Folge 47 - Nachhaltig erfolgreich? Im Gespräch mit Alma, CEO WEtell

Ist Wirtschaft das Gegenargument zu Klimaschutz oder kann Nachhaltigkeit sogar ein Rezept für wirtschaftlichen Erfolg sein? Was passiert, wenn ein Unternehmen sich politisch positioniert? Gibt es "guten Lobbyismus"? Welche Rolle spielen Selbstwirksamkeit in Wirtschaft und Demokratie? Und gibt es eigentlich irgendeinen Film, in dem Unternehmen gut wegkommen?

Die Folge Nummer 47 unseres Sandpapier Podcasts steht wieder unter dem #2028. Karoline spricht mit Alma Spribille, Gründerin und Geschäftsführerin des nachhaltigen Mobilfunkanbieter WEtell über unternehmerische Verantwortung in der Gesellschaft und im Klimaschutz.

Diese Themen haben wir in der Folge angesprochen:

Wie immer freuen wir uns auf eure Gedanken und Fragen:

Das Sandpapier ist der regelmäßig unregelmäßige Podcast der Sandstorm Media GmbH. Wir erzählen aus unserem Alltag, was wir versuchen, anders zu machen und welchen Herausforderungen und Experimenten wir uns auf unserem Weg stellen. #2028 Steht für unser 10-Jahres-Ziel: "2028 knacken wir die harten Nüsse in Projekten mit positivem Einfluss, damit die Erde auch in Zukunft für alle Lebewesen reicht." Mehr Informationen: #2028

Sandpapier Folge 47 Podcast Cover - Nachhaltig erfolgreich? Im Gespräch mit Alma Spribille, CEO von WEtellGezeichnetes Smartphone mit bunten Blumen, welche daraus hervorsprießen

Die Folge zum Lesen

Karo
Herzlich willkommen zum Sandpapier, der regelmäßig unregelmäßige Podcast von Sandstorm. Hier reden wir über Themen und Herausforderungen und Experimente aus unserem Alltag als Softwareunternehmen. Und heute starten wir wieder eine Folge aus unserer Hashtag 2028 Serie. Hier reden wir über unser 2028 Ziel. Wer schon mal zugehört hat, weiß, wir möchten bis 2028 die harten Nüsse in Projekten mit positiven Impact knacken. Das heißt, darauf unseren Fokus legen. Und in unserer 2028 Serie erzählen wir mal, was wir da so an Königs- und an Holzwegen gehen, hin zum Thema mehr Nachhaltigkeit und positiven Impact. Ich habe heute eine Gästin, die kennt sich mit dieser Reise auch sehr gut aus. Hallo liebe Alma Spribille von WETell.

Alma
Hallo, schön hier zu sein.

Karo
Ich freue mich, dass das jetzt klappt. Wir haben uns das ja schon ein bisschen länger vorgenommen. Und ich bin Karoline. Ich engagiere mich hier bei Sandstorm für das Thema Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung. Alma, ich freue mich total, dass du da bist. Und wir haben vorher schon mal ein bisschen darüber geredet, was sind so Themen, die uns beiden im Alltag begegnen, aus unserer Unternehmerwirtschaftsperspektive. Und es ist ja immer noch so, dass es oft so eine Dichotomie aufgemacht wird. So entweder Wirtschaft oder Nachhaltigkeit. Wirtschaft sozusagen als Gegenargument zum Thema Klimaschutz. Und jetzt ist es ja uns beiden und unseren Unternehmen wichtig, das Thema Klimaschutz und das Thema Nachhaltigkeit. Deswegen habe ich den Podcasttitel heute so gewählt. Nachhaltig erfolgreich? Geht das oder widerspricht sich das? Aber vielleicht vorher noch mal ganz kurz, woher wir uns eigentlich kennen. Wir laufen uns ja sozusagen an mehreren Punkten über den Weg. Zum einen sind wir mit Sandstorm Kunden bei euch. Das heißt, ich habe meinen Telefonvertrag bei WETell, seit ich bei Sandstorm bin. Und persönlich kennengelernt haben wir uns ja dann im Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft. Was dann wiederum dazu geführt hat, dass ihr bei uns zu Gast wart in unserem Stakeholder-Workshop, was ich ziemlich cool fand. Und da haben wir dann auch entschieden, eigentlich müssten wir uns mal ein bisschen mehr unterhalten. Und das machen wir jetzt. Da freue ich mich drüber. Ich habe mir natürlich auch mal deinen LinkedIn angeschaut und festgestellt, du bist ja eigentlich Wissenschaftlerin. Du hast Energie- und Umweltmanagement studiert. Wie bist du denn letztendlich in die Wirtschaft gekommen?

Alma
Das ist alles richtig. Du hast da schon ganz viel angesprochen, was mich in meinem Leben beschäftigt. Ich habe Energie- und Umweltmanagement studiert, was so ein Wirtschaftsingenieurswesen-Studiengang ist, mit Fokussierung auf erneuerbare Energien und Klimafolgenforschung. Und deswegen habe ich den auch gewählt, weil ich da schon unbedingt irgendwas mit Nachhaltigkeit machen wollte, aber selber total technisch interessiert bin. Und das Beste, was ich mir vorstellen konnte, in meinem Leben zu machen, ist Solarzellen zu entwickeln. Und deswegen bin ich direkt vom Studium aus an das Fraunhofer Institut für Solarenergiesysteme gegangen, hier im schönen Freiburg, und habe dort auch zwölf Jahre lang Solarzellenforschung betrieben. Vielleicht auch zum Teil ist mir gerade aufgegangen im Nachhinein aus den Gedanken heraus, dass ich auch dachte, Unternehmen sind die, die den Schaden anrichten. Aus meinem Studiengang konnte man mit diesem Management-Gedanken gut in Energiekonzerne wechseln und da richtig gutes Geld verdienen, und ich wollte aber unbedingt die Energiewende vorantreiben und dachte, das wäre an einem Forschungsinstitut vielleicht sogar einfacher, besser. Jedenfalls sind die nicht Teil des Problems, sondern hoffentlich Teil der Lösung. Aber da bin ich nicht geblieben, ganz offensichtlich.

Karo
Also eigentlich hast du ja selber in die Richtung gedacht, die du dann selber widerlegt hast oder jetzt jeden Tag widerlegst. Gab es da so einen Moment, wo du gesagt hast, Mensch, jetzt mache ich mich selbstständig oder wie ist das gekommen?

Alma
Das war eher so eine fließende Entwicklung. Solarzellenforschung ist wirklich wahnsinnig spannend und mein Wissenschaftlerinnenherz berührt das auch immer noch. Das hat super viel Spaß gemacht, aber irgendwann habe ich gemerkt, dass diese Forschung, wo man ja schon immer das letzte bisschen rauskitzelt, also 0,1 Prozent Wirkungsgrad sind so die Schritte, in denen man denkt und heute haben Solarzellen über 22 Prozent Wirkungsgrad, was wirklich gut ist. Das heißt, wir haben die Technik eigentlich, was wir wirklich machen müssen, ist in die Anwendung gehen und da hat sich so höher abhöhe eine Unzufriedenheit entwickelt, die ich habe versucht auszugleichen über andere Engagements. Ich war dann bei Ingenieur ohne Grenzen aktiv und das war auch super, aber irgendwann habe ich gemerkt, das reicht mir nicht. Ich würde gerne meine ganze Energie für wirklich die Lösung einsetzen oder für einen Wandel und dass mir Forschung nicht reicht und dann habe ich zusammen mit Freunden Retail gegründet, auch ganz klar aus dem Gedanken heraus, dass wir denken, dass man mit einem Unternehmen mehr erreichen kann, als wir zumindest in der Forschung erreichen konnten, weil die Unternehmen umsetzen müssen. Wir haben die technischen Lösungen, ganz viele davon. Klar, es muss noch Sachen weiterentwickelt werden, aber vor allen Dingen brauchen wir die Anwendung und dass die Wirtschaft sich wandelt und daran wollten wir uns gerne beteiligen.

