist es ja häufig so, dass man, dass speziell ich auch oftmals die Einzige im Raum war, Frau, also im Vielfalt. Mir ist das gar nicht so richtig aufgefallen anfangs, weil ich bin mit Brüdern groß geworden und war das irgendwie immer gewohnt. Aber irgendwann fiel mir dann auf, bist halt tatsächlich immer die Einzige. Du hast relativ oft eine andere Sicht auf die Dinge. Und wenn ich die dann einbringe, stand ich meist doch auch sehr alleine auf weiter Flur. Und mir ging es halt immer auch auf der zweiten Ebene neben den fachlichen Themen immer darum, wie gehen wir eigentlich miteinander um? Wie arbeiten wir gemeinsam? Was braucht es, damit wir einfach an der Stelle, wo Konflikte aufgetreten sind, da gut wieder in ein reibungsfreies Arbeiten kommen? Und das war relativ schwierig, solche Diskussionen zu führen in einer Runde, wenn man da so ganz alleine steht. Auch wenn Themen aufgekommen sind, wo ich gemerkt habe, ja, wir reden zwar sehr viel fachliches, kommen aber nie zu einem Ergebnis. Es streiten sich irgendwie gewisse Parteien und es hat tatsächlich mehr mit den Menschen gerade zu tun und mit den Dingen, die sie miteinander austragen, als mit dem fachlichen. Und dann habe ich versucht, halt erstmal da auf der Ebene was zu bewegen und habe gemerkt, ja, das war relativ herausfordernd für mich am Anfang, weil ich, wie gesagt, diese Hintergründe noch gar nicht so gesehen habe. Und das ging dann weiter bis hin zu irgendwann vermehrt es sich ja schon. Also ich habe da noch ein paar Kolleginnen, ich war zuletzt in einer Abteilung, das waren 80 Leute und wir waren fünf Frauen und da 75 Männer sozusagen. Und oftmals ist die Quote tatsächlich eine solche. Und ich habe dann eben auch bei anderen Abteilungen, gerade als wir eher Organisationsentwicklung gemacht haben, hatte ich viel Einblick auch in die anderen Bereiche und habe dort eben auch festgestellt, wie sich teilweise Frauen gerade was in Führungspositionen gefordert ist, dass das so ein Kampf irgendwo ist. Und da bin ich auf das Thema Diversity dann mehr und mehr auch gestoßen und es ging schon um den allgemeinen Umgang miteinander. Und dann im Speziellen tatsächlich auch darum, wieso die verschiedenen Geschlechter plötzlich hatte das eine andere Konnotation für mich. Mir ist richtig aufgefallen, dass manche Dinge einfach methodisch sind, dass diese Themen haben und dass bestimmte Themen einfach immer wieder ausgegrenzt sind. Bis dahin habe ich oft gedacht, das liegt an dir.

Tobias
Also das System haben im Sinne von, das ist eine bewusste und absichtliche Benachteiligung beispielsweise aufgrund vom Geschlecht. Genau.

Joana
Genau. Und das wiederholt sich. Es waren bestimmte Sachen, die sich einfach wiederholt haben. Und wenn man fachlich irgendwas nicht wollte, also vielleicht ein Beispiel. Es gab sehr, sehr schöne Ideen, auch von weiblichen Führungskräften, die im Raum standen. Und es gab einfach ein paar Kollegen, die das inhaltlich gesehen nicht wollten, die einfach eine andere Idee davon hatten und die dann einfach auf einer persönlichen Ebene, die Frauen ein Stück weit herausgefordert haben, klingt noch zu milde, der wirklich so getriggert haben. Wir haben da ja alle so unsere ganz speziellen Punkte. Und dann ist es schon oft so, dass wir schneller auch in eine Emotion halt gehen, weil wir es so verteidigen. Der Kampf der Löwen sozusagen austragen. Und dann stand ganz schnell so tatsächlich als Aussage im Raum, naja, du bist immer so emotional, mit dir kann man nicht reden. Und das zu beobachten hat mir so, hat mich sehr zum Nachdenken gebracht. Weil das waren verschiedene Situationen, in denen so ähnliche Dinge abgelaufen sind. Es wird dann auf eine persönliche Ebene gegangen, da wird so subtil bestimmte Sachen werden da eingestreut. Und dann geht es nicht mehr um das fachliche. Und eben weil dann die Person entsprechend reagiert hat, konnte man den fachlichen Vorschlag sehr gut beiseite schieben. Das waren so einzelne Beobachtungen, gab es auch andere Beispiele, die ich bemerkt habe, dass das schon was Methodisches ist, das kam halt öfter vor.

Tobias
Ok, beschreib mal aus deiner Sicht, wie die ideale Welt eigentlich aussehen müsste. Wie, wenn es das alles nicht gäbe, was hätten wir denn dann?

Joana
Also ich denke ja eigentlich, so im Grunde genommen, wir sind halt alles Menschen und wir sollten uns eher als Mensch sehen. Also idealerweise, und das ist wirklich mein persönliches Idealbild, es ist vollkommen egal, woher du kommst, welches Geschlecht du bist, welche Sozialisierung hinter dir liegt. Einfach, wenn wir mit einer Offenheit reingehen und sehr viel mehr uns einfach als Mensch anerkennen und auch respektvoll miteinander umgehen können, dann liegt da, finde ich, einfach für jedes Berufsfeld und auch für unser privates Umgehen das größte Potenzial. Und gerade weil wir ja jetzt auch speziell für die Softwareentwicklung was sagen wollen, da kommen wir vielleicht doch später nochmal tiefer hin, aber diese Vielschichtigkeit der unterschiedlichen Perspektiven bereichern ja auch jede Software. Einfach von der Funktionalität und von der Verwendbarkeit her und viele Sichten und Perspektiven bleiben aktuell außen vor, weil einfach die Teams, die daran arbeiten, doch sehr homogen sind. Und das sind ja Diskussionen, die gerade schon laufen, wo es ganz viele schöne Ideen auch gibt, wo aber eben wir als Menschen mit unserer Haltung, wie wir miteinander umgehen und dann wollen wir ja auch Karriere machen. Wir wollen anerkannt sein als Experten. Es kommen so ganz viele persönliche Motive auch mit rein, die dann einfach so an diesem Miteinander reiben.

Tobias
Okay, vielen Dank. Ich brichte mal ganz kurz aus unserer Sandstorm-Brille und jetzt muss ich überlegen, wir sind... Ich krieg's nicht ganz genau zusammen, die Zahlen. Ich glaube, wir sind 20 Leute und davon... 1, 2, 3, 4... ...4 Frauen?

Michel
Mmm.

Tobias
Oh, jetzt tue ich jemandem unrecht, das muss ich richtig zählen, naja. Und unsere Geschichte ist quasi so, als wir gegründet haben, waren wir drei Jungs und dann haben wir angefangen, sozusagen in unserem Freundeskreis zu schauen, hey, mit wem würden wir denn noch gerne zusammenarbeiten und das war dann noch ein Mann und noch ein Mann und noch ein Mann und wir haben uns irgendwann mal in die Augen geguckt und gesagt, hm, wenn wir so weitermachen, wir sind jetzt vielleicht zehn Leute, welches Bild geben wir denn nach außen hin ab, wer sozusagen Sandstormy werden kann, wenn ich mir auf die Website gucke, das sind dann zehn Kacheln mit Gesichtern von, und da haben wir wieder dieses schöne Stereotyp, junge Männer, weiß, um die unter 30 und da ist dann die Hoffnung, dass sich eine Frau bewirbt, da muss ich aber wahrscheinlich schon ganz schön Mut haben, um da hinzugehen. Und ich bin sozusagen aus dieser Perspektive auf das Thema überhaupt erst richtig aufmerksam geworden, weil ich quasi uns angeschaut habe und mir gedacht habe, hm, wir sind ja quasi das Paradebeispiel für nicht divers gewesen zu dem Zeitpunkt. Und dann habe ich mir natürlich diese ganzen Fragen, die du gerade angesprochen hast, dieses, hey, verschiedene Perspektiven und Diskussionen, um in der Sache voranzukommen, also um sozusagen was Inklusiveres auch an Software beispielsweise, was wir jetzt bauen, zu erstellen. Und dann kommt man ja in ganz viele Sub-Bereiche, ich habe mir vorhin nochmal das Wort Accessibility, also Zugänglichkeit, wie heißt das? Auf Deutsch hat es einen anderen Begriff.

Joana
Accessibility bei ihrer Freiheit.

Tobias
Barrierefreiheit, genau. Danke. Da können wir dann nachher auch noch mal kurz drüber reden. Michel, wie ist denn das bei euch? Wie seid ihr aufgestellt aus deiner Sicht?

Michel
Was sage ich dazu jetzt? Nein. Wir sind ein Stück größer als ihr. Wir sind, glaube ich, knapp 35 Leute, aber unsere Quote ist auch nicht sonderlich gut. Ich habe eben versucht, als du angefangen hast, davon zu reden, versucht nachzuzählen, ich glaube, wir sind fünf Entwicklerinnen, in der Hoffnung, dass ich jetzt niemanden auslasse. Fünf Entwicklerinnen und zwei Frauen in der Verwaltung, was ja klassischerweise so ein, haut mich dafür, aber so ein Frauenberuf ist. Da wundert sich eigentlich keiner drüber. Ich habe aber jetzt, also wir haben in Frankfurt nur ein Team, ein kleines Team, wenn ich von dem Team spreche, wo ich halt relativ stark involviert bin in der Fragestellung, wen stellen wir eigentlich an, weil ich mir genau dieselbe Frage gestellt habe. Und wir versuchen unser Team halt so divers in Anführungszeichen wirklich aufzustellen. Also wir sind halt, wir sind drei männliche Entwickler und zwei Frauen. Und ich glaube, ich glaube, dass das notwendig ist und ein guter Weg ist. Joana, du hast, glaube ich, da alles nötige schon zugesagt. Ich halte es für sehr, sehr wichtig, diese Blickwinkel da halt eben, die ich als genauso wie du, Tobi, irgendwie Anfang 30-jähriger weißer Mann halt einfach nicht habe, dass die halt auch beleuchtet werden. Ich kann das nicht, also so gerne ich das können würde.

Joana
Das war's für heute.

Michel
Kann ich das halt nicht. Ich hab da in meinem Talk ein Zitat dazu. Empathie ist kein Ersatz für Diversität. Es kommt halt so aus der Design-Richtung. Der Designer philosophiert sich gerne zusammen, dass er sich alles irgendwie über sein empathisches Bewusstsein und über seine empathischen Fähigkeiten erarbeiten kann.

Joana
Hm.

Michel
Ich glaube, das stimmt nicht und deswegen bin ich, das ist jetzt vielleicht das falsche Wort, aber ich bin relativ froh, dass wir, dass wir zumindest bei uns im Team da doch einen relativ hohen Stellenwert drauf legen und eben auch wirklich gucken, dass wir, wenn wir neue Leute suchen, da irgendwie breiter aufgestellt werden.

