Folge 49 - 180° Transformation - Von Fast Fashion zu Nachhaltigkeit

Interview mit Maria Seifert, CEO der nachhaltigen Textilmanufaktur Seifert im Erzgebirge

Fast Fashion ist ein riesiger Markt und gleichzeitig eine wesentliche Quelle von Umweltverschmutzung, Ausbeutung von Arbeitskräften und Ressourcenverschwendung. Als 2019 die Besitzerin einer Textilnäherei in Eibenstock im Erzgebirge diese altersbedingt schließen wollte, erkannte Designerin Maria Seifert ihre Chance, etwas zu verändern: Sie überzeugte die Vorbesitzerin, ihr das Unternehmen zu verkaufen und verwandelte es in den letzten vier Jahren in eine nachhaltige Textilmanufaktur. Mit Karoline unterhält sich Maria darüber, was dazu gehört, ein 40 Jahre altes Unternehmen um 180° zu transformieren, über Unternehmenskultur, Kommunikation, Digitalisierung, Rahmenbedingungen im Sächsischen ländlichen Raum und das Bewusstsein dafür, wo unsere Kleidung herkommt.

Diese Themen haben wir in der Folge angesprochen:

Wie immer freuen wir uns auf eure Gedanken und Fragen:

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Das Sandpapier ist der regelmäßig unregelmäßige Podcast der Sandstorm Media GmbH. Wir erzählen aus unserem Alltag, was wir versuchen, anders zu machen und welchen Herausforderungen und Experimenten wir uns auf unserem Weg stellen. #2028 Steht für unser 10-Jahres-Ziel: "2028 knacken wir die harten Nüsse in Projekten mit positivem Einfluss, damit die Erde auch in Zukunft für alle Lebewesen reicht." Mehr Informationen: #2028

Stapel mit bunten Stoffrollen unter dem Podcast Logo "Das Sandpapier"Podcast-Cover der 49. Folge

Karo
Hallo und willkommen beim Sandpapier, dem regelmäßig unregelmäßigen Podcast von Sandstorm. Hier reden wir über Themen, Herausforderungen, Experimente aus unserem Alltag als Softwareunternehmen. Heute starten wir eine weitere Folge unserer Serie aus der 2028-Reihe. Und das sind unsere Reiseberichte auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit, denn alle, die diesen Podcast kennen und Sandstorm kennen, wissen, bis 2028 möchten wir vor allem Projekte machen, die einen positiven Impact haben. Und das ist so ein Transformationsprozess und wir möchten euch erzählen, was wir auf dem Weg dahin erleben. Und dazu passend habe ich mir heute auch einen tollen Gast eingeladen, nämlich die Maria. Schön, dass du da bist.

Maria
Hallo.

Karo
Maria ist eine sächsische Unternehmerin, hat eine Textilmanufaktur in Eibenstock im Erzgebirge. Und bevor ich jetzt mir über Maria sage, ich bin Karoline, ich bin bei Sandstorm eben für Themen Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung zuständig unter anderem und mache hin und wieder auch mal ein Podcast. Maria, ich habe dir vorhin schon gesagt, ich möchte dich nicht zu ausführlich vorstellen, weil es gibt nichts Langweiligeres als den Lebenslauf von jemanden anders runter zu rasseln. Das überlasse ich dir. Nur mal ganz kurz, was ich schon über dich weiß. Du hast 2019 eine Näherei übernommen im Erzgebirge.

Maria
Richtig, ja.

Karo
Und das war eine konventionelle Näherei, auch durchaus aus dem Fast-Fashion-Bereich und du hast die einmal komplett gedreht, sozusagen 180 Grad von Fast-Fashion zu verantwortungsvoller Mode. Das ist spannend. Deswegen habe ich gesagt, ich will dich gerne einladen. Kennengelernt haben wir uns passenderweise bei einer DNK-Veranstaltung, der Deutschen Nachhaltigkeitskodex, wo wir beide eingeladen waren, um auf einem virtuellen Podium zu sitzen.

Maria
Richtig, ja.

Karo
Und das hat Spaß gemacht und das ist natürlich die perfekte Gelegenheit, um jemanden kennenzulernen, der sich auch mit diesem Thema auseinandersetzt. Wir sind ein bisschen in unterschiedlicher Stelle, was den DNK angeht. Da können wir vielleicht später noch was dazu erzählen. Aber erstmal Florian, Stephanie vom DNK Projektbüro beim Rat für Nachhaltige Entwicklung. Ihr habt hier was angeschoben, offensichtlich. Viele Grüße.

Maria
Viele Grüße.

Karo
Wir sitzen jetzt hier zusammen und machen unseren eigenen Podcast. Maria, erzähl mal, was machst du? Was arbeitest du? Erzähl mir mal was von deinem Unternehmen und wo kommst du her?

Maria
Liebes Netzwerk von Sandstorm, mein Name ist Maria Seifert. Ich bin Inhaberin der nachhaltigen Textilproduktion, Textilmanufaktur Seifert aus dem wunderschönen Eibenstock. Und ich bin Inhaberin der gleichnamigen, also meines, meines Namens Modemarke, nachhaltigen Modemarke Maria Seifert. Ich bin klassisch studierte Modedesignerin, habe aber eher auch eine Vertriebs- und PR-Vita im Laufe der letzten Jahre mir angeeignet, habe in Berlin lange gelebt, bin 2015 nach Leipzig zurückgezogen, hatte in Berlin schon die nachhaltige Modemarke gegründet, wollte eigentlich immer in die konventionelle Modeindustrie. Das hat aber nicht so richtig geklappt. Mich wollte man da nicht. Fand ich immer sehr schade, weil ich hier, ich wollte meine Expertise ausbauen, Berufserfahrung sammeln und mir genau anschauen, wie das eigentlich so funktioniert, nicht nur eine Kollektion zu gestalten, sondern auch wie läuft denn eigentlich so eine Produktion ab? Also das war schon immer auch ein Hauptschwerpunkt bei mir in den Praktika's während des Studiums und auch vor dem Studium und nach dem Studium. Genau, ich habe 2000 bis 2015 in Berlin gelebt, habe dort auch für für Film und Fernsehen gearbeitet, habe selber auch Kostüme genäht, das kann auch selber sehr gut nähen. Da bin ich mal abgesehen, bin dann nach Leipzig zurückgezogen und dann ging es für mich beruflich eigentlich erst, ja, würde ich sagen, so richtig los, also da vor dem Berlin war auch schon ein bisschen was los, habe meine erste Kollektion gelauncht, die war dann auch im Deutschen Guggenheim Museum ausgestellt, bin dann auf den klassischen Messenausstellerinnen gewesen, Frankfurter Messe ist ja einer der größten Messeanbieter, also auf der InnerTex und damals in Berlin war es der Green Show, war da auch jeweils immer Design Discovery und Newcomer, also hatte da schon einen kleinen Fokus. Und ja, habe dann Messevertrieb an Läden verkauft, die Kollektionen gezeigt und habe Vertriebserfahrung B2B nennt man das, also Business to Business und Business to Customer, also Customer jetzt die Endverbraucher*innen, also bei mir Endverbraucher*innen, weil ich eine reine Damenkollektion bis jetzt habe, habe ich mir angeeignet, bin ich 2015 zurück, habe dann auch Freelance angefangen zu arbeiten für andere kleinere Brands als Designerin und auch schon in der Produktentwicklung. Darüber habe ich auch den Florian vom DNK kennengelernt. Also ich kenne ihn schon eine ganze Weile und er und sein damaliger Co-Founder von einer kleinen Marke in Leipzig, nachhaltigen T-Shirt Marke mit Kunstdrucken drauf, haben in Eibenstock schon produzieren lassen, also in der Textilmanufaktur, die ich dann 2019 gekauft habe.

Karo
Ich wusste gar nicht, dass der Florian auch aus der Branche kommt, aus der Richtung.