Karo
Und war das von Anfang an so klar mit dem Businessplan oder habt ihr da Gegenwind gehört, als ihr gesagt habt, es soll was sein, wo Nachhaltigkeit schon in der DNA steckt? Wir reden nachher auch noch natürlich darüber, was genau ihr macht, aber das ist trotzdem was, was ich jetzt gerne mal voranstellen würde. Was ist euch entgegengekommen damals, als ihr diese Idee gestartet habt?

Alma
Also in Freiburg muss man zugeben und auch in diesen Start-up-Axeleratoren, an denen wir teilgenommen haben, ist uns sehr viel Positives entgegengekommen, auch zu diesem nachhaltigen Thema. Das war gar nicht so, das war eher einfach, würde ich sagen. Da war das ein Vorteil, nachhaltig zu sein. An manchen Punkten, wenn wir mit klassischen Unternehmen geredet haben, die wir als Partner oder Zulieferer oder so was brauchten, da wurden wir schon manchmal auch belächelt mit, das ist ja eine süße Idee, aber das ist halt auch kein echtes Business, was ihr da machen wollt. Das ist uns schon passiert.

Karo
Da muss ich dran denken, was mir schon ein paar Mal passiert ist, seit ich hier bei Sandstorm bin. Wenn ich irgendwo einen Vortrag halte oder wenn wir irgendwie ein Projekt haben und über uns geschrieben wird, dann kommt ganz häufig so das junge Start-up. Und dann sagt man so, ja, es gibt uns aber schon seit 2009. Ach so, Mensch und ach, also ich habe das Gefühl, man wird immer so eingeordnet in ja, ach, die Idealisten, das sind bestimmt drei Leute, die das jetzt seit zweieinhalb Jahren machen und mal gucken, was dabei rauskommt. Das ist zumindest so meine Erfahrung ein bisschen. Wie erlebst du das?

Alma
Ihr seid da ja schon viel weiter als wir. Uns gibt es offiziell seit 2019. Da haben wir die GmbH gegründet. Wir haben ein Jahr vorher angefangen, dann ist man automatisch eine GBR. Aber die GmbH seit 2019 und am Markt sind wir auch erst seit 2020. Das heißt, uns als Start-up zu bezeichnen, wäre total legitim. Wir werden oft als Jungunternehmen bezeichnet, auch weil wir schon relativ groß sind mit über 20 Mitarbeitenden jetzt. Wir sagen das auch gerne selber von uns, weil das Gefühl, dass wir gerade starten, ist schon so ein bisschen rum. Wir sind jetzt in so einer Wachstumsphase, in der Strukturen entstehen, das Unternehmen wächst. Das sind ganz andere Dynamiken noch mal als dieses direkte Starten. Deswegen finde ich Jungunternehmertum oder Unternehmertum den schöneren Begriff für die aktuelle Phase. Wir werden oft eher überschätzt im Moment, aber vielleicht ist das auch so eine Phase. Das weiß ich nicht genau. Oder vielleicht einfach die Leute, mit denen ich zu tun habe.

Karo
Ich gebe zu, dass ich mir selber, wenn ich rein den Wort Mobilfunkanbieter höre, dass ich nicht an einen an ein kleineres Unternehmen denke. Da denke ich automatisch an Riesen.

Alma
liegt es daran. Könnte sein, könnte sein, stimmt. Die Mobilfunkanbieter, die man kennt, sind alle groß gefühlt und vielleicht liegt es daran, weil es halt ein Massengeschäft ist, aber vielleicht war es auch gerade deswegen nötig, dass man im Bereich Mobilfunk mal eine ganz andere Alternative schafft und es ist eine klassische digitale Dienstleistung, damit kennst du dich ja auch aus. Man muss nicht groß sein, um das zu machen, theoretisch und vielleicht hat sogar ein paar Nachteile. Wenn man zu groß ist, dann kommt doch ganz oft diese Gewinnmaximierung, Optimierung, tritt sehr in den Vordergrund. Im Gegensatz zu einer Qualität auch auf menschlicher Ebene oder fürs Gemeinwohl, die dann oft in Hintergrund tritt, habe ich das Gefühl, das kann auch eine Dynamik in Unternehmen sein, die nicht nur von Menschen abhängig ist, die das ja nicht mit böse Absicht zuteil machen, sondern auch so ein strukturelles Thema ist, glaube ich.

Karo
Ja, du, dann würde ich sagen, die ganz eindeutige Frage, die ich jetzt stellen muss, erzähl doch mal, nachhaltige Mobilfunkanbieter, was bedeutet denn das eigentlich? Jetzt haben wir schon so viel darüber gesprochen, dass ihr einer seid. Was macht ihr eigentlich? Was macht ihr anders?

Alma
Was machen wir eigentlich gleich? Wir machen Mobilfunk. Wir sind im Vodafone-Netz. Jeder, der einen Mobilfunkvertrag haben will, eine SIM-Card oder eSIM, kann zu uns kommen und einen Vertrag abschließen. Und das ist eigentlich alles, was wir klassisch machen und sonst versuchen wir so gut wie alles andere zu machen. Denn als wir gestartet haben, kannten wir in unserem privaten Umfeld wirklich niemanden, der von seinem Mobilfunkanbieter begeistert war. Aber wir kannten Leute, die zum Beispiel von ihrem Ökostromanbieter begeistert waren. Also die begeisterte Kunden von Green Planet Energy oder von den Elektrizitätswerken Schönau waren, die diese Unternehmen feiern und die als Vorbild sehen. Und so wollten wir auch werden. Wir wollten ein Unternehmen sein, was alle so viel wie möglich richtig macht, also so viel wie möglich Gutes tut. Und ganz konkret gehört dazu das Wort klimaneutral, was jetzt sehr in der Kritik steht. Also wir wollen, dass durch uns und unsere Kunden, durch die Nutzung von unserem Mobilfunkangebot bilanziell mindestens klimaneutral im Mobilfunk leben können. Das heißt, wir bilanzieren alle Emissionen nach Scope 1 bis 3. Das heißt auch die Netzinfrastruktur von Vodafone, die genutzt wird. Und alle diese Emissionen werden über Pflanzenkohle in Zentraleuropa oder sogar Deutschland kompensiert, sodass in diesem Jahr wirklich weniger CO2 in der Luft ist, als wenn du nicht bei Retail wärst. Das ist das eine. Dann setzen wir uns ganz stark für die Energiewende ein, bauen Solaranlagen in Deutschland aus, die Ökostrom ins Netz einspeisen, der bilanziell sogar mehr ist, als unsere Kunden eigentlich brauchen für Mobilfunk. Denn das ist das, was man am meisten braucht, Energie. Und da versuchen wir auch auf dieses Problem aufmerksam zu machen, dass digitale Dienstleistungen, wir kennen das auch vom Streaming, wo es ab und zu mal hochkommt, Nutzung von Social Media. Das sind alles Sachen, die auch ein Klimabudget haben. Und dieses Bild, was man vielleicht sich im Hinterkopf behalten kann, ein Smartphone zu nutzen, ist wie ein Kühlschrank hinter sich herzuziehen fürs Klima. Und alle Leute wissen, dass man einen energieeffizienten Kühlschrank haben sollte. Man lässt ihn nicht einfach offen, weil das verbraucht ja Strom und so was. Und so ist es auch. Und das ist nur dieser Klimaaspekt. Dann sind wir noch gemeinwohl bilanziert, um das alles auch nachzuweisen und transparent zu sein. Wir legen super viel Wert auf Datenschutz, was wirklich noch unterschätzt ist, finde ich, heutzutage. Dass wir ganz oft gar nicht Herr und Frau über unsere eigenen Daten sind, sondern Unternehmen, die diese Daten nutzen, mit unserem Einverständnis in Anführungsstrichen. Weil niemand liest diese Cookie-Konsent-Banner wirklich und die ganzen Datenschutzerklärungen, die man abhaken muss, um irgendwelche Produkte und Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Und wir sind fair und transparent. Deswegen kannst du monatlich bei uns kündigen. Und unser Service sitzt direkt bei uns. Die arbeiten in Freiburg, manche auch remote in ihrem Homeoffice. Aber die arbeiten direkt bei Retail und sind nicht outgesourced. Das heißt, die unterliegen der gleichen Gehaltsstruktur. Die haben alle Vorteile, die so ein agiles, modernes Unternehmen mit sich bringt und sitzen eben nicht in Ostdeutschland oder Osteuropa für weniger Bezahlung. Das macht schon ganz viel Unterschied, finde ich.