Tobias
Das Beispiel, was du gerade angesprochen hast von deinem Talk, das hat ja auch während der Konferenz durchaus zu Diskussionen in der Community geführt, wie das genau gemeint ist und wie das zu verstehen ist, diese Aussage. Und ich kann mir vorstellen, dass diese Aussage, hey, Empathie ersetzt nicht Diversität, dass das bei vielen nicht Benachteiligten, wie heißen die, bei vielen Privilegierten, sagen wir so rum, sozusagen zu so einem Kopfkratzen führt und man sich anguckt und sagt, naja, aber ich gebe mir doch Mühe. Kannst du nochmal erklären, warum das trotzdem nicht die Lösung sein kann?

Michel
zunächst mal ist es ja nett dass die leute sich wenigstens mühe geben also es gibt ja auch leute die geben sich nicht mal mühe dazu aber das problem ist halt dass ich um um vielleicht ist dann empathie auch noch etwas zu eng fast aber um quasi die erfahrung die jemand anderes mit einem produkt ich rede jetzt einfach mal von produkten wenn ich von unseren von unseren webseiten und so die erfahrung die eine andere person mit meinen produkten hat und die sie hat wenn sie in kontakt damit tritt die sind einfach ausgehend von dieser person selber und ich also ich meine persönliche meinung dazu ich glaube nicht dass ich mir eine erfahrung vorstellen kann von der ich nicht mal weiß was sie begründet so also ich kann diese anfangen 30 weißer mann ich habe nicht den hauch einer ahnung was es bedeutet eine frau im umgang mit einem produkt zu sein ja und was es bedeutet gerade dann sind wir da bei den bei den bösen sozialen netzwerken was es bedeutet wenn andere leute auf einer plattform mit mir interagieren ich kann mir vorstellen wie es sein könnte aber alles was ich tue ist ist dann irgendwie alle meine vorstellungen sind halt synthetisch ja ich habe keinerlei keinerlei messbare dinge und messbar im sinne von emotional messbare auch ich habe keinerlei emotionen dich damit verbinden kann

Joana
Hm.

Michel
Und dann glaube ich, dass ich das nicht über Empathie regeln kann, weil ich nicht was empathisieren ließe in das Verb dazu. Empathisch nachvollziehen. Weil ich etwas nicht empathisch nachvollziehen kann, von dem ich nicht weiß, dass es es gibt. Und das ist, glaube ich, so die Aussage, wo ich hin will. Ich kann mir nicht Dinge ausdenken und dann erwarten, dass sie richtig sind. Und deswegen behaupte ich oder bin ich der festen Meinung, dass wir, also Empathie ist super wichtig. Keine Frage. Wie gesagt, ich komme eigentlich aus der Designrichtung. Unser ganzer Job ist Empathie. Wir versuchen nachzuvollziehen, was andere Menschen eigentlich wollen. Und versuchen, ihnen das zu verkaufen am Ende. Aber Empathie hat halt ihre Grenzen an irgendeiner Stelle, eben genau an dem Punkt, wo ich etwas einfach noch nie erlebt habe. Dann kann ich mir synthetische Informationen dazu holen, aber ich werde es nie nachvollziehen können. Und dann ist die Lösung, die ich erarbeite, immer zu kurz.

Tobias
Mhm, ich höre zustimmende Geräusche von Joanna.

Joana
Ich hatte auch ein Beispiel, gerade auch aus der Softwareentwicklung, weil es um diesen Erfahrungsschatz ist. Das finde ich sehr schön, dass Michel das so für sich auch so reflektiert hat schon. Weiß ich bloß nicht, ob passt das schon oder hast du noch? Jaja, bitte, bitte. Ja, sehr schön. Ich weiß nicht, ob es gab 2018 eine MIT-Studie von einer amerikanischen Informatikerin, von der, ich spreche das bestimmt falsch aus, Polamwini.

Tobias
Ja, ja, bitte, bitte.

Joana
Da ging es um Gesichtserkennungssoftware, ist euch das schon mal über den Weg gelaufen?

Tobias
Ja, ich glaube, ich weiß, was du meinst, aber erzähl's ruhig gerne noch mal für die Zuhörerin.

Joana
Ja, also es ging damals darum, sie hat halt am Testen an der Gesichtserkennungssoftware mitgearbeitet und sie ist schwarzer Hautfarbe und diese Software hat ihr Gesicht nie erkannt und dann musste sie immer eine Neutralmaske tragen, so eine weiße Theatermaske, damit die halt erkannt wurde und hat sich immer gedacht, das müssen die Entwickler doch irgendwie, das müssen die doch wissen und hat immer darauf gewartet, dass mal ein Update rauskommt, was das behebt und es kam nicht. Und dann hat sie sich so drüber nachgedacht, worin kann es denn liegen und hat dann halt einfach ein bisschen nachgeforscht und Daten erhoben und hat dann diese Studie erstellt, weil sie herausgefunden hat, dass diese Testdatenbanken von den großen Gesichtserkennungssoftwaren, da gibt es ja gar nicht so viel, ich glaube zwei oder drei, die weltweit auf den meisten Geräten laufen, eine amerikanische und eine chinesische, glaube ich. Und es war halt so, dass diese Daten in der Datenbank der Amerikaner wurde halt aus dieser International Movie Database gespeist, also dieser IMDB und da gibt es natürlich, wenn man sich Filme anguckt, ja, was ist der Hauptheld? Meistens ein weißer Mann, alle Altersstufen, aber es ist halt oftmals ein weißer Mann. Danach kamen tatsächlich weiße Frauen, das gab es schon auch öfter und alles, was dann eben nicht weiß, Hispanos, Schwarze, auch Asiaten teilweise, das war dann immer schon schwierig, da hatten sie eine unglaubliche Fehlerquelle dabei. Also die Fehlerquote bei anderen Hautfarbentonen ist halt unglaublich gestiegen, wohingegen weiße Männer eine Erkennungsrate von 99 Prozent hatten. Ja, und bei schwarzen Mitbürgern hatten sie halt tatsächlich bei Frauen 30 Prozent Fehlerquote und bei den Männern war es immerhin mit 88 Prozent Treffsicherheit schon ganz okay dann irgendwann. Aber es reicht nicht aus, weil du gehst zum Flughafen, checkst ein und es gibt diese, diese Gesichtserkennungsmittel, in die du durchgehst, diese automatisierten Schranken. Und der gleicht ja den Gesichtsscan, wenn du davor stehst, mit einem Ausweisbild ab. Und das wurde halt häufig bei schwarzen Menschen nicht erkannt und dann werden die rausgezogen. Und was ist ein Erfahrungswert, wenn man dort mal rausgezogen wird und komplett durchgeguckt wird, wer ist denn das, wo kommt der her, ist der hier richtig, was hat denn der vor? Also das ist unglaublich erniedrigend, vor allem wenn es dir halt öfter passiert und es natürlich auch immer wieder die Prägung aller Mitreisenden natürlich verstärkt. Also die Schwarzen und vor allem die mit Bart oder was auch immer, die werden immer rausgezogen. Offensichtlich besteht hier mehr Verdacht. Also das sind so die Auswirkungen, die dann so in das Große reingehen.

Tobias
Das ist ein super Beispiel, gerade für diesen Einfluss, den IT und Software hat und wie sich das sozusagen in die Gesellschaft dann auswirkt. Genau wegen diesem Mechanismus, den du gerade beschrieben hast, dass meine Wahrnehmung durch schlechte Software beeinflusst wird und damit eine Diskriminierung von Menschen passiert, die völlig unfundiert ist, unbegründet ist.

Joana
Genau, ja, und das haben wir in ganz vielen Bereichen.

Michel
in ganz vielen Bereichen. Ist okay für mich. Diese ganze Geschichte mit den Gesichtserkennungen, da gibt es glaube ich endlos viele Beispiele davon. Auch da habe ich in meinem Talk ein Beispiel, Amazon wollte irgendwie den Mitarbeitergewinnungsprozess beschleunigen und hat halt auch genau so was gemacht, haben halt irgendwie Bewerbungen automatisiert durch ein AI laufen lassen und erstaunlicherweise hat diese AI, die von weißen Männern programmiert wurde, mit einem ziemlich hohen Bias, weiße Männer zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Dann dreht sich das Ganze so ein bisschen im Kreis, weil wir haben quasi Softwareunternehmen, die so Software bauen, die irgendwie einen Bias hat, die dann wiederum dafür sorgt, dass keine Leute in diesen Zirkel reinkommen, die diesen Bias irgendwie backen können.

Tobias
Was ist denn ein Bias? Kannst du das nochmal kurz?

Michel
und

Tobias
Hallo Leute!

Michel
Das ist so schön griffig im Englischen, also ich sag mal ein Vorbehalt oder ein Vorurteil in irgendeiner Art und Weise, der aber nicht zwingend aktiv sein muss. Also ich kann quasi ein, im Englischen nennt man das inherently biased, also ich bin quasi ohne dass ich es wirklich mitkriege durch meine Umgebung und durch meine Prägung eher geneigt in eine gewisse Richtung zu urteilen.

Tobias
Das ist so eine Vorprägung, ein Beispiel von der Größtererkennung. Wenn ich halt als Trainingsdaten zu 90 Prozent weiße Männer habe, dann bin ich halt gut darin weiße Männer zu erkennen, aber halt vielleicht total schlecht, schwarze Frauen zu erkennen, ohne dass ich den Algorithmus sozusagen abtrainiert habe, schwarze Frauen zu erkennen.

Joana
Na, es ist so eine unbewusste Voreingenommenheit und das hast du halt, also die wird halt tatsächlich durch deine kindheitlichen Prägungen einfach, die wächst ja mit. Du gehst heutzutage einkaufen, wenn du ins Regal der Drogerie guckst, dann hast du da Dusch-Dass stehen. Einmal für die Jungs, da steht dann irgendwie drauf, sei mutig oder galaktisch stark und so weiter. Und für die Mädchen gibt es da eine Prinzessin und da steht dann zauberhaft drauf oder so. Und das läuft halt alles mit, alles was wir sehen, was wir lesen, was wir hören oder gerade beim Sehen sind wir wieder bei diesem Beispiel mit Flughafen. Also ich sehe halt, wie die Schwarzen rausgeführt werden. Und das führt bei mir natürlich zu einer unbewussten Voreingenommenheit immer wieder mit, die sind gefährlich. Und das, was Michel gerade sehr schön beschrieben hat von Amazon, das läuft in Österreich im Arbeitsamt. Die filtern halt Ausländer, Frauen mit Kindern und ältere Menschen filtern die Software schon vor. Und damit automatisieren wir unsere Diskriminierung, kannst du schon sagen. Und die werden dann schon, selbst wenn der Bearbeiter wirklich darauf achten möchte, wird ihm halt nur die Hälfte der Stellenanzeigen, die verfügbar wären, angezeigt, wenn dieser Mensch vor ihm sitzt. Weil die halt vorher schon gefiltert wurden, für die passen jetzt nur eine bestimmte Art von Jobs. Und das ist halt, wo wir halt tatsächlich unsere Voreingenommenheiten oder eben unsere blinden Flecken, die programmieren wir halt mit rein. Und da müssen wir uns einfach bewusst darüber sein.