Maria
Das darf ich dir bestimmt nicht erzählen. Wir hatten ja schon beim BNK gewisse Dinge, dürfen wir nicht sagen. Eigentlich war es mehr sein, genau, Mitkollege. Er war ja auch in einer beratenden Funktion tätig. Ja, also darüber bin ich dann auch in Textilmanufaktur Barbarowski gekommen, habe dann meine eigene Kollektion auch dort produzieren lassen, weil mir das schon immer sehr am Herzen lag, lokal zu produzieren aufgrund der kurzen Kommunikation und auch transportfähiger. Es war mir immer extrem wichtig. Auch die nachhaltige Modemarke von mir, die war von Anfang an nachhaltig. Also damals war das Thema nachhaltig sauberer Stoffe noch naja gut, nicht in den Startlöchern, würde ich nicht sagen, aber nicht so weit entwickelt wie jetzt. Das heißt, ich habe angefangen mit Naturfasern zu arbeiten, also klassisch Hanflein und Wolle, bis das dann später wirklich dahingegösslich entwickelt hat, dass ich auf Zertifizierungen zurückgreifen konnte oder auch auf neuere Stoffentwicklungen. Genau, wir haben das produzieren lassen. Meine Marke ist mit in die Textilmanufaktur Barbarowski rein und 2019 rief mich dann Frau Barbarowski selber an, hatte alle Kunden darüber informiert, dass sie aus gesundheitlichen Gründen und als Altersgründen die Manufaktur schließen wird. Und das hatte mich natürlich total getroffen. Ihr könnt euch vorstellen, du hast eine Modemarke, hast eine lokale Infrastruktur, die funktioniert. Ich hatte ja mehrere lokale Produktionen auch ausgetestet. Ich sage immer mit dazu, die Kommunikation muss stimmen, z.B. bei Partnern, das ist einfach so egal, wo du arbeitest. Das ist, finde ich auch, ein ganz wichtiger Punkt für uns alle, dass die Kommunikation stimmt und dass man da auf einer Wellenlänge ist. Hab dann mit Frau Barbarowski auch jemanden gefunden, auch mit dem gesamten Team und dann schließt sie. Und das war für mich natürlich erstmal so wow, was macht das?

Karo
Sie übernehmen den Laden.

Maria
Nicht direkt, aber fast. Ja, hatte dann noch mal überlegt, gehst du jetzt nach Polen oder Tschechien? Das war für mich aber keine Option, weil ich ja damals schon um die niedrige Lohnstruktur wusste und ich das mit meinem Gewissen überhaupt nicht vereinbaren konnte. Damals war natürlich der Mindestlohn auch noch in Deutschland recht niedrig. Da haben wir gestartet bei 8,65 Euro, meine ich. Ich war schon bei 9,25. Also es kam für mich alles nicht in Frage. Und dann habe ich, wie lange habe ich überlegt, ich glaube ich habe drei Nächte darüber geschlafen. Und dann bin ich aufgewacht und aufgestanden und dachte mir so, du musst die Manufaktur kaufen. Und ja, habe sie dann angerufen. Ich habe gesagt, Frau Barbarowski, wie sieht es denn aus? Wie finden Sie das? Fand sie überhaupt nicht gut.

Karo
Ach so?

Maria
Also in der Nachfolge, wir gehen ja später auch noch mal drauf ein, es kommt nicht immer so gut an. Das kommt immer darauf an, in welcher Region bist du, weil wir das an der Presse ja mitverfolgen. Nachfolge wird dringend gesucht. Das kommt nicht immer positiv an. Das ist aber auch verständlich, weil eine Nachfolge für beide Seiten extrem viel Arbeitsaufwand beinhaltet. Und da beginnt eigentlich schon der Transformationsprozess. Weil ich sage es mal Ihnen, ihr seht jetzt die Anführungsstriche nicht, aber du siehst sie.

Karo
Ich sehe sie, ich bestätige.

Maria
Neu ohne Anführungsstriche trifft auf "alt" in Anführungsstrichen. Das ist wirklich so. Also ich habe eine Lohnproduktion, wir sind Lohnkonfektionäre. Man nennt uns auch serieller Fertigungsbetrieb. Wenn wir sagen Textilmanufaktur oder Textilproduzentin denken, wir bedrucken Stoffe oder weben selber Stoffe. Deswegen sage ich es noch mal dazu, wir sind Lohnkonfektionärinnen. Das heißt, wir nehmen Bekleidung für andere Marken und für unsere Eigenmarke. Und wir sind da schon mitten im Transformationsprozess gewesen. Das war mir gar nicht bewusst. Und wie man sich denken kann, ist das in Deutschland auch nicht besonders leicht. Sie wollte ganz, ganz schnell die Firma loswerden. Also ganz, ganz schnell. Im Erzgebirge ist es so, wenn die Leute sich was in den Kopf gesetzt haben, muss das ganz, ganz schnell gehen. Es gibt kein Verständnis dafür, dass es bürokratische Infrastrukturen gibt. Weg damit ist mir egal und was mit den Mitarbeiterinnen wird, ist mir auch egal. Das hat schon wehgetan, das zu hören, wenn jemand so eine lange berufliche Vita wie Frau Barbarowski hat und dann so einen kurzen Prozess macht. Ich kannte die Mitarbeiterinnen alle, ich kannte die gute Qualität, die sie liefern, ich kannte die berufliche Laufbahn aller. Dann habe ich gesagt, es geht nicht. Dann hat sie gesagt, ja, nein, es ist jetzt zu anstrengend, sie verkauft mir den Betrieb nicht.

Karo
Wahrscheinlch hat sie es bis zur letzten Minute ausgehalten, die sie noch durchgehalten hat.

Maria
Ja, richtig.

Karo
Ich meine, das ist dieses Unternehmer-Ding. Also, als wenn der Arm ab ist, gehen wir...

Maria
Sie ist auf dem letzten Zahnfleisch gekrochen, auf dem letzten Pfiff. Also wirklich körperlich auch, schwierig. Und ich habe das vergessen, wie ich es geschafft habe. Vielleicht ist es auch ein kleines Trauma gewesen, also können wir auch später nochmal darüber reden. Es sind auch bei mir einige Traumataas entstanden. Habe ich es dann doch geschafft. Ich habe sie überredet und sie hat mich dann unter Tränen angerufen und gesagt, Frau Seifert Sie haben einen Rechtsverkauf in dem Betrieb. Und dann ging es los. Und wenn ich sage, es ging los, dann ging es wirklich richtig los. Dann wurde ja alles durchleuchtet, wir mussten uns die Arbeitsverträge anschauen. Die Umformierung hat stattgefunden, weil den Namen natürlich zu Textilmanufaktur Barbarowski gab es vielleicht an Handelsregister ein. Es gab nicht mal die Handwerkskammer oder IHK-Mitgliedschaft, es gab fast keine Öffentlichkeit, es gab keine Homepage, es gab eine private E-Mail-Adresse. So muss man sich das vorstellen. Und das natürlich jemanden, der 15 Jahre in Berlin gelebt hat, schon eine eigene kleine Mode Marke am Start hatte, eine eigene Homepage. Ich bin da rein gedacht, was ist hier los. Aber so sind nun mal die Zustände im Erzgebirge. Und ja, das hat natürlich auch seinen Grund, warum die Entwicklung so gelaufen ist. Es gibt eine lange Tradition im Erzgebirge, Lohnkonfektion und Stickerei sogar. Es gab auch Textildruck. Wir hatten in Eibenstock die Amerikanische Botschaft, weil die Stickerei, die Stickereikunst so bekannt war international. Es waren dort bis zu 1500 in Stickereien beschäftigt in der Region, bis kurz nach der Wende. Und dann ist halt alles Schritt für Schritt ins Ausland gegangen und dann wurde reduziert. Und das auch in der Textilfertigung. Genau, und dann bin ich ein bisschen abgeschwiffen jetzt vom Thema.

Karo
Aber das war total spannend. Natürlich habe ich Fragen dazu. Ich meine, du hast ja selber schon ein paar Sachen angesprochen, die ich nachfragen würde. Aber eine Sache, die mich sofort gefragt hat, wenn das für die Frau Barbarowski offensichtlich sehr schwer war, natürlich. Ich habe mal bei dir auf die, weil du machst Social Media unter anderem, hast natürlich auch eine Website und alles. Wir haben mal alles in die Show-Notes rein, da kann man dann alles nachgucken. Auf Instagram habt ihr diese Kampagne "I made your clothes", wo eure Teammitglieder auch zeigen, wer die Klamotten macht. Im Schild, das ist ganz interessant. Und da habe ich zum Beispiel Ines gefunden, die ist seit 40 Jahren im Unternehmen. Wie geht das jemandem, der 40 Jahre im Unternehmen ist? Ich meine, das war sicherlich erstmal ein Schock, dass das zugemacht werden soll. Definitiv. Wie geht es so jemandem jetzt mit der Veränderung?