Karo
Ja, du hast es vorhin angesprochen. Wir haben ja beide diese Eigenschaft des Unternehmens, dass wir nicht materielle Produkte haben, wo ja sehr leicht unterschätzt wird, dass das tatsächlich trotzdem ein Hebel sein kann und trotzdem was ist, womit man sich beschäftigen muss, wenn es ums Thema Nachhaltigkeit geht. Kannst du mir mal sagen, was der Anteil von dem, was ich tatsächlich mache, also meinen Kühlschrank, den ich hinterherziehe, mein Telefon und der ganzen Infrastruktur, also das, was da draußen passiert, das Netz und so weiter, also was kann ich eigentlich machen? Welchen Einfluss habe ich da eigentlich?

Alma
wir berufen uns sehr gerne auf öffentlich zugängliche Studien, sind auch von einem Fraunhofer Institut mal gemacht worden. Und da geht man davon aus, dass 60 Prozent des gesamten Klimaabdrucks von dem Smartphone gehen auf die Netzinfrastruktur zurück und der Rest so auf die Herstellung von Geräten, das tägliche Laden. Aber die Netzinfrastruktur braucht halt sehr viel Strom, weil die Mobilfunkmasten die ganze Zeit senden müssen, die sind immer an und auch die Server, die dahinter sind, sind immer an und die brauchen wahnsinnig viel Strom und natürlich auch die Hardware muss man ja bilanzieren. Was nicht drin ist in dieser Rechnung, das muss man ganz klar sagen, ist die Internetnutzung, die man damit assoziiert. Also wenn du jetzt über dein mobiles Endgerät Netflix streams oder was anderes oder Social Media nutzt, dieser Datenvolumen, das ist nicht mit abgedeckt sozusagen, weil das ist dein eigener Internetkonsum, das ist ein bisschen wie der Inhalt von deinem Kühlschrank vielleicht. Du kaufst den Kühlschrank, aber ob da jetzt Fleisch drin ist oder Gemüse, das ist schon noch mal ein Unterschied und so ein bisschen ähnlich ist es beim Handy auch und ich finde, dass du das fragst, ist genau das, was uns oft entgegenkommt. Viele Leute haben damit keine Assoziation und ich verstehe das total. Ich bin jetzt auch kein Nativer oder ich fühle mich nicht als Digital Native eigentlich, aber das ist halt unsere heutige Welt und wir müssen uns zunehmend damit auseinandersetzen, dass auch unser digitales Verhalten Konsequenzen hat, aber dass man das, weil viel davon Energie ist, auch gar nicht so schwer ändern kann und dazu wollten wir eine Lösung anbieten, die den Leuten auch ohne Qualitätseinbußen dieses schlechte Gewissen abnehmen kann.

Karo
Ja, das kenne ich natürlich auch, diese Nachfrage. Wir beschäftigen uns ja zum Beispiel mit nachhaltiger Software und auch da ist es oft diese Nachfrage, was hat das eigentlich mit Nachhaltigkeit zu tun, Software, weil man es nicht sehen kann. Wir haben es zwar, wir nutzen es zwar, es bestimmt unser Leben, aber trotzdem ist die Dimension und die Vorstellung davon ist halt unheimlich abstrakt. Wenn man dann sagt, naja, fast alles, was Emission erzeugt wird von Software gesteuert, das heißt, da steckt eine Verantwortung in der Software drin dafür, ob die zum Beispiel abwärts kompatibel ist, ob man das Gerät wegschmeißen muss, wenn man diese Software verwenden will und Neues besorgen muss oder ob man sie updaten kann oder auch Barrierefreiheit spielt eine große Rolle, aber tatsächlich auch richtiger Stromverbrauch. Wenn man dann mal so in die einzelnen Dimensionen von Nachhaltigkeit reingeht, dann wird das verständlicher, aber so allgemein, was man nicht sehen kann. Warum verbraucht das irgendwas? Das kann ich schon nachvollziehen. Deswegen ist es auch gut, dass wir mal drüber sprechen.

Alma
Ich denke, das ist eine Herausforderung unserer Zeit. Wir leben in der digitalen Zeit, seit Corona noch mehr als vorher, aber auch davor in Wirklichkeit schon. Und dass das für den Menschen an sich abstrakt ist, verstehe ich total. So wie, muss man auch sagen, ein Schnitzel, was ich im Supermarkt kaufe, ist auch abstrakter. Da steht halt kein Schwein daneben, was gerade geschlachtet wird. Da haben wir uns nur dran gewöhnt, glaube ich. Und bei Software und digitalen Dienstleistungen, das ist ja quasi noch jung im Verhältnis dazu, wie schnell wir uns anpassen können an die Welt. Das geht wahnsinnig schnell. Und ich glaube, dafür brauchen wir einfach Aufmerksamkeit, dass Leuten das klar wird. Und ich sehe da auch ganz krasse Fortschritte. Also Ökostrom, da ist ein Bewusstsein entstanden in den letzten Jahrzehnten, würde ich schon sagen. Was vorher nicht da war, bei Kühlschränken auch, Waschmaschinen und so was, kennen wir das. Und ich glaube, das kommt da peux a peux. Und ich denke, wir beide und unsere Unternehmen versuchen das so ein bisschen zu beschleunigen und zu unterstützen, auch als Teil von Aufklärungsarbeit.

Karo
Und auch ein bisschen in der Hoffnung, dass andere nachziehen, aber das ist ja dann sozusagen, wie ist denn das? Die großen, ich rede jetzt immer von den großen Mobilfunkanbietern, wir wissen alle, wer da so gemeint sein könnte. Was ist, wenn die nachziehen? Also ihr seid Vorreiter sozusagen, ihr zeigt, dass es möglich ist. Das ist ja auch für ein kleineres Unternehmen manchmal noch einfacher möglich, weil die Einsätze vielleicht im Verhältnis andere sind, als bei so einem Riesentanker. Und jetzt ziehen die alle nach und plötzlich sind sie alle nachhaltig, was macht ihr dann?