Tobias
Und gegen diese blinden Flecken hilft Diversität. Ich stelle jetzt mal bewusst sozusagen diese provokante These. Vielleicht ist die Antwort ja offensichtlich, aber ich glaube, es ist gut, wir müssen nochmal ganz explizit sagen, was sozusagen auch die These ist.

Joana
Ich glaube, eine Garantie ist es nicht. Also, wie Johanna sagte, also auch, weiß ich nicht, auch Frauen werden in ihrer Kindheit in bestimmte Rollen geprägt, ob sie es wollen oder nicht. Aber ich glaube, es ist der einzige Weg, den wir momentan haben.

Tobias
Um es zu verbessern, ich glaube, dass...

Michel
um es zu verbessern, ja ja, genau, sorry, ja, also um die Möglichkeit zu schaffen...

Tobias
um die Möglichkeit zu schaffen. Ja, sorry. Was man möchte?

Michel
Ich sehe das als einzige Möglichkeit, um zu versuchen, aus diesem Zirkel auszubrechen und zu versuchen, diese Voreingenommenheiten so gut es geht abzubauen.

Tobias
Genau, wir müssen aus diesen sich selbst verstärkenden, aus diesen sich selbst verstärkenden Prozessen, die wir gerade beschrieben haben, die wir teilweise schon mal entdeckt haben zumindest. Es gibt bestimmt ganz viele, von denen wir gar nicht wissen, dass sie ablaufen. Wenn wir die entdeckt haben, dann brauchen wir einen Mechanismus, um die sozusagen umzukehren. Dass wir sagen, hey, uns ist bewusst, wenn wir Algorithmen schreiben, beispielsweise in der AI, wenn wir Mustererkennung trainieren, dass der Datensatz, mit dem wir das machen, der ist total entscheidend darüber, welche Bias da drin sind und wir können sehr wahrscheinlich gar keine Datensätze ohne Bias erzeugen, aber wir können, wir müssen besser darin werden, uns diese Frage zu stellen, welcher Bias ist denn in dem Datensatz und wenn ich das mit mehr Perspektiven mache, und da ist, Geschlecht ist eine Perspektive, eine andere ist vielleicht Religion oder Glaubensgemeinschaft, was du vorhin angesprochen hast, keine Ahnung, Gesichtserkennung und ich trage aber eigentlich Kopftuch, beeinflusst das das, dass wir anfangen, diese unterschiedlichen Sichten, Wahrnehmungen und Erfahrungen der Welt und unserer Software sozusagen zu berücksichtigen und da haben wir ja das ganze Feld, was ich vorhin schon mal so angeteasert habe, Barrierefreiheit, Accessibility, also wenn ich meine Welt anders wahrnehme, ja noch gar nicht beschritten sozusagen, das kommt ja immer noch als weitere Dimension sozusagen dazu. Das Thema ist für mich gerade so präsent, weil wir gerade ein Projekt haben, wo das ganz wichtig ist und ich bin total froh, dass unser Auftraggeber, was eine öffentliche Einrichtung ist, schon im Ausschreibungsprozess gesagt hat hier, wir haben die Vorgabe, weil das Projekt irgendwie aus EU-Mitteln finanziert ist, dass Barrierefreiheit einfach ein Musskriterium ist. Das muss mit drin sein in der Software, die wir bauen und damit betrachten wir bestimmte Aspekte davon natürlich unter einem ganz anderen Blickwinkel, auch wenn, und dann weiß ich, sondern dann kommt wieder dieser empathische Teil, den Michel angesprochen hat. Ich kann natürlich nicht nachvollziehen, wie sich meine Software anfühlt, wenn ich, weiß ich nicht, eingeschränkt bin, was mein Gehör angeht oder mein Sichtfeld. Ich kann es versuchen, ich kann es synthetisch versuchen nachzustellen, aber wenn ich dann mal jemanden im Team habe, der das tatsächlich empfindet, wird er mir ganz andere Dinge erzählen.

Joana
Ich glaube, es ist wirklich ein erster sehr, sehr guter Schritt und da haben wir schon auch viel gewonnen, einfach durch dieses Wissen, dass es das gibt, das Problem und die grundsätzliche Öffnung auch, dass ich mich damit auseinandersetze und beschäftige. Das ist ja schon erst mal so der Einstieg in den Verbesserungsprozess und ich glaube, es braucht dann tatsächlich darüber hinaus einfach noch tatsächlich auch die Diskussion der Privilegien, die wir auch schon eingangs mal ganz kurz mit diskutiert hatten, weil es gibt ganz viele Firmen, die machen gerade diese ganzen Diversity Trainings und gerade auch unconscious bias, um halt rauszubekommen oder überhaupt sensibel dafür zu machen, wie wir unser Denken und unser Urteilen, wie das schon so automatisiert im Hintergrund abläuft und da einfach mal die Bremse reinzuhauen. Und da gibt es ganz, ganz tolle Möglichkeiten, sich damit auseinanderzusetzen und dann ist halt der nächste Schritt wirklich zu gucken, wo haben wir das denn schon strukturell ganz doll manifestiert. Diese Privilegien, wie eben auch mit der Einstellungsquote von Männern oder das geht dann ja weiter, wenn Führungspositionen besetzt werden sollen. Dann haben wir halt ganz viele Dinge, die wir schon vorher ausklammern, da gibt es im kulturellen Sprache.

Tobias
Lass uns mal bei den Privilegien bleiben und dann auf das Beispiel gehen. Was sind denn solche Privilegien aus deiner Erfahrung?

Joana
Vielleicht erst mal ganz kurz zum Begriff Privileg selber, also viele scheuen da ganz schon schon davor zurück oder stellen sich Nackenhaare auf, weil also wir würden jetzt vielleicht sagen, ja wir sind privilegiert, weil wir halt weiß sind von der Hautfarbe her, aber mehr Privilegien haben wir doch gar nicht, da gibt es doch die reichen Mächtigen und so weiter, die haben Privilegien, also so geht man ja ganz sag ich mal einfach gedacht erstmal schon mal ran an die Sache und dann denkt man, man hat ja gar keinen Privileg und das heißt aber nicht immer oder es Privileg an sich bedeutet nicht, dass man es immer leicht hatte im Leben, denn auch wir haben einen gewissen Weg hinter uns, es bedeutet allerdings im Besonderen, dass wir manchmal Zugang zu etwas haben, was anderen verwehrt ist, wir haben so eine Art Vorsprung oder Vorrecht auf etwas und da zu schauen, was ist denn das eigentlich, da gibt es so einen sehr schönen Privilegien-Test, den jeder selber machen kann, da würde ich dir nachher mal den Link noch dazu geben für die Schornos.

Tobias
Ja, das habe ich dann.

Joana
Das habe ich damals gemacht, als ich den Fabian von euch kennengelernt habe, zu diesem Talk über Diversity. Und da gibt es so einen Test auch, den kann man mit Leuten im Team machen. Und zwar stellt man sich da einfach in so einer Linie auf und dann sind das ein paar 30 Fragen. Und die halten sich alle an der Hand und je nachdem, wie deine Antwort ausfällt, gehst du einen Schritt vor oder bleibst stehen. Und dann sind so Fragen dabei wie, wie viele Bücher gab es in deinem Zuhause, wo du aufgewachsen bist? Dort, wo du gelebt hast, also hatten deine Eltern bei der Arbeit? Musstest du jemals hungern? Bist du regelmäßig zur Schule gegangen? Also so ganz grundlegende Sachen, die für uns vielleicht selbstverständlich scheinen. Bist du vielleicht jemand, dessen Familie aus einem anderen Land kommt? Bist du erste oder zweite Generation? Siehst du anders aus? Also wenn, ich habe letztens jemanden kennengelernt, der war zwar schwarzer Hautfarbe, hat aber gebeiert, wie sonst was. Ich habe diesen bayerischen Talent nicht verstanden und er hat mich so überrascht, als er anfängt zu reden. Ich dachte, ich muss jetzt auf Englisch switchen. Wir sind immer wieder beim Unbewussten. Es war großartig. Ich musste von Deutsch zu Deutsch übersetzen. Und dann geht man einfach so ein Stück nach vorne und dann sieht man nämlich erst mal, obwohl wir relativ homogen scheinen in so einem Team, gibt es doch auch Unterschiede. Und die verstärken sich natürlich, desto mehr Vielfalt auch da ist. Und dann ist es oftmals ganz schwer, die Hände noch beisammen zu halten. Am Ende dieser Pan 30 Fragen steht die Gruppe manchmal sehr weit auseinander und manche sind verloren gegangen. Und dann habe ich mich vorne hingestellt und habe mir Schüssel hingehalten, habe jedem in Papierknüllen die Hand gegeben und habe gesagt, okay, das ist jetzt Zugang zu Bildung oder Zugang zu Fördergeldern oder was auch immer du hältst, auf einem Arbeitsplatz, auf eine Führungsposition. Wir alle haben diesen Zugang. Stimmt, wir leben alle in Deutschland. Offiziell ist das zwar gegeben, aber jeder hat einen unterschiedlichen Standpunkt, von wo er halt wirklich Zugang hat. Und dann wird uns erst mal bewusst, wie privilegiert wir wirklich sind. Die, die vorne stehen in der ersten Reihe, können fast mit der Hand, ohne sie auszustrecken, die Papierknäule in die Schüssel legen. Die ganz hinten stehen, müssen erst über irgendwelche anderen Leute drüber gucken oder müssen halt versuchsweise so zielen, dass es trifft. Das ist halt schwerer. Und dann können wir für uns selber sehr gut reflektieren, welche Möglichkeiten habe ich denn aufgrund meines Wissens oder meiner Zugänge, die ich habe. Was kann ich denn davon teilen? Mit wem? Ich kann ja Netzwerken, ich kann jemanden empfehlen auf eine Stelle. Ich kann mir eine Stunde Zeit nehmen und über Fördermaßnahmen informieren oder beraten. Also ich kann praktisch das, was mir gegeben ist, anderen weitergeben, um ihnen den Zugang zu erleichtern. Also das ist so meine Auseinandersetzung mit dem Thema Privilegien. Ja und Privilegien, also wie wir es schon gesagt haben, Beispiele hast du ja gefragt, ist ja oftmals, also wenn ich mich irgendwo bewerbe, also würde ich jetzt wieder eine Bewerbung für eine IT-Stelle schreiben. Ich würde wahrscheinlich zur Zeit überall wieder genommen, einfach nur so. Ja, Frau, erfahren, IT-Untergrund, weiß, passt. Also das sind so Dinge, es sucht ja gerade jeder. Und das ist, in dem Moment bin ich jetzt für den aktuellen Zeitpunkt tatsächlich sehr privilegiert. Ja und alleine das zu wissen, wenn jetzt eine Anfrage reinkäme, könnte ich die natürlich weitergeben an Menschen, die ich für genauso geeignet für so eine Stelle halte, die jetzt aber vielleicht, also manchen der Kriterien, zum Beispiel weiß, nicht entsprechen oder vielleicht nicht meiner Alterskategorie. Ja oder nicht unbedingt mein Bildungsabschluss, aber eben wo ich weiß, da ist die Erfahrung, die gesammelt wurde, mindestens genauso viel wert und wichtig. Und auch das könnte, ohne dass da das Diplom dahinter steht, könnte das eine gute Kombination sein.