Maria
Ihnen ist es leider nicht mehr bei uns. Ihnen ist es krank geworden. Ohne gute Besserung und alles Gute. Ja, schon seit einem Jahr sehr schade, dass sie aus dem Team ausgeschieden ist. Aber das wäre nicht mehr, das ist einfach wirklich schade. Aber nichtsdestotrotz sind ja viele andere Mitarbeiterinnen bei uns auch schon lange im Unternehmen. Das ist eine berechtigte Frage, die natürlich viele auch interessiert. Wie geht's? Also das war damals natürlich ein Schock. Frau Barbarowski hat das jetzt auch. Ich würde mal sagen, sie hat ja jetzt auch die Führungsmentalität von Menschen wie uns. Die ist eine andere als von Menschen, sage ich mal kurz vor der Rente in Eibenstock, in der Region, die auch wirtschaftlich ein bisschen vergessen wurde in den letzten Jahren. Wir gehen empathischer, diverser mit Veränderungs- und Transformationsprozessen um. Das kann man da unten nicht voraussetzen. Das heißt, die Mädels wurden eigentlich sehr kurzfristig vor vollendete Tatsachen gestellt. Das ist nicht fair. Da sind auf beiden Seiten Wunden entstanden. Da ist nicht viel investiert worden in wie arbeitet ein Team miteinander? Wie macht man Mini-Meetings? Holt man das Team ab? Wie implementiert man in so eine Firma und in so einem Team eigentlich einen Arbeitsalltag, der informativ ist, der weitergeht, der auf eine Weiterentwicklung hinausläuft? Dort wird Arbeit von Plan nach Vorschrift gemacht. Du kommst früh und dann gehst du abends und dazwischen passt nichts. Da passen keine Themen rein. Das kann man sich gar nicht vorstellen. Das ist für uns in Städten wie Dresden, Leipzig, Berlin und größeren Städten und der anderen völlig unvorstellbar. Da gibt es keine Themen. Du gehst dahin, machst deine Arbeit und gehst.

Karo
Naja, ich kann es mir schon vorstellen. Ich komme selber aus einer Unternehmervergangheit in der Familie und habe dieses konservative Unternehmertum kennengelernt. Das ist gar nicht so weit weg davon. und folgt.

Maria
von dem was du sagst. Das ist denen auch egal. Das war schon ein Schock und für die Mädels halt auch ein Schock. Und dann haben sie aber relativ schnell gehört, dass ich übernehme und Christine, unsere Produktionsleiterin, kannte mich ja auch schon relativ nah. Du warst Kundin, ne? Du warst ja schon. Und wir waren uns auch sympathisch. Das heißt nicht, dass sie mir gleichwohl gesonnen war, aber es war erstmal eine Sympathiebasis da. Und das hat es, haben wir dann alle später auch bestätigt, hat es für sie etwas erträglicher und einfacher gemacht. Das war so der positive Aspekt davon.

Karo
Aber sie haben es mal, aber sie machen es mit. Also ich kann mir jetzt nur vorstellen, wenn du sagst, vorher war halt auch keine Website da und so weiter, dass es da ja wahrscheinlich, ich weiß nicht, es gibt da auch sowas wie eine technologische Transformation, Modernisierung, Digitalisierung, wie muss ich mir das vorstellen, wenn man so ein Unternehmen übernimmt. Kann mir vorstellen, dass da auch eine ganze Menge neue Sachen kommen, die man neu lernen muss.

Maria
Also die Digitalisierung, das ist ja für uns eigentlich wirklich richtige Zukunftsmusik, leider noch, da kann ich gleich nochmal drauf eingehen. Wenn man das aber so beschreiben möchte, ist die Digitalisierung durch eine funktionierende Homepage und durch auch ein digitales Angebot des Leistungsspektrums schon passiert gleich von Anfang an. Und das war, man mag es wirklich kaum glauben, für die Mitarbeiterinnen Aufregung. Also das ist nicht Aufregung im negativen Sinne, sondern es war aufregend, das mitzuerleben. Wir haben jetzt eine eigene Homepage, da stehen Inhalte, dann sind wir jetzt eine nachhaltige Textilmanufaktur, da steht ganz viel über Nachhaltigkeit. Man kann jetzt unsere Telefonnummer im Internet lesen, findet eine E-Mail-Adresse, kann uns ansprechen und uns anrufen.

Karo
Und die Gesichter auch?

Maria
Die zeigen wir jetzt nicht auf der Homepage, nur sporadisch oder stellen das Team nicht mehr im Einzelnen vor. Achso, diese Kampagne ist abgeschlossen? Nee, die Kampagne wiederholen wir mal einmal im Jahr, das ist ja von "Who made me close", das ist ja eine internationale Kampagne anlässlich des Einsturz in Rathenau-Plaßes, Fabriegebäudes.

Karo
Diese Kampagne ist abgeschlossen. Die Kampagne wiederholen wir einmal im Jahr. Das ist ja von Who Made Me Close. Das ist ja eine internationale Kampagne. Anlässlich des Einsturzs an Rathenau-Plazes, Fabriegebäudes. Ich wusste gar nicht, dass das zu einer größeren Kampagne gehört.

Maria
ganz große Kampagne, die immer um den in der Woche vor den 24 April läuft. Und da zeigen wir halt gerade mit diesen Schildern "I made your clothes" oder mit der Frage "Who made your clothes" zeigen wir die Mitarbeiterin nochmal. Das greifen wir auch wieder jetzt jedes Jahr auf. Das dient aber auch euch Endkonsument*innen, also "Eich" Klingt immer so, also euch Konsument*innen auch nochmal, sind die, die das machen. Sie können sich daran alle beteiligen, mit diesem Zettel auf ihren eigenen Social Media Kanälen im WhatsApp Status zeigen und auch einfach mal die Brands öffentlich anfragen. Wer näht hier eigentlich meine Kleidung? Bist ihr das eigentlich? Die Fragen kann man stellen. Also es gibt auch die Konsument*innen, wie wir jetzt privat, die dann einfach einen Hashtag und ein Add an H&M machen und sagen "Hey, wer näht denn eigentlich mein T-Shirt?" Das ist so der Hintergrund und an der Sache beteiligen wir uns auch. Aber davon abgesehen sind wir tatsächlich einer der, ja jetzt hier bei uns regional fast die einzige Produktionsstätte, die damit angefangen hat, wie eine virtuelle Gläserne Manufaktur zu sein in einem gewissen Rahmen. Also auch ich achte auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse und ich schütze die Identitäten meiner Mitarbeiter*innen. Wenn da was nicht gezeigt werden darf oder gezeigt werden möchte, dann ist das so. Aber wir zeigen schon relativ viel aus dem Arbeitsalltag und auch die Mitarbeiter*innen. Und auch, dass wir Social Media Kanäle haben. Das war auch schon ein Riesending. Was ist denn das überweise Instagram? Das waren so die ersten "digitalen Steps" und die Zukunft sollte sein, dass wir digitalisieren können. Das ist der Zuschnittbereich, ist eine Rieseninvestitionssumme und hier sind wir aber auch interessiert daran, KI, wie KI mit einzubinden. Also das wäre nochmal, wenn uns jemand zuhört, der in dem Bereich Erfahrung sammelt oder der vielleicht ein Forschungsprojekt hat, ob ein zuschnitt, digitaler Zuschnitt für eine Lohnkonfektion KI-basiert gesteuert werden kann zum Teil. Ich melde mich freiwillig. Das ist so die Zukunft, dass wir digitalisieren den Zuschnitt. Maschinen, also dass wir eine reine Produktion digitalisieren, also dass, ich sag jetzt mal, unterschiedliche "Need Steps" digital gemacht werden, das wird schwer. Das wird wirklich schwer, eine Maschine so zu programmieren, die Qualität abzuliefern und die Fehlerquote zu sehen, die ein menschliches Auge sieht. Oder die kleinen Handkniffe hinzubekommen. Ich denke, das wird in der Forschung noch sehr lange brauchen.

Karo
Es ist jetzt vielleicht auch gerade gar nicht das Ziel, also wenn ich gerade mit dem "I made your clothes" und also die Vorstellung, dass da dann weiß ich nicht, das Schild in irgendeiner Maschine steht.

Maria
Ja.

Karo
Also mir, ich weiß auch nicht, mir macht das unbehagen.

Maria
Richtig. Ich finde es gut, dass du es ansprichst. Also es geht ja im Moment sehr weit auseinander. Wir haben sehr viele Unternehmen, die total digital innovativ und KI basiert, jetzt in die Öffentlichkeit sprießen. Und dann gibt es die komplette Kehrwende. Das sind wir, das ist das Handwerk. Also in der Öffentlichkeit, in der Presse gibt es auch zwei Hauptschwerpunkte. Das ist KI und das ist das Handwerk. Studieren wir, bilden wir uns höher weiter, in Anführungsstrichen, weil ich finde das immer blöd, so was zu sagen. Oder machen wir einen handwerklichen Beruf, gehen wir in eine Berufsausbildung. Das sind jetzt zwei riesengroße Themen gerade in der Presse.

Karo
Ja, aber es hat dann letztendlich meine Innovation und Wandel und Digitalisierung spielt ja dann trotzdem ein bisschen. In beiden die gleiche Rolle.