Alma
für uns eine andere Geschäfts-CD ausdenken. Erst mal feiern wir, erst mal feiern wir, wenn wirklich die großen Mobilfunkanbieter, und ich meine wir kennen die alle, Vodafone, Telekom, Telefonica, die man auch Netzbetreiber nennt, es gibt noch 1&1 und sowas, und drillisch als große Marken, die alle Leute kennen, denke ich. Wenn die wirklich wirklich nachhaltig wären, so nachhaltig wie wir, dann gibt es ja immer noch den Datenschutz, das hat ja für viele nichts mit Nachhaltigkeit zu tun, für mich persönlich schon, weil das auch ein nachhaltiger Umgang mit Daten ist, und bei der Fairness und Transparenz auch, also ich würde sagen, wir setzen uns noch in anderen Punkten ab, aber ich denke ganz wichtig ist da wirklich dieser Gedanke aus dem raus, wir retail gegründet haben, denn wir wollen Transformation, eine nachhaltige Transformation, wir machen das eben nicht, weil wir unbedingt Geld damit verdienen wollen, natürlich verdiene ich mein Lebensunterhalt jetzt damit, aber ich will damit nicht reich werden, sondern ich will wirklich was verändern, ich will einen Beitrag zu einer enkeltauglichen Welt beitragen, durch Wirtschafts-Transformation, und wenn ich dazu einen so großen Beitrag leisten kann, dass ich zumindestens ein Teil des Anstoßes war, dass die Großen wirklich nachhaltig geworden sind, dann ist das ein Riesenerfolg, und wenn das heißt, dass es retail nicht mehr gibt, weil es keinen Bedarf mehr für uns gibt, dann fällt uns sicher was anderes ein, was wir machen könnten, und ehrlicherweise muss ich sagen, dass ich nicht daran glaube, weil die leichte Vorstellung ist ja, die GLS-Bank ist ja zum Beispiel eine sehr erfolgreiche, sehr nachhaltige Bank, wo ich den Unterschied deutlich erkenne zur sagen wir mal deutschen Bank, die ja gerade in einer Kritik steht, wenn die Deutsche Bank jetzt wirklich nachhaltig werden würde, ab sagen wir mal 2025, da würden ja nicht plötzlich alle GLS-Kundinnen kündigen, mich inklusive, weil diese Bank hat mit dafür gesorgt, dass das überhaupt möglich ist, dass es diese sogenannte Waymaking, also dass sie einfach gezeigt haben, wie man das machen kann, alleine dafür würde ich in die Treue halten, und wenn uns das auch passiert, hervorragend, und wenn nicht, wir sind alle gut ausgebildet, dann überlegen wir uns was anderes, und selbst unser Team sagt, wenn ihr euch was anderes ausdenkt, wir hängen gar nicht so sehr am Mobilfunk, wir hängen an dieser Art des Wirtschaftens, an der Art des Unternehmens und der Zusammenarbeit, dann überlegen wir uns halt was anderes und machen zusammen was anderes.

Karo
Oder es gibt dann den WETell-Konzern, endlich mal die guten zu zeigen. Ist dir das mal aufgefallen? Ich habe mal versucht, gerade ich habe zwei Kinder, ich habe mal geguckt, gibt es denn eigentlich irgendwelche Filme, die sozusagen ein positives Bild von irgendeinem Unternehmen zeigen? Weil in meiner Umwelt erlebe ich Unternehmen wie eures, ich lebe ganz andere, auch beim Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft, wo wir beide Mitglied sind, wirklich idealistische, tolle Menschen, die was richtig machen wollen, durchaus auch selbst reflektiert sind, wo sie was falsch machen oder wo sie noch nicht da sind, wo sie hingehören, und das ist auch gut so. Und ich habe geguckt, gibt es denn irgendwo irgendein Film, wo so ein Role Model aus der Wirtschaft ist? Ich habe echt nichts gefunden, außer vielleicht hier der Vater von Batman.

Alma
Mir fällt ehrlich gesagt auch nichts ein. Ich würde fast so weit gehen, dass in ganz vielen, bis auf so Kleinkind-Serien wie Bob der Baumeister, um mal keine Werbung zu machen, wird Arbeit ganz oft auch gar nicht positiv. Also man geht halt später als Erwachsener zur Arbeit, aber als wenn das nicht so eine große Rolle spielt, dabei spielt das für mich zum Beispiel eine riesige Rolle. Und zwar nicht im Negativen, sondern auch im Positiven. Ich habe jeden Tag acht Stunden Arbeitszeit, die ich in was Gutes investieren kann, womit ich was bewegen kann. Das ist ja auch unfassbar viel Selbstwirksamkeit. Ich will das nicht nur im Ehrenamt nebenbei machen. Ich will möglichst viel meine Energie da reinstecken dürfen. Und ja, klar, die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmt dadurch auch. Das ist auch eine Gefahr, die damit ein Herrgeld findet. Das kennst du bestimmt auch. Aber gleichzeitig macht es einen auch glücklicher, denn das Geld, was ich verdiene, macht mich nicht glücklich. Das sorgt dafür und das ist ein Luxus, dass es mir so gut geht, dass ich mich auf solche Jobs wie diesen hier konzentrieren darf. Und das ist ganz wichtig. Mir ist klar, dass Leute in der Erwerbstätigkeit nachgehen müssen, die nicht so privilegiert sind wie ich, die vielleicht diese Wahl nicht haben. Aber wenn man diese Wahl hat, dann hat man auch damit eine ganze Menge Selbstwirksamkeit, die man für was Gutes einsetzen kann oder eben auch nicht. Und das finde ich dann, dann macht es was ganz anderes mit einem. Und ich war, das passt dazu vielleicht, ich war vorgestern in der Schule in Freiburg, weil die eine Gründungswoche machen. Eine 9. Klasse setzt sich damit auseinander, wie man eigentlich gründen könnte, statt später angestellt zu werden. Das finde ich spannend. Das gab es bei uns in der Schule nicht. Und die haben tolle Fragen gestellt. Ganz aufgeweckte Klasse, richtig tolle Fragen. Die können alle später gründen, habe ich das Gefühl. Und die werden schon keine bösen Konzerne gründen, hoffe ich.

Karo
Ja, du hast da jetzt einen positiven Triggerwort für mich genannt, Selbstwirksamkeit, das ist was, was mich immer ganz stark umtreibt und wo ich ganz starke Parallelen sehe zwischen der starken Zivilgesellschaft, die wir brauchen, um eine stabile Demokratie zu haben und auf der anderen Seite Wirtschaft und Unternehmertum braucht das ja auch. Also Menschen, die sich trauen, das zu machen, aber auch genießen, dass sie was tun können, dass sie diese Freiheit haben und dass sie was erschaffen können und zunehmend im Vergleich zu, jetzt so in Anführungsstrichen, konservativen Unternehmertum werden ja heute immer mehr Wege aufgemacht, wie man das machen kann, also eine Vorstellung von Mensch, wie sieht denn so ein Unternehmen aus, wie sieht denn Wirtschaft aus, ist ja auch ganz stark davon geprägt, wie die irgendwie in 50ern oder 60ern ausgesehen hat und man hat halt trotzdem die Möglichkeit, alles anders zu machen. Das ist selbst für mich, das ist ein Grund, warum ich zu Sandstorm gekommen bin, weil ich gesehen habe, dass es möglich ist, einfach alles anders zu machen, ich komme selber aus einer Unternehmerfamilie, aber dieses konservative Unternehmertum hat das geprägt, das konnte ich mir früher nicht so richtig vorstellen. Dann habe ich mich selbstständig gemacht und das war trotzdem irgendwie noch so ein Leitbild für mich, was ich nicht aus dem Kopf gekriegt habe und dann habe ich ein Unternehmen kennengelernt, das sagt, wir machen alles anders, wir stellen das alles in Frage und plötzlich sieht man Mensch, diese Selbstwirksamkeit, dieser Gründergeist, der kann einen Ort haben, der in diese Zeit passt und das ist ein tolles Erlebnis. Ihr macht ja auch vieles anders, du hast es vorhin schon gesagt oder hast du es gesagt, Verantwortungseigentum. Eure Firma gehört euren Team, ist das richtig?