Tobias
Mir kam gerade die Frage in den Sinn, wenn du das machst, oder wenn du das machen würdest, das Beispiel, was du gerade hattest, du kriegst ein Jobangebot und du würdest es weitergeben, was denkst du, wie wir als Gesellschaft da momentan aufgestellt sind? Führt das eher zu Irritationen oder? Mir kam gerade die Frage in den Sinn, wenn du das machst, oder wenn du das machen würdest, was denkst du, wie wir als Gesellschaft da momentan aufgestellt sind? Führt das eher zu Irritationen oder? Mir kam gerade die Frage in den Sinn, wenn du das machst, oder wenn du das machen würdest, was denkst du, wie wir als Gesellschaft da momentan aufgestellt sind?

Joana
Also ich mache das ja selbst im selbstständigen Bereich. Es ist ja noch ein bisschen anders. Da mache ich das sehr häufig, wenn ich eine Anfrage bekomme. Und meistens kennt man die Leute oder hatte schon so einen ersten Kontakt. Und wir vertrauen tatsächlich da mehr darauf. Wenn wir dann eine Empfehlung ausgesprochen bekommen, dann lassen wir uns eher drauf ein, als wenn ich nur eine Bewerbung bekomme. Das ich glaube schon, dass so diese menschliche menschlichen Kontakt, den man miteinander hatte, der macht sehr, sehr viel aus. Und deswegen ist so eine Fürsprache von jemandem, den man kennt oder der selber eben empfohlen worden ist und man hat so ein Vorgespräch geführt, ist schon, das wiegt einfach anders. Als nur wenn ich jetzt eine E-Mail bekomme mit dem Anhang und der Untertitel ist mir empfohlen worden oder so.

Tobias
Mhm.

Joana
Und ich mache das sehr häufig, dass ich dann eben denke, für das und das bin ich einfach gerade nicht die beste Lösung. Und dann gebe ich das sehr gerne an Menschen weiter, die ich kenne, an meinem Netzwerk, wo ich denke, die würden mir einfach super gut passen, auf die werden sie aber irgendwie nicht aufmerksam. Und dann nutze ich sozusagen meinen aktuellen Standpunkt, um einen anderen Zugang zu schaffen. Ist im selbstständigen Bereich sehr häufiger der Fall, als das tatsächlich in meiner Angestellten-Dasein gewesen ist. Na, da konnte ich einfach, wenn jemand eine Stelle besetzen wollte, konnte ich mal gucken in meinem Netzwerk, wen würde ich hier gut empfehlen können. Aber das war viel seltener der Fall, als es bei mir jetzt vorkommt tatsächlich.

Tobias
Michel, hast du deine Frage noch oder deinen Einen Wurf noch?

Michel
Ja, das ging so ein bisschen einen Schritt zurück an diese Privilegien, weil ich dazu auch, da hatte ich ein Gespräch zu einem Softwareentwickler aus Indien, also der in der Typo 3 Community unterwegs ist, also Typo 3 ist auch so ein Open Source Content Management System, der mich fragte, weil ich habe so auch so wieder so eine blöde provokante These hingestellt, dass wenn dein Arbeitgeber unethisch agiert, dann kündige doch und geh nach Hause. So als letzte Maßnahme und der dann auch meinte, das kann man ja sehr sehr leicht sagen, wenn man irgendwie als Mann mit Bildungshintergrund in Mitteleuropa so einen Job macht.

Joana
Hm.

Michel
Und dann beißt sich dann an dem Moment halt tatsächlich wieder das Privileg mit dem Versuch ethisch zu agieren. Weil wenn ich die Privilegien nicht habe, dann kann ich nicht mit Rückgrat für, oder kann ich im Zweifeln nicht mit Rückgrat für das stehen, was ich tue als Softwareentwickler oder so. Ich hab versucht, mich da zu erklären, aber tatsächlich traf mich das so ein bisschen breitseitig. Weil auch da ich wieder voll privilegiert angekommen bin und sagte, ja Leute, wenn euer Arbeitgeber doof ist, dann kündigt. Ja, das ist total leicht zu sagen, weil ich glaube mir geht es da ähnlich wie dir, wenn ich jetzt morgen einen neuen Job bräuchte, aktuell als Softwareentwickler in Frankfurt, das glaube ich nicht so schlimm. Aber es gibt halt Märkte, in denen ist das viel, viel schwieriger und da kann man sich nicht mit dem Brust von der Überzeugung so hinstellen, weil man eben die Privilegien nicht hatten. Dann kann man eben, dann muss man irgendwie seine Ethik und seine moralische Anwendung dessen, muss man irgendwie mit seinen Privilegien abgleichen. Das ist eigentlich auch ziemlich traurig, aber das ignoriert man von so einer Warte wie meiner dann irgendwie auch immer gerne. Das muss ich mir auch selber an die Nase fassen, ja.

Tobias
ist ja auch so ein Bias, also du hast ja quasi das Vorurteil, da kann doch jeder so machen wie ich.

Michel
Ja, ja, ich hab nicht drüber nachgedacht, weißt du?

Joana
Untertitel im Auftrag des ZDF, 2020

Tobias
Und das ist ja genau das Beispiel, das ist ja genau das Beispiel und Joana, du hattest vor uns noch so ein paar andere Beispiele, wenn ich eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern bin, dann fehlen mir vielleicht auch bestimmte Privilegien, die mich auch in so eine Situation bringen, wo ich sage, ja, ich bin vielleicht nicht in meinem optimalen Jobumfeld gerade, aber ich traue mich nicht zu gehen aus ganz, ganz vielen Gründen, nach denen ich benachteiligt werde. Was ich sehr schön fand an dem, was du gesagt hast, Joana, ist, du hast ja Beispiele gebracht, was man tun kann, wenn man selber mehr Privilegien genießt, indem man die teilt, indem man die in seinem Netzwerk weitergibt, in deinem Fall waren es vielleicht Projektanfragen oder Angebote für Jobs und dass man sozusagen solche Vorteile, die man hat, weil man Privilegien genießt, wofür man ja im Servicefall noch nicht mal was kann, einfach weil man in Mitteleuropa aufgewachsen ist, hat man wahrscheinlich schon eine ganze Reihe mehr Privilegien als in anderen Teilen der Welt und das hat sich an jemand ausgesucht, das weiterzugeben in seinem Netzwerk und damit aktiv etwas gegen Benachteiligung zu tun. Das finde ich eine sehr schöne Maßnahme. Jetzt machst du das ja, hast du das ja zu deinem Beruf gemacht, dich auch mit, um Diversity zu kümmern. Was machst du denn noch?

Joana
Naja, also Diversity, ich hab halt angefangen, tatsächlich, weil Frauen- und Männerdürmen war ja so mein Grundthema, mit dem ich so eingestiegen bin, um diese Ungleichheit, die ich damals irgendwie gesehen habe, um die halt einfach mit zu verändern. Ich wollte einfach was beitragen und habe dann gemerkt, okay, das hat nicht nur mit Geschlechtern zu tun, das ist so ganz vielschichtig, dieses Thema. Und was uns zum Beispiel alle trifft, ist Altersdiskriminierung. Da kommen auch die weißen privilegierten Männer irgendwo hin, die dann vielleicht mit 50 auch im IT-Bereich nochmal sich neu orientieren wollen und da vielleicht einen Job suchen, der aber eben auch so vergütet wird, wie es ihre Lebens- und Berufserfahrung angemessen scheint. Und da kommen wir dann schon wieder an so Grenzen, dass das, also da trifft es dann sowohl die Männer als auch die Frauen. Und solche Dinge haben mich dann wirklich ins Nachdenken gebracht und ich mache mit ein paar Leuten zusammen noch ein Comic-Projekt, Sascha und Sascha heißt das, gegen Alltagssexismus. Da ist gerade tatsächlich dieses Altersdiskriminierung, das ist immer gerade dran. Aber eben auch so was sind so in der Arbeitswelt eigentlich so ganz typische Dinge, die uns immer wieder über den Weg laufen. So ein bisschen mit einem Schmunzeln und so einem Echt-Jetzt-Effekt. Das machen wir so als Herzensthema für dieses Sexismus-Ding und Diskriminierung. Aber wo ich halt beruflich hingehe, immer mehr, das ist vor allen Dingen dieses wirklich ethische Verhalten und einen Unterschied machen in der Art und Weise, wie wir wirtschaften. Also ein Stück größer gedacht, was uns als Menschen tatsächlich so diese Grundsätze oder eben auch Prinzipien, mit denen wir als Haltung reingehen. Also diese ganze Bewegung, New Work, hat ja so ganz vielschichtige Facetten und ich glaube, der eigentliche Schlüssel liegt tatsächlich in der Haltung, die wir mitbringen und in den Grundfesten, in unserer eigenen Haltung, die wir da zeigen zu bestimmten Themen. Und ihr seid bei den Dingen, die man tun kann, schon unglaublich weit. Ihr habt also euer Bewusstsein, euer Ereignis geschärft und tragt es in eure Teams. Ihr beobachtet ganz achtsam und hinterfragt eben auch, welche Kriterien da plötzlich auch genutzt werden. Zum Beispiel bei der Personalauswahl, wie du eben schon von Senstorm auch berichtet hast.

Tobias
Hm.