Maria
Richtig, es sollte Hand in Hand gehen. Und ich finde es total schön, dass, also unser Hauptschwerpunkt ist ja das Handwerk. Und ich finde es schön, dass ich es sperre mich nicht der Digitalisierung, also der Modernität oder der Digitalisierung und einer KI-basierten Arbeitsweise. Ich sperre mich davor gar nicht. Aber ich sperre mich vor dem Gedanken, dass ich nicht mehr hauptsächlich mit Menschen zusammenarbeiten kann oder dass das Gesicht meiner Mitarbeiterin, das ist der Hauptsympathieträger für alle unsere Kundinnen, zu sehen, dass zum Beispiel eine Heike ihre Bluse zusammengelegt hat und sie ordentlich verpackt hat und sie an sie geschickt hat, vielleicht noch mit einem lieben Kruster drin. Oder dass eine Christine die Bluse zusammengenäht hat und dass dann die Rosi die Seitennähte geschlossen hat oder dass ich zum Beispiel stehe auch im Zuschnitt. Ich bin ja im Handwerk mit tätig, schneide den gesamten Zuschnitt und schneide auch sehr viel selber zu, dass dann die Maria und der Philipp den Zuschnitt der Bluse gemacht haben. Also das ist ja auch, ja viele legen es immer so aus, es ist nur reine PR oder Presse. Wir zeigen uns einfach nur. Wir wurden ja immer unter den Tisch gekehrt. Die Produktion, also die Textilproduktion, das wurde ja nie gezeigt. Wer steht denn eigentlich dahinter, wer näht denn eigentlich? Guck mal, die nähen. Die sitzen da sieben Stunden am Tag an der Nähmaschine und hauen dir 200 Blusen zusammen eine Woche. Und das ist so, das ist nicht attraktiv gewesen, das wollte auch keiner wissen. Und jetzt langsam wird es attraktiv und das freut mich daran und das möchte ich gerne erhalten. Weil so wie wir Häuser mit noch großen Teilmenschenhänden bauen oder dein Auto durch Menschenhände repariert wird, wird deine Bekleidung durch Menschenhände hergestellt und das verdient endlich Aufmerksamkeit und das hat viele Jahre einfach gelitten.

Karo
Also, ich hab ja das, aber das ist vielleicht bloß ein, als was mir da meine Bubble zuspielt quasi, aber ich hab schon den Eindruck, dass Manufaktur, also das Arbeit mit den Händen, do it yourself, in irgendwie wieder in Mode absolut kommt, in Trend, ist auch irgendwie so ein back to the roots. Merkst du das auch? Kommen mehr Leute bei dir an, die a) sagen, ich möchte dieses nachhaltige Handgenähte, dieses Persönliche und auf der anderen Seite auch Leute, die vielleicht selber bei dir arbeiten wollen, als Näherin? Ja, ist da ein Unterschied?

Maria
Bei der auf Kundinnen-Seite ja, da merke ich einen Kundenunterschied, vor allem die etwas kleineren Marken und die größeren Marken, die daran Interesse haben. Also wir haben auch schon für eine sehr, sehr große Sportmarke aus Deutschland einen Musterprozess hinter uns gebracht letztes Jahr. Da konnten wir aber leider in der Preisgestaltung nicht überzeugen, muss ich mit dazu sagen, es ist halt schade, aber ich will damit sagen, dass Interesse besteht auf dem Kundinnen-Seite, Markenseite. Auf Mitarbeiterinnen-Seite bin ich ehrlich nein. Also wir haben Bewerbungen, wir sagen immer gerne Quereinsteiger*innen, wir wollen ja mehr Integration, mehr Diversität, haben vereinzelt Anfragen und die standen auch letztes Jahr in Bewerbungsgesprächen und Prozesse, schwierig, ganz schwierig. Und das liegt nicht daran, dass wir unattraktiv als Team sind, die meisten fühlen sich bei uns super wohl, sondern dass die Arbeitseinstellung sich komplett geändert hat. Man muss jetzt dazu sagen, ich bin auch für eine Personalberatung tätig, für ein Motorfach und Einzelhandel, wo wir Führungskräfte für große Marken einstellen in den stationären Einzelhandel. Wir kennen diese Problematik und wir diskutieren das sowohl bei mir in der Firma, in der Textilmanufaktur, aber auch bei unserem Flächeltenbüro, so heißt die Firma, für die ich noch tätig bin. Es ist Wahnsinn, wie wenig Lust hat die Generation nach Abitur oder nach 10. Klasse, sich wirklich reinzuarbeiten, in den Berufsalltag zu stürzen. Also wir hatten jetzt, es war super traurig seit Januar, einen Onboardingprozess für eine Auszubildende. Wir fanden die Auszubildende super, sie fand die einfach ganz toll von ihrer Art und wie sie war. Und das Ende vom Lied ist, wir wurden dann gegostet. Wir wissen nicht mal, warum es nicht zur Ausstellung des Ausbildungsvertrags kommt. Oder wir haben dann ein Beispiel gehabt, auch eine Mitarbeiterin, die wir gerne in den Zuschnittbereich hätten wirklich richtig eingearbeitet, die hat auch schon Expertise mitgebracht, entscheidet sich dann während der Arbeitssuche kurzerhand, die haben jetzt zugesagt, dann gehe ich dahin. Also hat uns noch nicht mal die Chance gegeben, uns in einem Probearbeitstag mal näher kennenzulernen. Da unten die Mentalität, ich muss es leider immer mit dazu sagen, ich war ja auch schon in anderen Interviews, auch regionalen Zeitungen, wo ich das auch immer anspreche und auch gerade die Journalistinnen, auch immer nicken, wenn ich das sage, Erzgebirge, Mentalität. Ich nehme da niemanden in Schutz, ich habe da investiert und das habe ich sehr gerne gemacht und ich bin gerne an einem Stock. Aber wenn es mit der Arbeitseinstellung da unten sich nicht von den Menschen weiterentwickelt, da kann man nicht immer nur der Politik einen Vorwurf machen, wird das nichts. Das wird wirklich nichts. Und es fehlt vielen an Arbeitseinstellungen, es fehlt vielen eine Begeisterung für einen Beruf zu entwickeln. Auch für so ein, also vielleicht jetzt, es ist auch unser spezieller Fall, aber klar wissen wir, dass das Handwerk weniger Interessent*innen hat als jetzt vielleicht eine Bürotätigkeit, weil das auch eine Bürotätigkeit vielleicht körperlich noch nicht so anstrengend ist. Aber auch das unterschätzen viele, auch wenn du in Büroarbeitest, musst du dich körperlich fit halten. Also egal was du machst, du bist für deine eigene Gesundheit verantwortlich.

Karo
Ja, Shoutout an meine Bandscheibe.

Maria
Und das ist wirklich ein riesen Thema, keine Kritik an, also ich bin echt Metaebene, was das angeht, aber ich kann da nur den erhobenen Zeigefinger in beide Richtungen geben, also sowohl die Politik muss uns steuerlich entlasten, dass wir noch bessere Gehälter zahlen können, dann wird es nochmal attraktiver. Aber das ist auch ein sehr großer Bedarf, aber auch die Einstellung der Menschen arbeiten zu gehen, ist für uns jetzt unvorstellbar.

Karo
Naja, nee, eigentlich nicht. Ich arbeite ja relativ viel mit jungen Leuten zusammen und mache so Ehrenamtprojekte. Ich hatte jetzt mit einem Verein zusammen ein Projekt gemacht mit Schülerinnen und Schülern und Leuten aus der Wirtschaft, die dann auch einfach mal auf Augenhöhe miteinander gesprochen haben, was sie so an Arbeit erwarten. Und die haben so Personas gemacht. Es war so ein Design Thinking Workshop, nannte sich "Worklap Challenge der Wirtschaftsunion". Und das war sehr, sehr interessant, weil was wir gemerkt haben ist, und das ist auch das, was zum Beispiel die Shell-Jugendstudie jetzt wieder gezeigt hat, die haben durchaus, also die, ne? Wir reden jetzt hier nicht über die, die Generation. Ich meine natürlich alle und alle sind gleich. Nein, aber was sich halt schon zeigt, ist eine starke Leistungsorientierung, aber auf der anderen Seite auch wirklich düsteres Bild von Arbeit. Und wenn man die fragt, woher... Dann muss man sagen, das sind wir, das ist deren Elterngeneration, die wirklich auch in Düster, die eigentlich warnen vor Arbeit. Die ein warnendes Bild sind vor Arbeit, die haben die Ausbrände erlebt, die haben nie Zeit gehabt. Und wenn man in den sozialen Medien schaut, die darüber, die zwei Generationen darüber, wenn die über Arbeit reden, dann warnen die durch ihre eigenen Erfahrungen. Und ich glaube, es ist sehr wenig Raum bei diesen Narrativen von Arbeit für diese Gestaltungsmöglichkeit, die unsere heutige Zeit eigentlich bringt.