Alma
Ganz so kann man es leider noch gar nicht sagen, aber wir sind im so genannten Wir kommen auch dahin, wir sind im Verantwortungseigentum und erstmal heißt das vor allen Dingen, dass VTEL nie verkauft werden kann. Im Moment gehören die, wir sind eine GmbH und ein Prozent der GmbH-Anteile gehören der Purpose Stiftung und diese Stiftung hat vor allen Dingen die Rolle, dass sie ein Veto Recht ausübt, gegen sowas wie Verkauf oder eine dramatische Satzungsänderung oder gegen Privatisierung von Gewinnen. Das heißt, das schließt man alles aus in der Satzung und wenn man sich daran nicht halten würde, dann würde die Purpose Stiftung eingreifen, auch an überzogene Gehälter zum Beispiel, also sogenannte verdeckte Gewinnausschattung. Damit setzt man eben dieses Einmal nicht verkäuflich sein und keine Privatisierung von Gewinnen für immer fest, also wirklich für immer. Wir können das nicht mehr ändern und aktuell gehören 99 Prozent der Anteile noch und dem Gründungsteam. Die sind aufgeteilt in Stimmrechte und klassische GmbH-Anteile mit einem beschränkten Gewinnbezugsrecht, weil wir kriegen eine Vergütung für die Anfangszeit, wo wir ohne Gehalt gearbeitet haben, Geld reingesteckt haben. Da haben wir gesagt, das dürfen wir fairerweise irgendwann mal wieder zurückbekommen, wenn das Unternehmen wirtschaftlich erfolgreich ist und wir können aber diese Stimmrechte nur behalten, wenn wir mindestens 50 Prozent bei Retail arbeiten. Das heißt, wenn wir das nicht mehr tun, dann würde ich zwar diese beschränkten Gewinnbezugsrechte behalten als Person, aber ich würde mein Stimmrecht über das Unternehmen verlieren und die würden entweder an die Retail GmbH selbst fallen und dürfen nur an Leute vergeben werden, die direkt im Unternehmen arbeiten. Und dafür gründet man normalerweise und da sind wir noch auf dem Weg, oder eine Möglichkeit ist es eine GBR von Mitarbeitenden zu gründen, die diese Stimmrechte ausüben, weil da einfach rechtlich gesehen die Überschreibung von Anteilen mit Stimmrechten leichter ist und nicht mit Kosten verbunden ist, weil das soll es ja sein. Die Leute sollen zwar Stimmrechte haben, aber jetzt keine finanzrechtlichen Konsequenzen haben, weil wenn man 25 Prozent von der GmbH überschreibt, müsste man sonst Schenkungssteuer bezahlen oder die kaufen und das ist viel Geld. Das haben die meisten Leute nicht oder wollen sie für sowas gar nicht investieren. Das ist auch nicht der Sinn der Sache, sondern wir wollen eben, dass die Stimmrechte für immer Unternehmen bleiben, weil niemand sollte über ein Unternehmen bestimmen, in dem dieser Mensch nicht arbeitet. Ich nehme mal gerne dieses Beispiel von Susanne Klatten, der ja ein großer Teil von BMW gehört und ich finde es teilweise, ich will gar nicht auf dieser Person rumreiten, aber grundsätzlich dieses Konstrukt, das Leute Macht über Unternehmen ausüben, in denen sie noch nie gearbeitet haben, finde ich falsch. Das möchte ich nicht und ich möchte, dass meine Mitarbeitenden davor geschützt sind, dass ihnen hier sowas jemals passiert und wenn das heißt, dass ich meine Stimmrechte verliere, gehört das dazu. Genau und deswegen sind wir im Verantwortungseigentum.

Karo
Spannend. Und das soll ja auch gesetzlich sozusagen verankert werden. Momentan müsst ihr das noch ein bisschen kreativ, musstet ihr das noch ein bisschen kreativ machen. Ihr seid da auch eher in der Vorreiterrolle, wenn ich das verstanden habe.

Alma
Genau, es gibt schon gleich so 200 Unternehmen in Deutschland und die das mit so einer Lösung machen. Ganz prominente Beispiele übrigens, Bosch, Zeiss, Zeiss hat es quasi erfunden, sind im Verantwortungseigentum. Die haben eigene Stiftungen, die kennt man auch, die Bosch Stiftung macht sehr viele Kulturförderungen in Deutschland und denen gehört die Bosch GmbH, sodass die Geschäftsführenden eben nicht alles einfach selbst privatisieren können oder das Unternehmen verkaufen können, sondern Ziele festgesetzt werden können, die über einzelne Geschäftsführende hinausgeht. Diese Gesellschaftsform gibt es aber noch nicht. Die heißt Gesellschaft mit gebundenem Kapital, sie steht im aktuellen Koalitionsvertrag. Darauf konnten sich SPD, FDP und die Grünen einigen. Und sagen wir mal so, ich bin auf jeden Fall mit hinterher, dass das auch wirklich umgesetzt wird in dieser Legislaturperiode. Leider muss man zugeben, das Gesellschaftsrecht ist sehr träg in Deutschland. Ich glaube, es wurde seit 100 Jahren keine neue Gesellschaftsform mehr gegründet oder seit 70. Das ist wirklich ein träger Prozess, aber ich hoffe sehr, dass wir das noch hinbekommen, weil das für alle zukünftigen Gründen dann plötzlich würde in der Beratung beim Steuerberater vielleicht auch dieses Wort mal fallen und man könnte sich dafür entscheiden. Und ich finde das Einfachste, was man sich merken kann, ist, dass wir irgendwo zwischen einer ganz klassischen GmbH sind und einer gemeinnützigen Gesellschaft oder einer NGO, wie man sich das vorstellt, oder einer Genossenschaft, irgendwo in diesem Mittelraum sind wir und da eine Rechtsform zu haben, wäre klasse.

Karo
Ja, und du hast es gerade schon fallen lassen, dass du dich dafür ganz stark einsetzen wirst. Du bist ja sowohl im Vorstand vom Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft, aber du bist auch Mittelstandsbeirat der Bundesregierung. Ist das so ein Ort, wo du dich dafür einsetzt und kannst du mir mal ein bisschen was darüber erzählen? Wie muss ich mir das vorstellen? So ein Mittelstandsbeirat. Wie kommt man überhaupt rein?

Alma
Ja, dann habe ich mich auch gefragt, wie kommt man da rein als junges Unternehmen? Ich fühlte mich gar nicht als Mittelstand, aber tatsächlich heißt der Mittelstand zwar in Kurzform, aber es geht auch um kleine mittelständische Unternehmen. Ja, wie kommt man da rein? Wahrscheinlich durch den Vorstand vom Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft. Wir machen immer so Berlin-Tage einmal im Jahr, wo wir Abgeordnete im Bundestag und auch Ministerien besuchen und uns vorstellen als eine Stimme oder vielleicht die Stimme der Nachhaltigen Wirtschaft in Deutschland. Wir haben ja mittlerweile über 600 Mitgliedsunternehmen und vertreten, ich weiß nicht, zigtausend Arbeitsplätze. Da ist schon auch Wumms dahinter. Und da hat man natürlich eine Stimme und wird gehört und kriegt Termine mit diversen PolitikerInnen. Und wenn ich mal so salopp formulieren darf, bin ich da wohl letztes Jahr positiv aufgefallen und dann hat die neue Regierung neue Mitglieder für den Mittelstandsbeirat gesucht und ich wurde gefragt und habe ganz ehrlicherweise gedacht, als ich die E-Mail das erste Mal bekommen habe, dass das ein Fake ist. Ich dachte, das kann überhaupt nicht sein. Der Mittelstandsbeirat berät direkt Robert Habeck und da war ich natürlich dann auch wahnsinnig aufgeregt, aber es stimmt, so ist es. Und ich wusste vorher auch nicht, wie so Gremien funktionieren. Tatsächlich ist die Realität ja immer etwas unspektakulärer, als man das sich vorher so vorstellt. Wir treffen uns zweimal im Jahr zu so einem, ja, Nachmittag war es bis jetzt, eben mit Robert Habeck und Michael Kellner, der ja Mittelstandsbeauftragter der Bundesregierung ist. Und in dem Gremium sitzen 25 UnternehmerInnen, nicht ganz paritätisch, aber fast, und beraten zu Sachen, die den Mittelstand in Deutschland bewegen könnten, zum Beispiel Infrastruktur, Fachkräftemangel, aber auch die neue Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie der EU, CSRD, der schöne Titel, die jetzt kommen wird. Solche Themen berät man da und da kann man auch Input liefern und sich für Sachen einsetzen. Und wie im Detail alle Sachen funktionieren, da bin ich selber noch am Lernen, aber was ich ganz klar sehen kann, das ist ja ein UnternehmerInnengremium und also ein Gremium, dem ich wie sonst fast nie gemerkt habe, dass das Wort Unternehmen kommt oder Unternehmer, Unternehmerin kommt von etwas Unternehmen und da sitzen lauter Menschen, die selbst etwas unternehmen wollen, die wollen gar nicht gerettet werden vom Staat, sondern die wollen vor allen Dingen sinnvolle Instrumente, vielleicht mal für eine vorübergehende Finanzierung oder Planungssicherheit und ordentliche Zukunftsstruktur, also quasi eine richtige, wie die Zukunft aussehen soll, mit CO2-Bepreisung und sowas, die verlässlich ist, aber dann sagen sie, den Rest machen wir selbst. Es ist nicht die Aufgabe des Staates dafür zu sagen, dass Unternehmen funktioniert, sondern die Aufgabe des Staates ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, die fair und verlässlich sind und das Unternehmertum da drin, das machen wir schon selber und das ist ganz schön inspirierend mit solchen Menschen zu arbeiten.