Joana
Ihr prüft euer eigenes Mindset ab. Was ist so die Haltung? Wo kann ich für mich selber was tun? Und ich glaube, das ist auch das Ding, wir müssen mit eigenem Beispiel vorausgehen. Auch dieses, da musst du halt kündigen, wenn dir der nicht passt. Das ist mir halt auch immer zu kurz gegriffen, weil es geht vielen Leuten auch in der modernen, neuen Arbeitswelt, die ganz häufig sehr, sehr gepriesen wird. Ich kenne so viele Kollegen, die halt mit einem Burnout wirklich erst mal ein paar Jahre aussteigen mussten, die das kaputt gemacht hat. Dieses Schöne mit dem mit den bunten Wänden und dem Kickertisch und diesem ganzen Projektstress, da haben sich viele einfach zu sehr auch selber mit reingegeben und sich auch von den anderen nicht gesehen und gewertschätzt gefühlt. Und das ist halt der Punkt, an dem ich sehr stark arbeite mit Teams, aber vor allen Dingen halt eben auch mit Gründern und und kleineren Firmen, die tatsächlich noch selbst geführt sind. Also nicht mit einem eingestellten Geschäftsführer, große Firmen, sondern eher einen kleinen und mittelständischen Bereich, wo es mir darum geht, zu schauen, was sind denn eure Werte? Wie ist eure Unternehmenskultur? Wie achtet ihr menschlich aufeinander? Wie seid ihr aufgestellt? Und da ist Diversity immer ein Thema. Gibt es hier Vielfalt, die man braucht, um gute Produkte erzeugen zu können? Oder braucht es hier irgendwie noch was, um wirklich einen Unterschied zu machen mit dem, was ihr macht, um am Ende auch Zielgruppen zu erreichen, die ihr bisher noch gar nicht auf dem Schirm hattet oder eben bisher ein bisschen vernachlässigt habt? Und da komme ich halt ganz stark in diesen Bereich der Ethik rein. Und bei mir steht da Karmic Management tatsächlich oben drüber. Es hat tatsächlich auch mit Karma was zu tun, weil ich halt glaube, dass das hier... Genau, beschreib mal, was das ist, Karmic Management. Also grundsätzlich ist das so ein Modell für eine neue Art von Wirtschaft, die auch die ganze New Entrepreneurship-Szene ein Stück weit aufgreift. Es hat damit zu tun, dass...

Tobias
Genau, beschreib mal, was das ist.

Joana
Es gibt 2500 Jahre alte buddhistische Prinzipien, die grundsätzlich, das sind so Weisheiten wie eben auch Sokrates und die Griechen, also hatte ja jeder so seins, aber grundsätzlich kannst du in vielen Gesellschaften und eben auch in Religionen, aber nicht, dass es nur religiös ist, findest du diese zehn Grundfeste, wie wir gut miteinander umgehen können. Also wir kennen es aus dem christlichen Umfeld, kennen wir es halt, du sollst nicht töten und du sollst nicht stehlen und so weiter, wenn man es positiv formuliert wäre, dass du sollst dich halt darum bemühen, Leben zu schützen. Du sollst dich bemühen, einander zu respektieren, freundliche Sprache, dass wir gut miteinander umgehen, dass wir auf unsere Gesundheit achten und das kannst du sehr sehr schön, wenn du dich an diesen Prinzipien orientierst, auch in die Unternehmenswelt tragen. Und da geht es halt eben nicht darum, dass du als Chef dich hinstellst und sagst, 100 Leute hängen von mir ab und dich als den größten dahin stellst, sondern da heißt es eigentlich, ich hänge von 100 Menschen ab. Und dass du dich in diesem Servant Leadership Prinzip beispielsweise auch wirklich damit beschäftigst, was trag ich eigentlich zu diesem Wohlbefinden und zu dem Erfolg der anderen bei, die für mich arbeiten.

Tobias
Servant-Leadership.

Joana
Oh, ist das schon wieder ein neuer Begrill? Entschuldigen? Ich muss mal so...

Tobias
Ich muss mal so...

Joana
Grundsätzlich geht es ja darum, das ist halt einfach auch so eine neuere Sicht auf die Führungsrolle, wo man sich tatsächlich als jemand sieht, der dem Team dient und der der größeren Sache wirklich dient, der das jetzt nicht steuert und managt, so wie wir das aus dem klassischen Umfeld noch oftmals gewöhnt sind, sondern wo man sich selber tatsächlich auch an der Führungsrolle als jemand versteht, der sich um die anderen kümmert und der vor allen Dingen andere auch erfolgreich macht. Und das trifft sich dann wieder mit diesem Karma, also diese Ansicht, alles was ich selber haben will, muss ich erst mal anderen geben. Und wenn ich erfolgreich werden will, dann muss ich erst mal überhaupt andere auch erfolgreich machen. Und auszusteigen aus diesem Konkurrenzdenken und aus dieser ganzen Ego-Schiene und mehr reinzugehen in dieses Miteinander. Das ist auch dieser Unterschied, den ich meine. Das klingt erstmal paradox, wie ich will doch jetzt aber selber erfolgreich werden. Da kann ich doch nicht den anderen erst mal dazu verhelfen, dass der eine bestimmte Position bekommt, die ich auch gerne hätte. Davon loszulassen von diesen eigenen Dingen und erst mal wirklich dazu beizutragen, zum größten Grenzen. Das ist so der Hintergrund, der da immer mitschwingt.

Michel
Ich kenne das, dieses Prinzip des Servant Leaders ist ja in der agilen Softwareentwicklung auch, also gerade wenn man in so Frameworks geht wie Scrum, ist ja eben die Rolle des Scrum Masters, also des, in Anführungszeichen, Orchestrators dieses Prozesses eben auch als Servant Leader beschrieben, wobei ich gar nicht so genau weiß, ob ich das Wort Leader an der Stelle gut finde, weil für mich ist tatsächlich die eine wichtige Komponente in diesem Servant Leadership, so die Frage des Wertes einer Person in einem Team, und ich glaube das wichtigste Verständnis, was man an der Stelle haben sollte, ist, dass man eben als Scrum Master, als Servant Leader in dieser Rolle eben nicht mehr wert ist als jemand anderes in seinem Team, sondern dass man im Zweifel nur andere Dinge einbringt. Also dass die Rolle eine andere ist, aber sie halt eben nicht höherwertig in irgendeiner Form ist, sondern dass man auch eben Teil eines Teams ist, deswegen frage ich, ich kratze mich immer so ein bisschen mit diesem Begriff, obwohl ich die Idee dahinter gut finde.

Joana
Idee dahinter gut finde, aber die Begriffe, das ist ja das Thema mit Sprache allgemein, die erschweren manchmal auch einfach durch die Komplexität, die sie schaffen. Also wir haben für viele Dinge, die das Gleiche beinhalten, unglaublich viele sprachliche Begriffe und sich dazu orientieren. Also die Komplexität steigt dadurch halt einfach unglaublich und auch bei Diversity und so. Also manchmal habe ich das Gefühl, es lenkt uns auch eher von den Dingen, um die es wirklich geht, ab. Und dann werden wir in so ganz angestrengende Diskussionen gefühlt werden, wo schon gar keiner mehr wirklich Spaß an der Sache hat, sondern es nur noch darum geht, da jetzt auf diesen Begrifflichkeiten zu behandeln. Da merkt man schon, da ist man irgendwie auf dem falschen Weg. Und deswegen meine ich halt, es geht grundsätzlich eher darum, dass wir uns mehr wieder auch als Menschen an sich sehen. Und wie du es so schön gesagt hast, nicht eher auf, wir sind auf Augenhöhe, wir sind, weder der eine ist mehr wert als der andere, du brauchst sie alle. Wenn bei dir nicht jeden Tag im Büro die Putzfrau vorbeikommt, dann wirst du auch sehr schnell merken, dass es nicht schön ist auf Dauer. Und da den Geschäftsführern dann eben auch mal so ein Stück weit das zu zeigen, dass es wichtig ist, eben auch solche Menschen, die verbringen ihre Lebenszeit damit. Jetzt könnten wir mal ja sagen, die verdienen aber Geld dabei. Finde ich immer ein bisschen respektfrei, weil nichtsdestotrotz, auch wenn sie dafür Geld bekommen, spenden sie damit ihre Lebenszeit. Und das tun wir alle mit dem, was wir tun. Und dann sollte es respektvoll und auch wertschätzend gesehen werden, was sie dazu beitragen. Das ist so meine Meinung.

Michel
bin ich voll bei dir.

Tobias
sehe ich auch 100 Prozent. Ich muss gerade an den Begriff Dankbarkeit denken, den man gegenüber der Arbeit, die andere Menschen leisten, haben sollte, einfach nur weil sie es tun.

Michel
Der schöne ist da der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbegriff. Wer gibt eigentlich seine Arbeit? Ich weiß, dass es anders gemeint ist.

Tobias
Das war's für heute, bis zum nächsten Mal.

Michel
Ja, bestimmt. Ich gebe doch jeden Tag meine Arbeit. Warum bin ich denn eigentlich der Arbeitnehmer? Aber wir driften ab.

Tobias
kann man wahrscheinlich wunderbar zu philosophieren, was der Hintergrund von solchen Begrifflichkeiten ist und was sie eigentlich auch, ich sage immer Sprache, Formen, Denken, also wenn ich auf eine bestimmte Art und Weise kommuniziere, dann passieren ja Dinge in meinem Kopf. Wir sehen das im Team ganz viel und bei uns zum Beispiel, wir vermeiden Begriffe wie Mitarbeiter und Chef, sondern wir versuchen uns alle als Teammitglieder zu bezeichnen, eben weil wir sagen, hey, wir bringen uns alle ein in das Erfolgreichsein von Sandstorm als Unternehmen und jeder hat da eine Rolle und jeder nimmt Aufgaben wahr, die dafür zu tun sind und wir sind hier in einem eingemieteten Büro, das heißt, hier gibt es einen Service, die sich zum Beispiel um die Reinigung kümmern, aber auch in unserem Team gibt es die, die die Software entwickeln, es gibt die, die sich mehr um Design kümmern, es gibt die, die sich vielleicht mehr um Marketing kümmern, es gibt bei uns jemanden im Team, der sich um Verwaltung kümmert, wo wir auch gesagt haben, hey, das ist genau so eine wichtige Aufgabe, die Person macht Dinge, die wir anderen vielleicht nicht machen wollen, also müssen wir dieser Person gegenüber doch dankbar sein, dass sie uns diese ungeliebten Aufgaben abnimmt und im Idealfall haben wir sogar jemanden gefunden, für den das keine ungeliebten Aufgaben sind, sondern für den sozusagen auch noch die Energie rauszieht, wenn die Person sieht, hey, derjenige musste sich nicht um eine Reisekostenabrechnung kümmern oder selber, weiß ich nicht, die Rechnung an den Kunden ausstellen oder sonst irgendwas, sondern da gibt es jemanden, der mir hilft und dann reichen wir uns die Hände gemeinsam, okay, das klingt jetzt wieder, aber ihr wisst, was ich meine, oder?

Joana
Viel Spaß!

Tobias
Wir sehen uns als Teile, als Rädchen, die ineinandergreifen und davon kann ich dankbar sein.

Michel
Ja, das könnte keiner von euch ohne den Rest, das ist eigentlich total simpel, ne? Aber...