Maria
Richtig.

Karo
Weil die haben wir ja. Also ich meine, ich rede jetzt hier aus einem Softwareunternehmen, wo wir ja sehr, sehr viel Gestaltungsmöglichkeit auch haben. Das ist ja unser Ding bei Sandstorm, so eigene Freiheiten und eigene Verantwortung. Produzierendes Gewerbe, kannst du mehr darüber sagen. Aber trotzdem sind wir uns, glaube ich, einig, dass es heute ganz anders ist als vor zehn Jahren oder auch auf fünf Jahren und auch dieser starke Arbeitnehmer-Arbeitsmarkt da eine Rolle spielt. Aber diese Möglichkeit, das zu gestalten und das, was auch schön daran ist, das sehe ich eben wenig. Und die Kids, die haben echt Angst davor gehabt. Die haben richtig zusammen gesessen und dann haben die Unternehmerinnen mal erzählt und haben eigentlich gesagt, das wird ehrlich zu sein, ich schleppe dich jeden Tag auf Arbeit und mache Dinge und zähle die Minuten, bis die Freizeit wieder anfängt. Sondern das ist schön und das macht mir Spaß und da kann ich mich und die Antwort war wirklich, Mensch, da bin ich jetzt richtig erleichtert. Und der Wunsch von den Schülern, Entschuldigung, das ist gerade mein Thema, aber der Wunsch von den Schülerinnen und Schülern, das Design Thinking Workshop, das heißt, die machen auch Vorschläge von, was soll man denn machen? Und was durch die Bankweg-Sachen wie Praktika, Kennenlernen, Zeit miteinander verbringen, eine einfache Art ins Unternehmen zu kommen und den Alltag kennenzulernen, Austausch wirklich mit Leuten, die irgendwo arbeiten, die wirklich mal erzählen, wie ist es denn im Alltag. Dinge, wo man sagen könnte, echt, jetzt kommen die auch wieder mit Praktika. Ich meine, das ist jetzt nicht innovativ, aber die haben einfach super wenig Kontakt durch die Schule. Die kriegen von ihren Eltern so ein negatives Bild, so Aussagen wie, wenn du denkst, Abi ist schon schwer, dann geh mal einen Tag arbeiten.

Maria
Warum sagen wir so was zu Schülern?

Karo
Ich weiß es nicht. Ich fand Abi sehr schwer.

Maria
Ja, ist es auch.

Karo
Okay, jetzt bin ich jetzt, das war ich auf einem kleinen Exkurs, aber, und ich weiß nicht, ob das übertragbar ist, aber das ist eine Erfahrung, die ich jetzt in letzter Zeit oft mache, dass die Vorstellung von, was ist Arbeit bei der Generation wirklich nicht schön ist und da können die nur bedingt was dafür, weil wir, unsere Eltern, unsere Zeit, unsere Generation einfach kein schönes Bild davon vermitteln. Die, die so schönes Bild vermitteln können, tun es nicht oder kommen nicht oder werden nicht gesehen oder ich weiß nicht, vielleicht liegt es auch an Algorithmen, wie auch immer.

Maria
Ja, ich gehöre jetzt zu der älteren Generation, die, jetzt werde ich mal privat, mache ich eigentlich recht selten, aber ich finde das passt gerade einfach wunderbar, weil ich dieses Jahr persönlich auch eine ganz tolle Erfahrung mit meiner Tochter machen durfte, die ist ja 15. Sie hat natürlich immer eine alleinerziehende Mutter erlebt, also ich bin hier seitdem sie drei ist alleinerziehend, das heißt, ich habe ja bei meiner ganze berufliche Entwicklung auch alleinerziehend genommen. Und sie hat ein anderes Bild bekommen dadurch von Arbeit. Es gibt natürlich auch Mütter, die reduziert arbeiten in der Zeit, das habe ich auch eine Weile gemacht und ich habe aber immer total, ich mag arbeiten, ich arbeite gerne, es ist aber auch, ich bin ja auch Motodesignerin, das wird sich jetzt hier erheben, die ist ja auch Motodesignerin, ich mache jetzt natürlich auch sehr praktische Arbeit, handwerkliche Arbeit, ich bin sehr interessiert an Zahlen, an technischen Abläufen, an Umstrukturierung, das ist jetzt nicht so die glossy shiny Mode Designer Evita. Und sie hat das halt immer vermittelt bekommen, sie hat das immer miterlebt, die Mama ist halt viel am Arbeiten und sie hatte jetzt ihr Schulpraktikum und das hat sie, hat ja viele Ablehnungen bekommen, das ist ja auch schon hart, dass die Kinder, dann haben sie den ersten Kontakt, 14 Tage für ein Schulpraktikum. Ich glaube mein Tochter hat 40 Bewerbungen geschrieben, weil die Plätze nicht da waren, das ist schon mal ein Signal, was wir an die Kinder nicht senden dürfen.

Karo
Das ist schon, weil dort so wenig Praktikum Plätze gibt? Also war das auch in Eibenstock?

Maria
Nee, das war jetzt in Leipzig.

Karo
In Leipzig?

Maria
Ja.

Karo
Für ein Schülerpraktikum?

Maria
Ja.

Karo
Also ich sag mal, mein Sohn ist 16, alsi nocht vergleichbar.

Maria
Also nicht vergleichbar. Und in meinem Freundeskreis erleben, dass die Kinder auch ähnlich, also es ist ähnlich schwer. Sie hatte dann jetzt ein Praktikum in einem total süßen Secondhand-Laden in Leipzig bekommen. Selber auch Mutti von der Tochter, auch alleinerziehend viele Jahre. Also war ein anderes Verständnis sofort da und die hat aber auch sofort gesagt, ja klar, fängst bei uns an. Und aus dem Praktikum raus und sie da, ihr hattet super viel Spaß gemacht, sie hat Verantwortung übernommen, hat auch zum Teil mal geübt, wie ist denn das, wenn du Social Media mit einbindest, aus dem Praktikum raus und sie haben, dann wurde sie direkt gefragt, ob sie in jedem der Schule dort arbeiten möchte und sie nimmt das an. Und ich war so, okay, wow, du musst das nicht und um Gottes Willen, nee Mama, ich will das und das freut mich einfach, dass ich bei meiner Tochter miterleben darf, dass sie das arbeiten gehen, das hat sie gut verinnerlicht, auch durch meine Familie. Ich komme ja auch aus einer Unternehmerfamilie, meine Mutter hat ja vier Geschwister, mein Papa einen Bruder und gerade die Geschwister von meiner Mutter und meiner Mutter selber alles Selbstständige gewesen. Bei uns wurde, da hast du recht, ein anderes Bild gezeichnet und das hat abgefärbt und ich habe dann zum ersten Mal gemerkt, wie toll ich das finde. Dass sie keine Angst davor hat und keine Scheu hat und dass sie arbeiten geht und das in Erwägung zieht und das einfach ausprobiert.

Karo
Es geht immer um Vorbilder und um Erfahrungen, wie wir geprägt werden. Spielt das Thema, ich meine, man kann das jetzt so subsumieren unter so einer Überschrift wie New Work oder wie auch immer irgendwie einen Arbeitsplatz, der einem Lust macht, da zu arbeiten. Spielt das bei euch eine Rolle? Also hat dieses Thema Nachhaltigkeit, was du mitgebracht hast in Unternehmen, hat das mehr Dimensionen als Ökologische? Und wie wirkt sich das aus in so einem produzierten Gewerbe? Ganz oft, gerade wenn wir darüber reden, dann heißt es, naja, gut Softwarebranche, ihr könnt ja quasi machen, was ihr wollt, aber kommt mal ins produzierende Gewerbe, da geht das alles nicht mehr. Wie hat sich das verändert, der Alltag? Weil ich nehme mal an, das Ziel ist dann, dass eure Teammitglieder auch ihren Kindern ein positives Bild in Zukunft von Arbeit vermitteln können.