Karo
Da kommt wieder diese Selbstwirksamkeitsthema. Was sind so die Themen, die du hast vorhin schon gesagt, verantwortungseigentum spielt da eine Rolle? Was sind noch so für Themen, wo du sagst, die liegen dir ganz besonders am Herzen?

Alma
Tatsächlich diese Nachhaltigkeitsberichterstattung, weil ich glaube, die Tragweite ist ganz vielen Menschen gar nicht klar. Wir kennen das alle. Alle Unternehmen haben irgendwelche Nachhaltigkeitsberichte auf ihren Websites. Die sind manchmal shiny, aber viel Marketing ganz oft und zu wenig Inhalt teilweise und sind vor allem nicht vergleichbar. Und wir kennen, dass im Lebensmittelbereich gibt es mittlerweile zunehmend diese Diskussion, dass man einen Nutri-Score braucht oder einen Tierwohl-Label oder alle Leute kennen EGBio, Bioland und Demeter, solche Sachen. Und sowas brauchen wir eigentlich auch für Unternehmen. Also ich versuche mir das immer aus der endnutzenden Perspektive vorzustellen. Ich will also eine neue Jacke haben. Ich würde gerne, dass sie fair hergestellt ist, dass sie die Umwelt nicht belastet. Ich bin bereit, einen angemessenen Preis zu bezahlen. Aber was ich nicht machen kann, ist, mich eine Woche damit auseinandersetzen, wie die Textilindustrie funktioniert, um dann zu entscheiden, welches das beste Unternehmen ist, von dem ich die kaufen kann. Das übersteigt meine Kapazität und ehrlich gesagt auch mein Willen. Und wenn ich jetzt aber so einen Vergleichswert hätte, dass ich wüsste, keine Ahnung, VD ist ein gutes Unternehmen, das heißt, sie machen nachhaltige Jacken, das sozial verträglich hergestellt und all solche Sachen. Und das Unternehmen hat vielleicht einen besseren Score in der Nachhaltigkeitsberichterstattung als ein anderes Unternehmen, wo ich eine ähnliche Jacke finde und das ist innerhalb meiner Preisrange. Dann würde ich mich immer für das bessere Unternehmen entscheiden. Gar nicht so entscheidend, ob diese eine Jacke jetzt nachhaltiger hergestellt wurde oder nicht. Und diese Vergleichbarkeit ist ganz wichtig, um Transparenz für die Endkundinnen zu schaffen. Und dann wäre auch wirklich viel Macht beim Verbraucher. Und diese neue Nachhaltigkeitsberichterstattung hat, die kommt von der EU-Ebene. Und das könnte so ähnlich wie die EU-Taxonomie und das Lieferkettengesetz, was man vielleicht schon gehört hat in den Medien, ein wirklicher Gamechanger sein. Weil diese Nachhaltigkeitsberichterstattung ist quasi auf Rechnungslegungsebene. Das ist so ein schönes Wort, was Bürokratie deutsch. Also das heißt, jede GmbH, jedes Unternehmen muss einen Jahresabschluss, das kann sicher jede Person, machen. Und passend zu diesem Jahresabschluss muss man dann auch eine Nachhaltigkeitsberichterstattung nach fixen Kriterien machen, die transparent berichtet werden muss, messbar ist und hoffentlich vergleichbar sein wird. Und das ändert was, weil diese ganzen Topmanager, so wie ich das wahrnehme aus meiner Perspektive, sind alles auch ganz schöne Optimierungspersönlichkeiten. Die wollen gut sein in ihrem Job und aktuell messen wir Unternehmen an Umsatz und Gewinn. Das heißt, Umsatz und Gewinn werden auch optimiert. Wenn ich jetzt aber hingehen würde und Unternehmen gleichzeitig auf der gleichen Ebene auch nach Nachhaltigkeit und sozialen Sachen messen würde, dann werden diese Kennzahlen irgendwann auch automatisch optimiert, glaube ich. Und das könnte systematisch viel mehr ändern, weil es gibt nicht diese bösen Manager an der Spitze der Konzerne, die sich ins Fäustchen lachen, weil sie die Umwelt zerstören, sondern das ist so systematisch eingebaut in die Art und Weise, wie wir Erwartungen in Unternehmen haben, glaube ich, und wie das System funktioniert. Und wenn wir das System ändern, dann ändert sich auch ganz viel. Davon ist zumindest meine Hoffnung, deswegen, du merkst schon, ich bin da wahnsinnig engagiert. Da versuche ich mich wirklich einzubringen und das auf die Roadmap zu setzen und da vielleicht was Progressives erreichen zu können.

Karo
Also bist du dann jetzt Aktivistin oder bist du jetzt Lobbyistin oder bist du beides? Oder bist du Unternehmerin? Wie würdest du dich verorten?

Alma
Das ist ein Thema, was uns gerade selber total umtreibt, als alles davon, glaube ich. Ich trenne das gar nicht mehr so richtig. Ich hätte das früher anders getrennt. Ich bin Unternehmerin, ganz klar. Ich bin auch Aktivistin. Ich war in Lützerath vor Ort. Wir waren als Unternehmen vor Ort, aber ich war auch als Privatperson. Und ich bin aber auch Lobbyistin, ganz klar. Es gibt auch Lobby fürs Gute und wir brauchen dringend Lobby in Gut als Gegengewicht zu der nicht guten Lobby. Und das ist fair und dass wir machen das transparent. Der Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft macht das und nennt das auch Lobby in Gut. Und ich finde das total gerechtfertigt, denn es gibt diese progressive Wirtschaft, diese ganzen engagierten Unternehmen, die viel mehr Klimaschutz wollen als im Moment vorgegeben ist von der Regierung. Und die sollten laut sein und sich dafür einsetzen.

Karo
Ja, das kann ich total unterschreiben. Meine Erfahrung ist, aber wir versuchen hier ja durchaus ein bisschen laut zu sein, was das angeht. Also ich sitze hier in einem Studio und neben mir stehen die Plakate von den Fridays for Future beim Klimastreik, wo wir mit dem Hashtag entrepreneursforfuture rumlaufen, um auch mal als wirtschaftssichtbar zu sein. Weil, wie gesagt, wir können sich damit identifizieren, das Gegenargument zu sein, gegen Klimaschutz. Das sind wir nicht. Und wir versuchen auch immer mal Leute, also andere Unternehmen einzuladen. Ganz oft sind die Personen individuell total begeistert und sagen, na klar, da gehe ich persönlich hin, da gehe ich auch mit meiner Familie hin. Aber als Unternehmen haben wir uns entschieden, uns nicht zu positionieren. Weil es irgendwie politisch ist und das betrifft durchaus auch 2016, 2017 das Thema Weltoffenheit. Viele Unternehmen haben da anscheinend auch ein Angstthema, was passiert, wenn wir uns irgendwie positionieren mit etwas, was man vielleicht gesellschaftlich nennen kann, aber was dann auch politisch ausgelegt wird. Und da spüre ich ganz, ganz viel Zurückhaltung. Wie nimmst du das wahr? Also euch scheint das ja jetzt erstmal nicht zu stören.