Joana
Und letztlich, wenn man sich einig ist darüber, wer jetzt, also es gibt den Service-Dienst, der da kommt und es gibt die Entwickler und die Verwaltungskräfte und so weiter und letztlich müssen sie alle irgendwann mal den Spüler ausräumen, in der Küche, tagsüber und da fängt es dann nämlich auch schon an, naja, also ich bin ja hier, oder manche, also es gibt ja wirklich so Teams interessanterweise, die zwar total cool damit umgehen, was sie da so gerade tun und haben sich gut aufgeteilt in den Aufgaben und das was dann aber zu diesem Wohlbefinden und der Atmosphäre maßgeblich mit Beiträgen, diese Arbeiten werden halt oftmals auch nicht in diesen Steinbeschreibungen geklärt und das Team redet auch nicht drüber und es findet sich zwar immer jemand, der es macht, aber letztlich.

Tobias
Was meinst du, Geschirrspieler ausräumen? Ja, genau!

Joana
Ja, genau. Und dann gibt es, also ist es in den Teamkonflikt-Situationen, in denen ich manchmal dann dazugeholt werde, es sind solche Dinge manchmal, das was das Zümlein an der Waage macht. Ich mache das immer und die anderen machen das nie und ich komme mir langsam vor wie der Butler von allen. Habe ich keinen Bock mehr drauf, so in der Richtung. Oder eben das Kaffeekochen. Immer wenn man zur Kaffeemaschine geht, ist da Kaffee leer. Also das findet man interessanterweise wirklich ganz häufig und auch dort macht sich ganz, ganz vieles von dieser Haltung, mit der wir reingehen, sichtbar. Also bin ich jemand, der es wirklich gerne tut? Oder gebe ich es immer nur mit so einer Bedingung hinten dran? Und das hat alles, das hat alles ganz viel mit Haltung auch zu tun und einfach mit dem, ich möchte, dass es uns allen hier gut geht. Und wenn das alle machen würden, ja, so in diesem Interesse, wir, wir finden hier eine Art zusammenzuarbeiten, die alle so wie sie sind, gut sein lassen können und gut mitnehmen, dann bist du wirklich in der Königsklasse angesagt, denke ich.

Tobias
Jetzt sind wir an dem Punkt, wir sind uns alle schön einig, wie es denn schön sein sollte, könnte oder würde. Ich bin jetzt mal der Advokatus Diabolos und sage jetzt mal was ganz Gemeines. Aber wo bleibt denn die Wirtschaftlichkeit, wenn wir plötzlich alle anfangen, uns um diese ganzen Themen auch noch zu kümmern?

Joana
Mutti, bleib!

Tobias
Sind das Diskussionen, die man führen kann?

Joana
Die kann man schon führen, dass das Problem aus meiner Sicht, so wie ich es wahrnehme, ist halt oftmals die Dinge, die wir tun können, um unsere Produktivität, wenn man da so davon sprechen möchte, zu steigern, wie eben auf die Teamatmosphäre zu achten beispielsweise, dass alle sich gut und gesund und auch durch diesen Arbeitsalltag bewegen können und einfach wirklich das meiste ihrer Energie in gute Produkte stecken können. Das wird ja so wenig gewertschätzt, weil du halt keine 1 zu 1 Ursache und Wirkung ist hier nicht 1 zu 1 nachvollziehbar. Und diese Controlling-Ansätze, die ja oft noch so ihre Hauptgültigkeit haben, die zeigen uns halt eben nicht auf, was die wahren Ursachen für Erfolg und gutes Wirtschaften sind, meiner Meinung nach. Und ich habe Teams gesehen, die tatsächlich sehr viel Wert darauf legen, sich regelmäßig begleiten lassen, wirklich konstant daran sind, sich persönlich weiterzuentwickeln, auch das Miteinander, zu gucken, dass das immer stimmt, dass sie ihre Konflikte gut ausgetragen kriegen und auch mal jemand zurückstecken kann beispielsweise und die dann einfach so eine Energie entfalten, dass sie unglaublich produktiv sind. Und wenn du Leute triffst, die Spaß an der Arbeit haben, die wirklich viel am Lachen sind und die wirklich so durch ihre ganze Ausstrahlung ziehen, was denkst du, was das mit Kunden macht, das zieht natürlich auch Kunden an. Jeder will ja irgendwo auch ein Projekt haben, was gut läuft, wo man einfach auch weiß, selbst wenn mal ein Fehler passiert, wird ja keiner den Kopf kürzer gemacht. Man kann drüber reden. Das ist so ein bisschen wie Motte und Licht. Und ich finde schon, dass diese Art von Betrachtung, auch unsere Art und Weise, was wir reingeben können durch unser Sein und durch die Freude, dadurch ziehen wir einfach auch eine ganz andere Form von Geschäft an. Und das fängt irgendwann an zu rollen. Also ich habe bei einigen gesehen, wie sich das für selbstständig, das ist unglaublich. Aber die wollen dann alle mit denen arbeiten, weil die so sind, wie sie sind. Nicht weil die das machen, was auch tausend andere machen, sondern weil sie eine Art von Umgang gefunden haben, wo eben auch jeder Kunde sagt, boah, großartig, das möchte ich auch haben. Weißt du, was ich meine? Aber das kann ich halt nicht zählen. Da gibt es keine fünf Stück davon oder da hängt kein Preisschild dran. Und davon loszulassen, ist halt so die Aufgabe auch der Controller, finde ich. So sich auch anderen Ansätzen zu öffnen und eben nicht von Ursache und Wirkung zu sprechen.

Michel
Ich glaub sogar, dass man das sehen konnte.

Tobias
Ich glaube sogar, dass man das sehen konnte.

Michel
Ich glaube, dass man es den Controllern tatsächlich, dass sie das messen könnten. Weil ich bin mir ziemlich sicher, dass sich gute Produkte auf Dauer besser verkaufen als schlechte Produkte. Und du wirst mit einem Team, was konstant kurz vor der Burnout-Grenze hängt und irgendwie auf der letzten Rille noch versucht, irgendwas zusammenzuschustern, dann wirst du nicht so gute Produkte machen, wie du mit einem gut aufgestellten, mit einem harmonischen, mit einem gut eingespielten Team machst. Und du kannst die Produktqualität messen und du kannst meiner Meinung nach auch den Erfolg von guten Produkten messen. Vor allen Dingen eben die Langlebigkeit und die Nachhaltigkeit von einem guten Produkt, die einfach, was die Kundenbindung angeht und was die Lebensdauer von so einem Produkt angeht. Du kommst viel, viel weiter damit, weil es nicht so bröselt. Weil wenn du auf verschiedene Personengruppen geachtet hast, machst du den Personenkreis größer, die dein Produkt kaufen wollen. Und ich glaube, dass man das messen kann. Man muss halt vielleicht wegkommen von diesem Jahr, aber im letzten Quartal haben wir nur 17 Software-Dizenzen verkauft und nicht 16. Sondern vielleicht mal sagen, okay, aber die 16, die wir im letzten Monat verkauft haben, die sind halt immer noch da. Ich habe jetzt auch wieder sehr plakativ und blöd gesprochen, aber dass man halt über Nachhaltigkeit und über Qualität der Produkte schon feststellen kann, dass es besser ist.

Tobias
Das ist das, was, glaube ich, Joana ja auch gesagt hat, diese Langfristigkeit, diese langfristige Denken, was da drin steckt. Non-logic!

Joana
N-n-none logisch!

Tobias
Das war's für heute.

Joana
Ich versuche da an der Stelle tatsächlich, das Bewusstsein zu öffnen für eine andere Art von Sichtweise, auf was die wahren Ursachen sind für Erfolg oder für Verkäufe oder was auch immer. Und wenn ich jetzt zum Beispiel sage, okay, also mit einem Controller beispielsweise, könnte man mit purer Logik auch reingehen und sagen, okay, ich habe ein Team, das arbeitet total viel. Das gibt alles, was es kann. Und dann gibt es halt Teams, also die so aufgestellt sind, dann gibt es welche, die verdienen damit richtig viel Geld und haben ganz tolle Projekte. Und es gibt halt Teams, die auch alles geben, 100 Prozent, und die damit nichts verdienen. Und es gibt Teams, die arbeiten irgendwie nur die Hälfte des Tages, vielleicht sogar noch weniger. Jeder geht ein halbes Jahr an Sabbatik. Manche verdienen damit wahnsinnig viel Geld. Da fragt man sich, wie machen die das? Und andere wiederum, die haben das gleiche Modell und verdienen auch nicht. Und dann sage ich mir halt immer, wenn es nicht immer funktioniert, dann kann das nicht die wahre Ursache sein. Wenn wir viel arbeiten, dann auch viel damit zu verdienen. Also braucht es irgendwo einen Blick für, was könnte dann denn der Grund sein, was uns dazu bringt, mehr Erfolg zu haben. Versteht ihr, was ich meine?

Tobias
Hast du Dinge, die du dazu zählst, wenn es aus deiner Sicht nicht die reine Arbeitsleistung ist?

Joana
Na, das sind beispielsweise diese ganzen Maßnahmen, über die wir gerade gesprochen haben. Das ist so dieses Dahinterliegende. Ich gehe wirklich als Führungskraft vielleicht rein und habe eben nicht die Haltung. Die hängen alle von mir ab, sondern ich hänge eigentlich von denen ab. Und ich mache jetzt alles, damit die sich hier gut aufgehoben fühlen, dass die, dass sie gesund bleiben, dass ich die nicht ständig überfordere, dass die halt, dazu kommst du ja dann erst zu so harmonischen Teams erst mal, die überhaupt produktiv gut arbeiten und auch, sag ich mal, eine Extrameile gehen, wenn es gebraucht wird, aber eben auch ruhen können, wenn gerade wenig los ist. Und diese Prinzipien wendest du dann eben auch beim Verkaufen an. Und du gehst erst mal rein und hilfst eben, konzentrierst dich nicht nur auf dein eigenes, sondern versuchst auch anderen dabei zu helfen, zu verkaufen. Da bin ich jetzt bei dem Beispiel mit den Empfehlungen. Wenn ich andere Leute empfehle und sage, hier hast du einen Auftrag, ich habe die Anfrage bekommen, aber du wärst für mich, finde ich, hier irgendwie besser geeignet, obwohl ich selber gerade einen Auftrag gut verkaufen könnte. Ja, die Passen gibt es auch. Ich könnte jetzt sagen, mache ich, weil ich brauche jetzt das Geld. Oder ich gucke halt, dass eine gute Lösung wirklich zustande kommt, einfach weil es da jemand gibt, den ich kenne, der das besser bedienen kann als ich. Das hat dazu geführt, dass dann eben andere Leute, die fangen ja auch an, dich mitzuempfehlen. Verstehst du, was ich meine? Also es kommt aus einer ganz anderen Ecke, kommt dann plötzlich, kommen plötzlich Aufträge oder Anfragen oder Ideen. Auch dieser Podcast kam so zustande, das ist ja auch irgendwie, ne? Diese Sichtbarkeit mit solchen Dingen macht auch andere Leute sichtbar. Und plötzlich kommen die zu dir und auch du wirst mehr sichtbar. Das sind so, da finde ich, steckt die Kraft drin.