Maria
Bei uns im Handwerk macht sich das dann deutlich durch die Werte und Inhalte, die wir vermitteln. Dass unsere Mitarbeiterinnen für ein Unternehmen arbeiten, wo sie erstmal spüren, da werden Werte vermittelt, da wirst du respektiert. Das ist ja im Handwerk, ist das ja nochmal ein spezielles Thema. Das ist ja in vielen Büros schon angekommen, aber bei den Handwerksbetrieben noch nicht. Da hat zum Teil ein richtig rauer Ton geherrscht. Also wir mussten auch erstmal intern die Kommunikation, also habe ich auf ein Level gehoben, dass respektvoll miteinander umgegangen wird, dass man aufpasst, was man zueinander sagt, dass es eine Kommunikationsstruktur auch für Kritik gibt und dass man, ich sage es mal ganz salopp, ich musste den Mitarbeiterinnen beibringen, dass wir zuerst etwas Positives sagen, weil darauf lege ich Wert, und dann das in Anführungsstrichen vermeintlich Negative. Und dass wir da nicht sagen, das ist was Negatives, sondern es ist halt nicht gut gelaufen, das müssen wir das nächste Mal besser machen. Fehler gehören dazu, auch Fehler wieder in Anführungsstrichen oder dass Kommunikationsschwierigkeiten mit Kunden bestehen, das ist nicht immer unsere Schuld. Nehmt, und das wir ihnen beibringen mussten, nehmt das nicht mit nach Hause. Lasst das nicht eure Seele auffressen, lasst das hier in der Firma. Also ich muss ihnen auch wirklich beibringen, lasst es bitte hier, dafür ist eine Arbeitsstätte da. Ihr seid privat, seid ihr privat, da seid ihr für eure emotionale Gesundheit. Und die körperliche Zuständigkeit, da kann ich euch nicht helfen, ich kann euch hier helfen, dass das Arbeitsklima und eine gute Kommunikation herrscht. Aber lasst das bitte in die Firma und versucht abzuschalten erst mal das. Also das klingt jetzt wie das andere Unternehmen, ich denke mal sie sind bei denen los, aber so ist es bei uns nun mal gewesen. Also das heißt, ich habe jetzt bestimmt, und das ist auch ein weiterer Transformationsprozess bei uns intern, ich muss immer wieder daran arbeiten, dass wir eine gesunde, freundliche Kommunikation haben. Und die ist auch da und wir sind auch ein lustiger Haufen und das macht auch Spaß bei uns. Aber wenn der Stress ausbricht, muss ich immer kurz nochmal so, wir rudern zurück, tief durchatmen, kein Stress. Also im Moment, der Stress kippt ja dann, also da mussten wir viel dran arbeiten, das was vielleicht in anderen Unternehmen, vor allem in größeren Städten schon längs gab und gäbe, ist, dass da eine freundliche, zuvorkommende, wertschätzende Kommunikationskultur der Grundpfeiler ist. Also wir haben erstmal Werte aufgebaut, wir haben für uns erstmal Werte definiert. Ich bin mit den Mitarbeiterinnen, die haben alle ein Handout bekommen, das waren so sieben Seiten, von A bis Z waren da Adjektive aufgelistet und sie mussten das auf zehn Adjektive reduzieren, die beschreiben, wie sie sich ihren Arbeitsalltag bei uns vorstellen. Oder was? Was kann da? Eine wertschätzende Kommunikation, Offenheit auf Augenhöhe, Entwicklung, das hat mich sehr gefreut, also Transformation war ein Thema. Information, also dass ich die Mitarbeiterinnen mitnehme, das machen wir jetzt auch immer am Dienstag in Mini-Meetings. Ja und dass es auch ein positiver Impact ist, dass sie jetzt mit schadstofffreien Stoffen zu tun haben. Das haben die auch selber auf dem Schirm gehabt. Ja, also das war ihnen von Anfang an nicht so bewusst, aber ihnen ist jetzt schon bewusst, dass wenn sie jetzt mal eine Stofffaser in der Nase haben, das ist auch nicht gut, aber sie ist halt schadstofffrei hergestellt worden. Oder dass sie überhaupt diese Umdenke haben, wir produzieren jetzt für Marken, die erstmal darauf Wert legen, dass wir fair bezahlt werden, die respektieren, dass wir zum Beispiel dieses Jahr haben wir das erste Mal drei Wochen am Stück Betriebsurlaub getestet, das mussten die Kunden akzeptieren und wenn Textilproduktion ist immer Druck, immer Druck, Druck, Druck, auch bei uns in Deutschland. Ja, geregelte Arbeitszeiten, dass jede Stunde auch bezahlt wurde, das ist gar nicht ganz ungebe gewesen früher bei der Vorbesitzerin, dass ordentliche Arbeitsverträge, dass es die gibt, dass dort gesetzliche Belehrungen drin sind, dass Hinweise für eigene Rechte drin stehen, dass da drin stand, wie viele Urlaubstage habe ich eigentlich. Das war alles nicht da. Und ich glaube, das ist schon ein sehr großer Impact und für den Nachwuchs jetzt, die finden es natürlich spannend, die haben eine eigene Modemarke, die ist komplett nachhaltig, die sind auf Social Media, die Maria ist viel in der Presse unterwegs, da kommt auch viel die Presse, die werden auch wirklich oft, ich würde sagen so zwischen zwei bis fünf mal mindestens Presse im Haus, also es ist immer Bewegung da. Pro Woche, Monat? Oh ja. Pro Jahr, okay. Ja, es ist jetzt aufs Jahr gesehen nicht viel, aber im Handwerksbetrieb ist es viel. Ja, es ist viel, na klar. Und ich glaube, das finden viele, gerade der Nachwuchs, sehr attraktiv. Dann kommen sie aber natürlich ins Gebäude rein, da muss noch sehr viel passieren, da kann ich aber leider nichts dafür, weil ich bin Mieterin in dem Objekt, also wenn es nach mir ginge, wäre ich schon längst in einem Objekt, das barrierefrei ist und Solarpanels auf dem Dach hat. Ich hatte auch angeregt, was denkbar ist, wenn wir noch erfolgreicher werden, auch eine Wallbox anzuschließen und zwei Firmenwagen hinzustellen und die mit eigener Stromversorgung führt, also wir haben ja viele Mitarbeiterinnen, die eine Tagespendelstrecke in der Region hinter sich bringen müssen, ohne eine gute Infrastruktur an öffentlichen Verkehrsmitteln. Ja, das ist ein Problem. Aber auch selbst da, alle Mitarbeiterinnen, die würden sagen, oh Mensch, toll, cool, ich nehme den E-Wagen von der Firma, nee, das kommt bei unseren Mitarbeitern nicht so gut an, weil sie haben jetzt Leasingverträge und die werden jetzt nicht einfach aufgehört. Das ist dort unten Tradition, vieles ist Tradition. Die haben eine Schnitzkunst, die haben eine Stickkunst, die haben Kunst und das ist manifestiert in den Köpfen und das macht manchmal eine gewisse Transformation sehr schwer. Ich meine, die hier haben ja gesagt,

Karo
Tradition ist auch was Tolles. Ich mag Tradition total gerne und Rituale beruhigen. Und ich schätze das, aber ja, ich kann mir vorstellen, also gerade Tradition, gerade wenn man richtig in Unterdruck gerät, dann merke ich das auch an mir selber, dass man zu diesen Ritualen und Traditionen sehr zurückkommt. Also jetzt zum Beispiel, meine Tochter hat jetzt die Schule gewechselt, die ist aus Gymnasium gekommen, die hatte natürlich echt Bammel davor, weil neue Schule, ne? Und hat sich so drauf gefreut, dann in den Ferien auf die Alm zu den Großeltern zu fahren, wo alles immer noch so ist wie vor fünf Jahren, als Ausgleich für diese wirklich aufregende Situation. Und ich kann mir vorstellen, dass diese Ausdruck, also dass diese starke Hinwendung zur Tradition, diese starke Festhalten auch ein Ausdruck ist von auf der anderen Seite ganz viel Stress und Druck und Angst, vielleicht auch, was es nicht leichter macht. Aber ich bin, das ist so mein Soziologen-Ding, ich versuche alle Sachen zu bestellen und zu erklären. Aber natürlich finde ich diese Veränderungen, die du gebracht hast, bewundernswert. Und wenn wir so über die reden, das klingt so ein

Maria
Nee, das ist alles echt. Ich finde, du hast zu absolute Zeit.

Karo
Ich wollte einfach wissen, wie, weil es ist eine Top-Down-Transformation aus deren Perspektive, oder? Ich meine, du bist gekommen und du hast es verändert und du bist die Chefin. Und ich wollte wissen, wie das runtergesickert ist quasi und wie viel davon dann auch vielleicht eine gemeinsame Sache geworden ist, wie schnell das auch passiert ist vielleicht.