Alma
Wir hatten da auch lange Sorge, habe ich das Gefühl, und haben auch diese Entscheidung zum Beispiel ganz aktiv nach Lützerath zu gehen als Unternehmen und das öffentlich zu machen und sogar, wir waren ja nicht alleine, wir sind mit dem Unternehmensbündnis nach Lützerath gefahren, ist uns gar nicht so leicht gefallen. Wir haben uns mit dem ganzen Team besprochen, weil das ja alle ausbaden müssen am Ende, da kann es Hasskommentare auf Social Media geben, die die Leute, die Social Media betreuen, lesen. Es kann aber auch fiese Reaktionen von Kundinnen geben, die der Service abbekommt und die mussten irgendwie, da haben wir gesagt, das müssen alle wollen, also es darf niemand richtig Bauchschmerzen damit haben, sonst können wir es nicht machen. Das hatte niemand ganz im Gegenteil, es war ganz viel stolz da und dann haben wir uns ja aufgemacht und haben ganz viele andere Unternehmen angesprochen, ob sie mitkommen, ob wir da nicht zusammen hinfahren wollen von den ganzen Ökostromanbietern, Naturstrom, Green Planet Energy, Elektrizitätswerke Schönau, die ja teilweise selber schon durch Aktivismus aufgefallen sind, waren auch eigentlich alle direkt dabei und auch andere Unternehmen wie die GLS-Bank waren vor Ort. Also es gibt ganz viele Unternehmen, die das machen, die jetzt auch nicht alle aus der Freiburger Grünen Ecke kommen, aber natürlich in einer gewissen Branche oder, Branche ist es nicht, dem Nachhaltigkeitssektor entspringen, bei dem das vielleicht sogar eher ein Asset, also mehr ein Vorteil ist, dass sie sich engagieren, das kann ich schwer beurteilen. Wir wissen, es haben auch Leute bei uns gekündigt, weil wir das gemacht haben und haben böse E-Mails geschrieben, dass sie nicht wollen, dass wir uns in unserer Arbeitszeit für sowas einsetzen. Das gehen wir ein, das Risiko. Im Schnitt denke ich sogar, dass es uns eher, wahrscheinlich sogar positive Aufmerksamkeit bringt, aber selbst wenn nicht, geht es da ja auch ganz viel darum, wie es einem selber dabei geht und das heutzutage, damit hatten wir ja quasi gestartet, wir machen dieses Unternehmen ja auch, weil wir was bewegen wollen und in sowas wie Lützerath präsent zu sein, da ist man zumindestens Teil einer Bewegung, das macht auch ganz viel Selbstwirksamkeit bei den Mitarbeitenden, die mitkommen und schweißt zusammen und fast schon eine Teambuilding-Maßnahme, also da ist ganz viel Mehrwert dabei, der nicht Marketing oder Kundinnen-Gewinnung oder ähnliches ist und in Summe glaube ich, uns hat es eher gutgetan und ich kann das anderen Unternehmen nur empfehlen, denn auch wenn man Mitarbeitende sucht, glaube ich, ist eine klare Positionierung von Unternehmen klar, das schreckt Leute ab, aber es zieht auch Leute an.

Karo
Ja, wir haben natürlich auch Diskussionen zu solchen Themen bei uns. Jetzt zu dem Thema irgendwie Positionierung, zum Beispiel beim Klimastreik, ist jetzt nicht ganz so hoch gekocht. Das Ziel, sich das Thema Nachhaltigkeit als sehr hohen oder als höchsten angestrebten Wert hier bei Senso umzuschaffen, das ist ja aus einem Teamprozess rausgekommen. Das haben also nicht zwei oder drei Leute entschieden und gesagt, so Leute, jetzt ist das so, sondern das war ja eine Gemeinschaftsstrategieentscheidung. Insofern sind die Leute schon sehr intrinsisch motiviert hier dafür. Das ist sehr angenehm und sehr schön, dieses Backup zu haben. Ich merke, dass es in anderen Unternehmen eben häufig auf individueller Ebene da ist, aber wie du eben selber auch erzählt hast, auf Strategie- und Entscheidungsebene vielleicht nicht. Was wir dann auch machen, ist es eher informelle Orte zu suchen für einen Austausch. Weil in allen Unternehmen jetzt inzwischen natürlich Leute sind, die sich damit beschäftigen, wie können wir nachhaltiger werden, was gar nicht mehr anders geht. Und die einen, die haben einen guten Rückhalt innerhalb des Unternehmens und die anderen sind halbtagsangestellte CSR-ManagerInnen, die in erster Linie die ganze Zeit gegen ihren eigenen Vorstand kämpfen müssen und denen es aber allen sehr gut tut, sich gegenseitig auch zu tauschen in diesem Weg. Und vieles davon hast du ja vorhin auch gesagt, ist ja noch unkortografiertes Gelände. Und da bin ich selber ein bisschen weggekommen von diesem öffentlichen, hey kommt, wir gehen Plakate basteln und dann gehen wir alle spazieren, was ich mir so schön naiv vorgestellt habe. Das habe ich fast ein bisschen aufgegeben hinzu, dann lasst uns lieber zum Austausch treffen, aber lasst uns im Austausch bleiben, dass wir alle ein bisschen besser werden im Austausch miteinander. Und es muss ja auch nicht jeder jeden Fehler machen, man kann ja auch voneinander lernen.

Alma
Ich werde immer bei beides machen. Ich finde das total wichtig, diesen Austausch zu suchen und wiederum die Unternehmen, die sich da aktivistisch oder auf der Außenfläche sichtbar dafür engagieren wollen, sollen das herzlich gerne machen, finde ich. Und das muss jedes Unternehmen und jede Person für sich selbst entscheiden. So wie ich niemandem vorwerfe, selbst nicht zur Fridays for Future Demo zu gehen, obwohl diese Menschen vielleicht auch für den Klimaschutz brennen. Aber vielleicht Demos nicht so ihr Ding sind. Das will ich auch niemandem vorschreiben. Ich will auch niemandem vorschreiben, wie er lebt. Und ich denke immer, bei nachher rangeht es immer so ein bisschen, wenn jeder das tut, was er wirklich kann, so ein bisschen, vielleicht ab und zu an die Schmerzgrenze rantasten oder den Komfortbereich rantasten, sowohl im Unternehmen als auch im Privatbereich, dann ist schon wahnsinnig viel gewonnen. Und es gibt ja auch eine stumme Meinung. Also es ist ja nicht nur wichtig, wie viele Leute auf einer Demo sind, sondern auch, wie viele Leute nicht auf Gegendemos gehen. Und da denke ich, muss jede Person wirklich auch einen eigenen Weg finden. Und ich möchte, mir ist immer ganz wichtig, dass wir das nicht gegeneinander ausspielen, weder auf Unternehmens- noch auf persönlicher Ebene. Weil es gibt hier nicht den einen, der alles falsch macht, sondern jeder muss so seinen Weg finden und das auch so ein bisschen wertschätzen. Weil ich sehe das in dieser, auch in dieser Gutmenschen-Bereich schon ganz oft, dass dann den Leuten das nicht gegönnt wird, dass dem Vegetarier vorgeworfen wird, dass er nicht Veganer ist und dass dem Veganer vorgeworfen wird, dass er noch seine Lederschuhe von vor zehn Jahren anhat, wobei Wegschmeißen jetzt auch wirklich nicht nachhaltig wäre. Und das sind wirklich Sachen, das ist was sehr Deutsches, dass wir mehr Fehler suchen, als Gutes zu feiern. Und ich würde mich lieber auf dieses Gute konzentrieren wollen, weil wir brauchen da ein positives Zukunftsbild, wo wir hinwollen als Gesellschaft. Und dazu gehören halt die Zivilgesellschaft, aber auch die Unternehmen, die Politik, dass wir wissen, was wir wollen und nicht nur rumpinseln, was wir alles doof finden. Und dann macht es auch mehr Spaß. Ja, finde ich super. Das kann man auch kennen mit dir auf einer Demo.