Tobias
Ich finde es so schön, dass du das so beschreibst, weil ich versuche auch nach diesen Prinzipien zu arbeiten und es ist sehr erfrischend, wenn nicht ich immer der bin im Podcast, der das erzählt, sondern wenn das auch andere so sehen und ich lese gerade das Buch Schwarmdumm von Gunter Dück. Hast du davon schon mal gehört oder, weil das kommt mir sehr viel bekannt vor oder ich habe gerade ganz viel wieder.

Joana
Ich habe den Daily Dücken ein paar Jahre gelesen und dann wurde er mir zu zynisch und dann habe ich es aufgegeben, weil er mir die Stimmung mehr verdorben hat. Also ich kenne andere Bücher von ihm, das jetzt im Speziellen nicht.

Tobias
Aber der beschreibt sozusagen diese negativen Abläufe, die sozusagen das Gegenteil sind von dem, was du beschrieben hast, und wenn man über seinen Zynismus sozusagen hinausblickt, dann ist ja das Gegenteil davon genau diese positive Spirale, wo man eben sagt, es sind nicht monokausale, es gibt nicht eine Ursache und die ganz klare Wirkung, sondern es sind viele kleine Dinge, die systemisch ineinandergreifen und auf einer langfristigen Sicht dazu führen, dass es besser wird. Ich habe mich immer ganz schön abgebogen in ein neues Wirtschaftsmodell, oder...

Joana
Ja, neue Botschaften, ne? Also, darf ich dazu gerade was sagen?

Tobias
Bitte.

Joana
Also so eine Haltung, die mir halt grundsätzlich, muss ich echt sagen, immer mehr begegnet, wo ich immer als erstes rangehe, ist halt dieses Andere müssen erst mal was machen. Und deswegen bin ich auch von dem Wippen bisschen weggegangen, weil er klagt halt sehr stark an, vor allen Dingen auch so Führungskräfte und Unternehmen an sich. Und das ist mir so eine gesichtslose Masse. Und dann stehe ich dann als Leser ganz lange auch da und überlege, was kann ich da jetzt aber selber tun, wenn ich denn selber was machen will, außer jammern. Und deswegen hatte ich dann, also was wir tatsächlich teilen, sind diese Vorstellungen zu einem ethischen Wirtschaften, zu einem anderen Umgang. Da sind wir, glaube ich, sehr nah an dem Glück dran. Und ich bin dann ein Stück weitergegangen. Es gibt ein Buch, den Diamantschneider, und der G.G. Mike Roach, der das geschrieben hat, hat auch das Karmic Management geschrieben und der geht halt eher in diese Richtung. Jeder von uns selber sollte als ein gutes Beispiel vorneweg gehen. Und jeder von uns kann etwas beitragen und nutzt halt diese Prinzipien, um dir zu erklären, wie kannst denn du zum Beispiel erfolgreiches Geschäft machen? Was sind denn eventuell andere Ursachen, die dazu führen, dass du mehr verkaufst, dass du gesünder lebst, dass du, keine Ahnung, wunderbare Geschäftsbeziehungen führst und nicht vorm Kadi ständig stehst und dich streiten musst, dass deine Kunden die Rechnungen pünktlich bezahlen. Das sind am Ende die Fragen, die dich ja beschäftigen im Alltag. Wenn du einen Konflikt hast mit einem Kollegen oder mit dem Chef, wie kriegst du das denn gelöst? Jetzt kann ich natürlich warten, bis der Chef dann auf mich zukommt oder bis irgendwer was macht. Aber ich kann ja jederzeit auch selber das Zepter in die Hand nehmen. Und das ist was, was mir halt sehr entspricht als Haltung, dass wir uns selber bei der Nase fassen und überlegen, was können wir denn tun, so wie ihr das auch bei der Diversity schon gemacht habt. Selber gucken, wo sind denn meine blinden Flecken? Wie sieht denn mein Team aus? Ach, Mensch, ihr seid ja auch in dieser vollen Verantwortung für euer eigenes Tun und in diesem Bestreben etwas beizutragen. Und daran würde ich halt gern die Leute mehr, naja, schwulen, also mehr dazu beitragen, dass sie halt selbst anfangen, anstatt sich hinzustellen und zu warten, bis wer kommt, der es macht.

Tobias
Hm.

Joana
Ende. Abonnieren!

Tobias
Für die Hörerinnen und Hörer, die den Podcast schon ein bisschen länger hören, erinnert mich an Habit 1, Gewohnheit 1 hier von den Seven Habits of Highly Effective People. Be proactive heißt das und das ist genau das. Ich kann selber aktiv werden. Ich bin meines eigenenes Glückes Schmied. Was für ein Exkurs. Das war gut. Vielen Dank dafür. Ich hatte dich vor uns bei den Privilegien, vielleicht machen wir da noch einen letzten Schwenk vorbei, glaube ich abgewirkt. Wir hatten so über Führungspositionen gesprochen. Da ging es um Zugang zum Beispiel zu Führungspositionen und ich hatte so das Gefühl, das Thema Quote möchte nochmal angesprochen werden.

Joana
Okay, du meinst nicht die jahrhundertelang etablierte hundertprozentige Männerquote, sondern jetzt, welche Quote willst du?

Tobias
Was haben wir denn noch für Quoten, also aus dem öffentlichen Diskurs kenne ich ja eine andere Quote. Frauenquote.

Joana
Ach, so hieß das. Ja, ich finde, es sind alles gute Schritte. Ich muss mich da leider manchmal ein kleines bisschen darüber lustig machen, weil wie gesagt, über diese bisherige geltende Männerquote hat sich niemand beschwert und über die 30 Prozent Frauenquote, da diskutieren wir ganz schön heiß. Ich weiß nicht, ob es nützlich ist. Ich glaube, es ist ein Schritt, gerade in der öffentlichen Diskussion noch über Quoten zu sprechen, aber mein Grundansatz wäre halt wirklich auch mehr im Bereich der Haltung auch zu arbeiten, weil die Frauenquote für Unternehmen nix mir nix, wenn ich als Gründerin irgendwo stehe und versuche jetzt irgendwo Gelder zu akquirieren. Da stehe ich trotzdem als Frau, dort habe ich keine Frauenquote, da gehe ich meistens der aus. Ja, und deswegen, es ist ein Schritt, definitiv. Ich glaube nicht, dass er uns irgendwie, dass das da die einzige Maßnahme ist, die hier wirklich was bewegt. Ich glaube, da brauchen wir noch ganz andere Sachen. Was denkst denn du, Mädchen?

Michel
Ich sehe das ziemlich ähnlich, es ist der klassische Fall von, wir hatten jetzt, weiß ich nicht, wie viele hundert Jahre Zeit es zu ändern, wir haben es nicht geschafft, offensichtlich. Also irgendwas muss man mal tun, also irgendjemand muss mal irgendwann irgendwas tun, um mal die highly effective Abwägung dazu zu ziehen. Ich bin kein großer Freund von der Idee einer reinen Frauenquote, ehrlich gesagt, weil ich auf dem Standpunkt stehe, dass eine reine Frauenquote nicht inklusiv genug ist. Und allein der Begriff Frau und Mann ist halt an sich schon...

Joana

Michel
in meinem empfinden nichts binäheres. Wie arbeite ich in Situationen, wo die Trennung nicht nicht trennscharf ist? Und wie sorge ich dafür, dass in meinem Unternehmen, weiß ich nicht, auch nicht weiße Frauen dann auf einmal die Frühungsrollen besetzen, die denselben Bias mitbringen wie die weißen Männer in irgendeiner Form. Also ich glaube, es ist eine gute, eine wichtige Sache, um irgendwie zumindest mal Alarm zu schlagen, dass was schief läuft, weil das scheint bei vielen auch immer noch nicht angekommen zu sein, aber es ist nicht der der Weisheit blätzt das Schluss so. Also das reicht nicht an der Stelle, sondern ich sehe das sehr ähnlich wie du, Johanna, dass das eigentlich eher von innen kommen muss, dass ein inneres Verständnis dafür kommen muss, dass es nicht reicht, nur als Männer in einem Raum zu sitzen und dass es aber auch nicht nur reicht, denn 50 Prozent weiße Männer und 50 Prozent weiße Frauen in einem Raum sitzen, dass das einfach nicht genug ist, sondern dass das Verlangen dafür da sein muss, eben diesen Kreis aufzumachen, um mehr Erfahrung mit reinzukriegen und besser arbeiten zu können.

Joana
Wünsche ich viel Erfolg bei dir.

Tobias
Wenn ich mal das Bild von Gunther Dücke noch mal aufgreife, für mich fühlt sich die Frauenquote nach so einer dumm-einfachen Lösung an. Also er nennt das ja, glaube ich, eine sehr negative Art und Weise. Er sagt dumm-einfach, also am unteren Ende der Kurve, weil es eben versucht, so ein Mono-Kausal, wie er so eine Ursache unterstellt. Und deswegen gibt es eine einfache Lösung dafür, die ist, wir machen eine Frauenquote, dann haben wir das Problem gelöst. Aber es wird natürlich der Komplexität der Realität, das hast du ja gerade beschrieben, Michel, überhaupt nicht gerecht, im Gegenteil, ich schaffe mir wahrscheinlich ganz viele andere Probleme damit. Und Joana, du hast es ja auch angesprochen, es gibt auch ganz viele Bereiche, die gar nicht abgedeckt sind, obwohl es ja eigentlich so universell klingt. Und die genial einfache Lösung, sozusagen das andere Ende der Kurve, die Gunter Dück da beschreibt, das weiß ich heute auch noch nicht, da habe ich mich noch nicht intensiv genug mit auseinandergesetzt. Weil wenn wir anfangen von dieser, er nennt das ja, dumm-einfachen Lösung, mehr Sonderfälle sozusagen zu inkludieren, dann kommen wir ja auf diese Kompliziert-Schiene. Dann fangen wir an, naja, was gibt es denn noch alles für benachteiligte Gruppen, die man auch über eine Quote mit einbeziehen müsste, und in welchen Situationen müsste das wie laufen. Und wir merken ganz schnell, das erreicht eine Komplexität oder eine Kompliziertheit, die für einen Alltag nicht praktikabel ist. Dann fange ich an, ich muss erstmal fünf Seiten Handbuch wälzen, nach welchen Formeln irgendwelche Quoten jetzt auszurechnen sind. Das ist ja nicht Sinn und Zweck. Und ich bin auch voll bei euch, dass es sozusagen absolut nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Was es aber definitiv tut, und das muss ich einfach auch eingestehen, ist, es findet in gesellschaftlicher Diskurs statt über das Thema Diskriminierung, systematische Diskriminierung, über das Thema blinde Flecken, im Sinne von, oh, wir haben noch gar nicht drüber nachgedacht. Das ist ja in, weiß ich gar nicht, Aufsichtsreden, oder nee, ich glaube, es war ein Vorstands, da hatte ich jetzt einen Zeitungsartikel gelesen, Vorstandspositionen, wenn da eine Frau schwanger wird, dann muss die diesen Vorstandsposten ruhen lassen, wenn die in Elternzeit geht, dann darf die nicht mehr Vorstand sein, da gibt es ein Gesetz, da bin ich auch wieder fast von allen Wolken abgefallen, so, hä, was, warum?