Maria
Ich würde ein, also die Transformation ist ja bei uns auch erstmal eine Entwicklung gewesen und man muss berücksichtigen, dass soweit sich das Unternehmen entwickelt, die Arbeitnehmerinnen entwickeln sich immer mit dem Unternehmen in den Steps mit. Also wenn das Unternehmen nicht weitergeht, dann gibt es zum Beispiel keine Weiterentwicklung oder wir bleiben an dem Punkt, was ja auch okay ist. Wenn alles für alle funktioniert und alles gut, dann ist okay. Sie sind Schritt für Schritt dementsprechend, würde ich damit sagen, im Transformationsprozess drin gewesen. Wir haben ja 2020 angefangen, die ersten nachhaltigen Kunden anzusprechen, reinzunehmen, haben das ja dann mit Ehrlich Textile auch geschafft. Wir sind ja einer der Nachtwäscheproduzenten für Ehrlich Textile, haben die auch mitentwickelt, das war unser erster nachhaltiger großer Kunde. Und so geht das, dann kamen noch Kunden nach und das war ja immer eine stetige Entwicklung. Ich kann nicht sagen, ich habe hier eine nachhaltige Produktion, machte Türen auf und dann mit einem stehen alle da. Das heißt, ich musste viel Pressearbeit machen, da bin ich auch reingeworfen worden ins kalte Wasser. Das hatte ich jetzt nicht wie eine ganz tolle PR-Managerin auf dem Schirm und dann ging es los, sondern das hat sich auch alles entwickelt. Und dann kamen immer mehr nachhaltige Kunden dazu und jetzt in 2023 ist es so, dass wir eigentlich 100% nachhaltige Kunden bedienen, also die darauf achten, erstmal auf eine faire nachhaltige Produktion mit einer faire Gehaltsstruktur und die darauf achten, wie werden eigentlich meine Stoffe, unter welchen Gesichtspunkten hergestellt sind, sind sie schadstofffrei oder nicht. Das war vorher nicht so und dafür haben die Mitarbeiterinnen jetzt, stecken die gut im Thema, wissen Bescheid und kennen auch die Begrifflichkeiten, wie zum Beispiel die GOTS-Zertifizierung oder kennen Tencel. Also da sind sie jetzt schon mittendrin, sind sie aber mit der Entwicklung und den Kunden, die reingekommen sind, sind sie mitgewachsen Schritt für Schritt und das hat jetzt über die gesamte Zeit drei Jahre gedauert.

Karo
Sehr, sehr spannend. Und wie sind eure Kunden? Ich meine, du hast gesagt, ihr achtet drauf, welche Kunden ihr nehmt. Habt ihr auch Kunden abgestoßen, wo ihr gesagt habt, das ist ein No-Go? Oder gibt es so No-Goes für euch, wo ihr sagt... Aber das kann ich mir vorstellen, das ist unheimlich Angst. Also zumindest, für mich wäre es wahrscheinlich sehr angstinduzierend, zu sagen, nö, euch will ich nicht mehr als Kunden.

Maria
Hab ich gemacht. Also nicht gleich sofort, das ist ganz klar. Ich habe mich auch diese Frage gestellt, wie machst du das? Man ist ja auch Geschäftsführerin, man hat ja auch betriebswirtschaftliches Denken. Du willst ja die Firma rüber wasserhalten.

Karo
Und wahrscheinlich auch so. Ich meine, gut, du bist, ja, du hast ja übernommen. Also ich kann mir vorstellen, wenn man 40 Jahre lang zusammen einen Kunden hat, dann spielt Loyalität auch eine Rolle und man kennt sich.

Maria
Das erste Jahr haben wir noch sehr viel für die konventionellen Kunden produziert. Ich muss dazu sagen, dass dann mir, das klingt jetzt ein bisschen hart, die Pandemie einiges abgenommen hat. Weil zu Pandemiezeiten hat sich gezeigt, nicht nur bei uns in der Branche, sondern im generellen, welches Unternehmen hat ein Profil, welches Unternehmen ist von Interesse und welches nicht. Es sind ja viele auch einfach insolvent gegangen oder die gibt es nicht mehr. Und das hat sich in der Mode ganz schnell gezeigt. Diese Profilstärke und ich würde sagen, dass das nachhaltige Thema in dieser Zeit stark gewachsen ist. Zumindest weiß ich, dass die Online-Händler im nachhaltigen Segment hohe Umsatzplusse noch quasi verzeichnen durften. Jetzt habe ich kurz einen Faden verloren, bitte entschuldigen.

Karo
Ich wollte mal wissen, wie die Kunden reagiert haben und ob vielleicht auch den Mut dafür gefunden hast.

Maria
zu machen. Das heißt, haben sich von alleine einige Kunden leider verabschieden müssen. Und ja, dieses Jahr war ich dann, also es war zum Glück so ein Geben und Nehmen. Das heißt, ich bin nicht in diese unangenehme Situation geraten, dass ich sofort sage, wir arbeiten nicht mehr für Sie. Vieles hat sich dann geregelt, weil wir hatten eine unterirdische Kalkulationsstruktur. Das heißt, ich habe ja auch betriebswirtschaftlich die Firma auf ein ganz anderes Level gehoben. Ich würde sagen, dass wir auf Augenhöhe jetzt eine Kalkulationsstruktur haben mit vielen anderen Handwerksbetrieben in Deutschland. Das war dann der zweite Knackpunkt für einige Unternehmer*innen, die ja auf Kosten unserer näheren eigenen Profit erwirtschaftet haben. Da bin ich natürlich sehr konsequent gewesen, weil was bei Preissteigungen, was sollen sie machen? Und das nächste war, dass dann auch Ukraine kriegt, also die gesamte wirtschaftliche Situation hat einiges selber geregelt leider. Dann haben wir eine starke Pressearbeit gehabt, dadurch haben wir ausgetauscht und jetzt haben wir uns dieses Jahr tatsächlich, das war wirklich proaktiv jetzt, das Jahr, dass ich die letzten beiden Kunden aus der Firma verabschiedet habe, weil ich es mir erlauben kann mittlerweile. Also wir haben so eine gute Nachfrage an nachhaltigen Marken. Wir haben wie gesagt eine gute Öffentlichkeitsarbeit gemacht. Wir haben sehr viele Anfragen jetzt von kleineren Marken. Wir ziehen sie eigentlich davon ab, noch eine zweite größere Marke mit aufzunehmen, aber wir freuen uns auch über kleinere Kunden. Wir haben sehr viel Verständnis für die Problematik, die sie haben in internationalen Produktionsstätten, weil die Mindestabnahmemengen sehr hoch sind. Wir können es uns hier erlauben, ab einem Stück zu produzieren und kleinere Stückzahlen anzunehmen, weil wir halt eben eine andere Kalkulationsstruktur haben. Das haben jetzt auch viele begriffen, dass sie etwas mehr bezahlen, aber dafür dann natürlich auch kleine Stückzahlen produzieren lassen können. Und ja, ich dann sagen konnte, so jetzt ist hier Schluss. Und man muss dazu sagen, konventionelle Kunden heißen nicht, wie formuliere ich das? Ich denke du hast wieder die besseren Worte dafür, das sind konventionelle Kunden in der Denke. Die setzen so viel voraus. Sie setzen eine kostenlose Lagerbox bei uns voraus, obwohl sie seit zwei Jahren nicht mehr haben bei uns produzieren lassen. Sie setzen voraus, dass wir alles Mögliche rund um die Produktion für sie regeln. Das habe ich ja auch alles komplett erneuert. Zum ersten Mal in die Angebotsstruktur und zu den Kunden gesagt, wir sind ihre Näheren. Sie haben das Unternehmen. Wieso sollten wir für sie die Stoffe einkaufen? Wieso sollten wir in Vorleistung gehen? Also man hat ja an uns sehr, sehr viele Erwartungen gestellt und dass das für die Kunden auch noch weggebrochen ist, das war dann schwierig und das hat es auch noch mal geregelt. Und ich habe dann aber proaktiv gesagt, wir haben eine nachhaltige DNA, die ist mir extrem wichtig und das wissen unsere neuen Kunden sehr zu schätzen. Wir trennen uns an dieser Stelle von ihnen.

Karo
Und wo nimmst du, also hast du ein Netzwerk, wo du dir Kraft holst oder hast du Berater*innen oder wie muss ich mir das vorstellen? Also greifst du auf, lässt du dich selber beraten, wo nimmst du das her? Gerade vielleicht, wenn es auch mal doof läuft? Ich weiß nicht.

Maria
Also das klingt jetzt für viele bestimmt schwierig. Ich habe einige Anrufe von Unternehmerberatungen, Unternehmensberater gehabt, ich habe keine angenommen. Ich nehme es aus mir selber, es ist die Berufserfahrung. Ich habe natürlich viel emotionalen Rückhalt im Freundeskreis und durch meine Familie. Mittlerweile ist es so, dass meine Freunde sagen, also meine engsten Freunde, die selber beruflich sehr go-forwards sind, die erfolgreich sind, zum Teil aus der Mode kommen, aber eben auch aus anderen Bereichen, aus der Politik, die dann sagen, Maria, gewöhne dich bitte an uns anzurufen. Und mittlerweile ist es auch so, wenn ich anrufe und sage, hast du für mich eine Minute, dann wissen die, okay, lass einen Stift fallen, ja, was los. Und dann gesprochen und die sagen mir immer proaktiv, Maria, wenn irgendwas ist, friss es nicht mehr in dich rein, ruf uns einfach an. Ich habe aber auch mit meiner Produktionsleiterin Christine und auch mit meinem Team gute, gute Basis, über Probleme zu sprechen. Also die fangen auch viel ab und diskutieren mittlerweile mit mir auch viel aus. Also da ist auch nochmal sagen, auch ihre Meinung, da sagen wir auch, hey Maria, das finde ich richtig, dass du dich dadurch gesetzt hast. Also die Mini-Meetings am Dienstag dienen auch immer nochmal uns alle ins CC zu setzen und uns auch Rückhalt zu geben. Also das ist ein altes Team. Da habe ich ja seit letztem Jahr einen Assistent, der hat noch nicht so viel Berufserfahrung, aber auch sehr on ist und sehr fit ist und auch viel mitdenkt und sich mit einbringt. Auch da eine gute Rückkopplung. Also ich habe mir eine eigene Stütze im Unternehmen geschaffen oder stützen möchte ich es meinen, die viel Rückhalt geben. Und privat, es klingt jetzt ein bisschen komisch, aber ich bin offen für Netzwerke. Ich bin dankbar für erfahrene Netzwerke. Also ich brauche mittlerweile sehr erfahrene Kooperationspartnerinnen. Ich wünsche mir da auch Frauen. Aber mit viel Berufserfahrung, die vielleicht auch älter als ich sind, die wirklich nochmal, bei uns war das damals auch, oder wirklich Tipps geben können, weil ich habe jetzt schon so viel Erfahrung. Junge Netzwerke helfen mir zum Beispiel gar nicht. Das ist schwierig für mich, ein Netzwerk im Moment zu finden. Ich bin da auch locker auf der Suche. Ich hoffe, dass sich was ergibt. Das würde mir definitiv gut tun, aber in der Unternehmensberatung nicht. Das heißt, ich habe das Unternehmen eigentlich selber umstrukturiert aufgebaut und ja, wenn man so will, hochgezogen.

Karo
Apropos Unternehmerinnen, du warst heute Morgen fast so bei einem interessanten Gespräch zu den Themen. Was hast du heute früh gemacht?

Maria
(lachen)

Karo
Was hast du heute früh gemacht?

Maria
Ja, ich bin nominiert für den Sächsischen Gründerinnenpreis.

Karo
So was. Herzlichen Glückwunsch zur Nominierung.

Maria
Dankeschön. Ja, ich durfte heute hier in Dresden, im schönen Dresden, mir da selten hier schön mal wieder da zu sein. Mein Assistent kommt übrigens auch aus Dresden. Ganz schön. Durfte ich, oh, Entschuldigung. Ich habe dir auch den Fuß getreten.

Karo
Wir Füseln unterm Tisch, wir haben die Sandalen ausgezogen. Das ist wirklich wahr.

Maria
(lachen) Durfte ich unser Unternehmen vorstellen. Es war ein tolles Training. Ich bin jetzt mittlerweile auch nicht mehr ganz so aufgeregt, aber immer noch ein bisschen. Und denke mir dann auch, hoffentlich geht das klar. Aber am Ende sag ich mir immer so, toll, dass du's gemacht hast. Ich reflektiere dann immer selber, was wir schon alles geschafft haben. Es ist für mich immer wieder so ein Update. Und das fand ich heute 'ne ganz tolle Chance. Waren ja auch fachschürig, mein Raum, die bauen 15, das waren viele Personen. viele Personen. Hat Spaß gemacht, hat irgendwie Spaß gemacht.

Karo
Dann drücke ich auf jeden Fall ganz, ganz fest die Daumen. Ich habe, glaube ich, eine Einladung zur Preisverleihung irgendwo rumliegen.

Maria
Du kommst schon.

Karo
Ja, ich war gestern Abend auf einer sehr schönen Veranstaltung vom Verband Deutsche Unternehmerinnen. Das könnte vielleicht für dich auch interessant sein, wo du gerade gesagt hast, Havane Unternehmerinnen, da könntest du sie vielleicht finden.

Maria
Ja.

Karo
Und ich glaube, da irgendwie klingelt es bei der Preisverleihung, diesem September. Da sehen wir uns, glaube ich, wieder.

Maria
Schön.

Karo
Da freue ich mich auch drauf. Ja ne, ganz, ganz viel Glück dafür. Letzte Frage, ganz neugierig noch mal, weil wir damit angefangen haben. DNK, Deutsche Nachhaltigkeitskodex. Wir haben letzte Woche unseren zweiten veröffentlicht.

Maria
Wow, cool. Neid, Neid, Neid.

Karo
Und macht ihr noch weiter damit?

Maria
Wir machen weiter, ja. Im Moment ist, klar, wir sind ein viel kleineres Team. Es kommt bei uns Schlag auf Schlag. Für mich gehen dann die Presse Termine oder jetzt die Preisverlängerung vor. Aber wir sitzen dran, haben ja auch schon super viel ausgefüllt. Ja, und wir sind jetzt auf der Zielgerader. Bei uns gibt es aber jetzt auch, wir sind ja sehr bodenständig. Wir haben jetzt nicht so einen hohen Impact an Infos, außer den sozialen Aspekt. Ja, also wir gehen bis Ende des Jahres, würden wir eigentlich gerne damit durch sein. Drückt uns die Daumen, das ist ...

Karo
Machen wir auf jeden Fall. Es ist wirklich viel Arbeit. Wenn wir mal helfen können, sag Bescheid.

Maria
Ja, sehr gerne.

Karo
Ich hab jetzt ein kleines bisschen Erfahrung damit gesagt.

Maria
Hattest du mir glaube ich beim letzten Mal auch schon Angeboten, als wir uns gesehen haben, wenn ich mal Fragen habe?

Karo
Ja, es bleibt das Angebot steht. Sehr schön, dass du dir hier war. Es hat mir echt viel Spaß gemacht. Es war unglaublich spannend, was du erzählt hast. Lass uns gerne mal wieder quatschen.

Maria
Ja, sehr gerne.

Karo
Und für unsere Zuhörer*innen da draußen noch mal ein kleiner Tipp. Am 4. September sind wir wieder beim Gastenmahl. Dresden ist bunt in Dresden auf dem Schlossplatz und auf der Augustusbrücke. Wenn ihr Lust habt zum Kickern oder zum Kochen, dann kommt vorbei. Ihr werdet uns erkennen. Wir haben… ihr werdet uns erkennen. So, lasst uns los.

Maria
Ich weiß ja noch gar nicht, worum geht es da inhaltlich.

Karo
Das wird von der Zellix-Stiftung organisiert und das ist ein Gast mal, das gibt es schon eine ganze Weile, ich glaube schon seit 2016 oder 2017, wo wirklich das, also das Who ist Who der Dresdner Organisation aus allen Sektoren, öffentlich, privat, gemeinnützig, zusammenkommt zu einem Picknick und da steht halt wirklich so ein unglaublich langer Picknick-Tisch, vier Bänke über die ganze Brücke.

Maria
Oh schön.

Karo
und wenn man da rumläuft, man kann sich wirklich mit allen unterhalten und man entdeckt, was es hier alles so gibt und das Ganze ist eben ein Gesicht zeigen für das Thema Weltoffenheit inklusivität. Dresden ist und, und das ist im doppelten Sinne, wir essen ISST, wir aber auch IST und das Gefühl kriegt man da wirklich. Muss ich sagen, so eine schöne Netzwerkgelegenheit und wir haben uns dieses Jahr ein bisschen was Lustiges dafür einfallen lassen, wie wir unseren Tisch bespielen.

Maria
Klingt total spannend. Schön.

Karo
Ja, bist auch herzlich eingeladen.

Maria
Schönen Dank.

Karo
4. September ab 16 bis 20 Uhr kann man da Picknicken mit ganz vielen Leuten.

Maria
Kommt alle vorbei.

Karo
Genau, sind alle eingeladen und ansonsten freue ich mich auf das nächste, auf den nächsten Podcast, ich weiß jetzt gerade noch nicht mit wem, aber ich freue mich schon drauf, das macht sehr viel Spaß und alles, was wir jetzt heute angesprochen haben, DNK und natürlich den Link und die Social Media von Maria und den Award, das findet ihr alles in den Show Notes. Ich wünsche noch einen schönen Tag und schönen Restsommer.

Maria
Vielen Dank, Karoline. Das war sehr schön bei dir.

Karo
Danke.

Maria
Ich sag nochmal ans Netzwerk, wenn wir uns ein bisschen verquatscht haben, tut mir leid, es macht mit der Karoline so einen Spaß. Das ist auch sehr schön hier, vielen Dank.

Karo
Dann, auf Wiedersehen.

Maria
Auf Wiedersehen