Joana
Hä? Was? Warum?

Tobias
Und an diese Dinge müssen wir als Gesellschaft ran, und ich glaube, dass das darüber sprechen, so wie wir es jetzt tun, dass unsere Umwelt damit konfrontieren, im Sinne von Joana, du gehst ja auf Meetups und sprichst darüber, Michel, du hältst Vorträge auf Konferenzen, wir als Hands-Dom. Wir machen jetzt einen Podcast zusammen, weil wir eben sagen, hey, das Thema ist wichtig, das Thema gehört auf die Agenda. Wir haben da alle garantiert ganz viele blinde Flecken, und wir können als Gesellschaft nur davon profitieren, wenn wir in einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess reingehen, und der bedingt halt, dass wir uns konfrontieren mit dem, was wir heute noch nicht gut machen.

Joana
Hm.

Michel
Was ich da immer...

Joana
Ja, mich schätzt, nicht mich schätzt.

Michel
Dieser Delay macht mich wahnsinnig immer. Ja, man unterbricht sich ständig, das ist immer. Was mir dazu irgendwie immer noch so ein bisschen auf der Seele brennt, ist die Frage nach, warum bringen wir sowas Leuten in Universitäten eigentlich nicht bei? Das kommt auch so ein bisschen aus dieser Ethik-Ecke. Am Ende kommt das Gleiche raus, aber wie man es schafft, Leuten das in Universitäten und in Hochschulen und Fachhochschulen beizubringen oder zumindest dafür zu sensibilisieren, ohne dass man jetzt zufälligerweise politisch engagiert ist in der Uni. Und weiß ich nicht, über das Studieparlament oder über den ASDA irgendwie mitbekommt, dass es da auch noch andere Wege gibt. Aber mir fehlt das immer so ein bisschen in der Bildung. Und die Leute, die sich damit auseinandersetzen, werden halt immer schön belächelt. Was machst du, Gender Studies oder so? Da bist du ja gleich erstmal die absolute Lachnummer. Und irgendwie muss man es schaffen. Und ich weiß nicht, ob man da als Unternehmen irgendwie eine Möglichkeit hat, wenn man sich zusammen tut und Universitäten davon zu überzeugen, dass das eine wichtige Sache ist oder so. Aber irgendwie müssten wir halt früher damit anfangen.

Joana
Ja, ich war sogar noch früher als in der Uni.

Michel
Ja

Joana
Das geht in unseren Kindertagen los.

Michel
Aber wenn die 100 Jura-Absolventen haben, von denen halt irgendwie auch 90 Kerle sind und davon werden halt dann irgendwie die 90 Kerle werden Richter und die 10 Frauen, weiß ich nicht.

Joana
Okay.

Michel
arbeiten halt auch in der Kanzlei so, dann irgendwo bricht es da und dann muss man halt frühzeitig irgendwie dafür sorgen, dass es nicht passiert. Und wahrscheinlich ist die Uni viel zu spät. Aber das ist jetzt gerade noch so das letzte Beispiel, was ich irgendwie erlebt habe, ja. Also, ich bin da halt nicht... Also, jetzt aus dem Design... Was war jetzt?

Joana
Also jetzt aus dem Design, muss man jetzt nicht drauf. Nee, nee, nee, ist alles gut. Also ich wollte nur wirklich sagen, dass es eher anfangen sollte. Und deswegen kommt es, wir können ja Arbeitswelt und Privatwelt oftmals gar nicht trennen. Und unsere Kinder zeigen uns ganz deutlich, was wir eben nicht als Vorbild geben. Und da war letztens, ich hatte in der Schule meines Sohnes, in der Grundschule, das war sehr toll, da hing ein Artikel draußen auf dem Flur im Hortbereich. Da ging darum, wie wir doch als Menschen immer harscher werden im Umgang miteinander, im öffentlichen Bereich, auf der Straße, beim Autofahren und so weiter. Und wir wundern uns, dass die Kinder teilweise so einen harten Ton anschlagen im Umgang miteinander. Und da sagen die Eltern doch trotzdem immer, grüßt die Leute freundlich und sei höflich und nett und sagt bitte und danke, wir sagen das alles. Aber wenn wir das nicht selber tun, werden die Kinder uns das nicht nachmachen, weil die hören das, was wir sagen zwar, aber sie tun nur das, was sie auch sehen. Und wenn ich ins Auto steige und dann erst mal irgendwie den Blödmann vor mir anschnauze, dass er damit jetzt mein Packwatz weggenommen hat, dann kann ich dem fünfmal sagen, mein Sohn, er soll jetzt bitte freundlich sein zu anderen. Könnte eventuell schwierig werden, dass er das so versteht, was ich von ihm will. Und da denke ich halt schon, da geht es so los. Das tragen wir dann in die Uni, das tragen wir in den Arbeitsplatz, das tragen wir in unsere Teams, das tragen wir in die Unternehmensführung. Deswegen ist halt so dieses Thema Ethik einfach, finde ich, ein ganz wichtiges für alle Lebensbereiche, weil es einfach darum geht, wie möchte ich denn selber, dass die Leute mit mir umgehen? Und so versuche ich jetzt auch erst mal mit denen umzugehen. Weil wenn wir es alle voneinander erwarten, aber anders machen, dann wird es sich eher verschlechtern, wenn wir aber alle versuchen, ein Stück beizutragen. Und auch wenn ich jetzt gerade eine andere Meinung habe, vielleicht mir die Mühe zu machen, es anders zu formulieren, habe ich schon viel gewonnen. Und zu sagen, du, ich kann deinen Standpunkt gut nachvollziehen. Ich habe noch eine andere Meinung dazu, lass uns mal reden, anstatt gleich abzutun. Und das kommt dann in die Bereiche, die du beschreibst, glaube ich, auch überall mit rein. Aber diese Haltung haben wir halt nicht und diese Offenheit. Und dann sehen sie es nicht. Und dann haben wir halt Richter. Ja. Und Richterinnen. Aber vielleicht ein abschließendes Beispiel aus der englischen Finanzwelt, das würde ich mal noch mitgeben. Und dann höre ich auch wirklich auf. Die Helena Morrissey, die ist da eine ganz, ganz große, eigentlich auch die einzige Frau in der Finanzwelt. Die hat ein sehr schönes Buch geschrieben. Die hat sechs Kinder. Und in einem Interview ist sie gefragt worden, Mensch, wie machen sie das denn mit ihren sechs Kindern hier? Neben diesem Beruf, weil die ist irgendwie gefühlt, hat die eine 80-Stunden-Woche und ist immer erreichbar und hat ganz großartige Sachen in die Wege geleitet, unter anderem auch Frauenkotendiskussionen in England. Und jedenfalls hat die sich dann mal ganz eloquent an ihren Sitznachbarn gewendet und hat dann gefragt, sag mal, du hast doch auch vier Kinder. Wie machst du das mit deinem Job als Vorstand? Wie kriegst du das hin? Der war total baff, weil den hat jetzt noch niemand gefragt. Sie wird das ständig gefragt. Er jetzt das erste Mal. Und sie weiß, wo es herkommt und spricht doch darüber, dass ihr Mann da ganz viel dazu beiträgt, dass der viel zurücksteckt und teilweise auch seinen Beruf aufgegeben hat, sich anders orientiert hat, um halt die Familie gut begleiten zu können, damit sie diesem Beruf nachgehen kann. Der Mann hat nur gemeint, nur meine Frau kümmert sich. Und das sind so Beispiele, da denke ich halt, sind wir wieder bei der Dankbarkeit, bei diesen Sehen, was wir alle auch beitragen. Da schließen sich so viele Kreise einfach in dem, was wir Haltung nennen oder was ich Haltung nenne und eben auch ethisches, gutes Miteinander.

Tobias
Dem würde ich eigentlich gar nichts mehr hinzufügen. Vielen Dank euch beiden. Gibt es noch was, was ihr loswerden möchtet?

Joana
Wer ein Diversity-Training machen möchte, bitte schreibt der Doktor Anne Kräfer. Liebe Kollegin, die macht das. Die ist tatsächlich Gender-Borgerin und hat da ganz tolle Sachen auf den Weg gebracht im deutschsprachigen Raum und versucht da wirklich mehr für Bewusstheit auch zu sorgen. Also wenn ihr Projekte habt, die da Unterstützung brauchen, einfach vom beraterischen Aspekt her oder ihr selber ein Unternehmen seid, die sowas wollen, die kann euch gut vermitteln oder selber auch viel mitgeben, das würde ich noch gerne mitgeben.

Tobias
Das packen wir natürlich auch in die Shownotes, die werden dieses Mal ganz lang, Michel.

Michel
Ja, mir bleibt da glaub ich nicht mehr viel zu sagen, außer natürlich der Tatsache, dass wenn man schon über Diversität redet, ein weißer Mann das letzte Wort haben muss, deswegen... Achso und? Du musst... Nein, fertig.

Tobias
Nein, fertig!

Joana
Ich find's in Ordnung, Michel.

Michel
Mir bleibt tatsächlich nur, Tobi, dir und euch zu danken, dass ihr uns die Gelegenheit gebt, darüber zu reden und halt die Reichweite von diesen Diskussionen zu erhöhen. Ich glaube, das ist ganz wichtig, das ist, glaube ich, auch durchgekommen jetzt in dem Gespräch. Das ist einfach, es geht nicht um, dass wir darüber reden, ohne dass wir irgendwie da aneinander anecken und darüber diskutieren. Deswegen sind so Sachen, glaube ich, sehr, sehr wichtig. Deswegen Dankeschön.

Tobias
Ich danke euch beiden auch wahnsinnig sehr, heute zu Gast im Sandpapier waren Joana Prather und Michel Löw, vielen Dank, dass ihr beide da wart, in zwei Wochen gibt es die nächste Folge Sandpapier, ich würde mich freuen, wenn unsere Zuhörerinnen und Zuhörer uns bis dahin eine ganze Menge Feedback dalassen, wie sie die Folge fanden, ob es Feedback und Kritik und Anregungen und so weiter gibt und ich freue mich schon darauf, euch beim nächsten Sandpapier wieder als Zuhörerinnen begrüßen zu dürfen, also bis dahin machts gut und ciao.

Joana
Vielen Dank! Ciao, ciao!

Michel
Ciao!