Karo
Ja, vielleicht machen wir das mal. Also wenn ich jetzt höre, Freiburg klingt echt spannend und komm doch mal nach Dresden. Machen wir hier ein bisschen Verstärkung. Ich hab da auch ehrlich gesagt, ich würde es auch niemandem vorwerfen und natürlich auch bei unserem Unternehmen. Es ist jetzt nicht so, dass sagen so Leute, jetzt Klassenausflug, nimmt alle ein Schild, wir gehen los, sondern das ist auch eine freiwillige Angelegenheit. Und das muss es natürlich auch sein, keine Frage. Aber ich finde es gut, wenn man an den Demos auch sieht, dass Wirtschaft vertreten ist, einfach um dieses Gegenargument wegzunehmen. Auch wenn immer so ein bisschen, da denkt man dreimal um die Ecke dann, also am Anfang denke ich so, okay, wir möchten uns da positionieren, einfach um das zu stärken, die Bewegung zu sagen, hier wir sind nicht das Gegenargument. Ohje, dann denken bestimmt alle Leute, wir machen das aus Werbezwecke. Vielleicht machen wir es dann doch nicht, aber dann positioniert sich wieder niemand, naja, also dann, wir machen es ja auch aus Idealismus und aus Überzeugung. Also gehen wir doch hin, also es ist so, man kann sehr, sehr viel darüber nachdenken. Und das muss man wahrscheinlich auch und am Ende dann seine eigene Entscheidung zu treffen. Aber du hast jetzt gerade gesagt, so jeder kann das machen, was er machen kann. Wenn du dir jetzt mal so ein KMU vorstellst, ich meine, ihr seid nicht berichtspflichtig, wir sonst auch nicht, ihr habt die GWÖ Matrix veröffentlicht, habe ich gesehen, wir haben vor drei Wochen unseren DNK-Bericht veröffentlicht. Was du gesagt hast, wir haben mal angefangen, wir haben mal was gemacht. Was kann denn so ein Unternehmen, was ist ein guter Einstieg? Was kann ein Unternehmen machen, wenn sie sagen, okay, wir trauen uns jetzt mal, wir machen jetzt mal was? Und ich rede jetzt schon von Größenordnungen unserer Unternehmen, die nicht verpflichtet sind, bis jetzt nicht.

Alma
Ja, ich denke, wir haben damit GWÖ und DNK, also Gemeinwohlökonomie und dem Deutschen Nachhaltigkeitskodex, schon zwei gute Beispiele, die man freiwillig machen kann. Und in Zukunft wird es auch diesen CSAD, also die Nachhaltigkeitsberichterstattung, die von der EU kommt, die wird es auch auf freiwilliger Basis für kleinere Unternehmen geben. Das dauert ein bisschen länger. Und ich denke, so was kann man machen und sich einfach auf den Weg machen. Also mit seinen Partnerunternehmen, die ja ganz oft, man hat ja oft größere Partnerunternehmen auch noch mit denen sprechen, was die denn machen. Vielleicht kann man da so etwas zuliefern, was denen was hilft und dann auch selber einfach mal anfangen zu bilanzieren. Was ist denn eigentlich der größte Impact, den mein Unternehmen hat? Ja, ist das die Druckmaterialien, sind es die Server, der Stromverbrauch? Was ist es denn eigentlich? Und da anzufangen, nach und nach besser zu werden. Das fände ich schon einen Riesenhebel und da auch die Mitarbeitenden mitzunehmen. Also es gibt da ja Ansätze, die so ein bisschen Crowdsourcing mäßig sind, dass die Mitarbeitenden Vorschläge einreichen und werten können. Und dann werden immer die beliebtesten Vorschläge als erstes umgesetzt. Und das finde ich zum Beispiel auch eine schöne Idee, weil das wichtig ist, dass die Mitarbeitenden mitgehen. Ich meine, ihr habt sicherlich keine eigene Kantine, wir auch nicht. Aber wir haben zum Beispiel Bio-Obs im Container und Bio-Schokolade und Kaffee und so. Und es gibt aber lauter Sachen, die man vielleicht gemeinsam machen kann, sich auf 19 Grad Arbeitstemperatur im Büro vielleicht einigen oder was auch immer. Und ich glaube, allein dieses Bewusstsein zu schaffen, wo die großen Hebel vom eigenen Unternehmen liegen, ist wichtig. Und das kann man super über solche Berichtspflichten machen, weil danach kennt man oder über solche freiwilligen Berichte machen, weil danach kennt man die besser. Und dann kann man sich peu à peu der eine nach dem anderen Bereich vornehmen und darin besser werden. Ich glaube, das ist schon ein super Ansatz.

Karo
Ja, so ein Bericht ist schon eine Selbsterfahrungstrip. Das kann ich schon so bestätigen, selbst wenn man sich vorher schon viele Gedanken gemacht hat. Also es zwingt einen dazu, sich wirklich Gedanken zu machen und wirklich klar, sich zu werden, wo stehen wir, was wollen wir und so weiter. Und warum wollen wir vielleicht auch was nicht? Das ist ja auch legitim. Also zumindest beim DNK ist das ja durchaus eine Möglichkeit noch zu sagen. Wir haben uns das sehr gut überlegt, aber an dem Punkt ergibt es für uns einfach aufgrund unserer Größe oder unserer Produkte keinen Sinn. Ja.

Alma
Wieso habt ihr euch dann selbst eigentlich für den DNK entschieden? Also warum wir uns für die GW entschieden haben, weiß ich ja. Warum habt ihr den DNK genommen?

Karo
Aus zwei Gründen. Das eine ist, wir haben, um einfach mal anzufangen, wir haben ja schon die ganze Zeit übers Einfach Mal Anfangen gesprochen, haben wir bei so einem sächsischen Modellprojekt mitgemacht. Das nennt sich Sabena, sächsische Betriebe werden Nachhaltigkeitsexperten. Und das sind, glaube ich, wir sind insgesamt 15 sächsische Unternehmen gewesen, die daran teilgenommen haben. Und das war so mehrere Workshops, die aufeinander aufgebaut haben und die zur Kennzahlenerhebung gemacht haben, Teambefragung. Wir haben einen Fragebogen bekommen. Wir haben eine Wesentlichkeitsanalyse gemacht. Wir haben den Stakeholder-Salon gemacht, wo wir euch ja auch eingeladen haben. Und das war eben schön vorstrukturiert. Also für jemanden, der da gerade erstmal reinkommt und das jetzt nicht studiert hat, war das eine sehr schöne Handreichung. Und vieles innerhalb dieses Modellprojekts war auf den DLNK ausgerichtet. Also hat Vorarbeit geleistet für, wenn ihr dann wollt, könnt ihr auch dann den DLNK hintendran hängen quasi und dann habt ihr schon die Hälfte des Weges gemacht. Das war das eine. Ich habe mich natürlich aber auch sonst mit anderen Berichtsformaten beschäftigt und wir haben selber auch ein GWMatrix 2021 veröffentlicht. Nicht den ganzen Bericht, sondern tatsächlich nur die Matrix. Ist auch auf unserer Website immer noch. Und ich fand's beim DLNK, fand ich es eben gut. Es wird einem sehr einfach gemacht, finde ich. Also man hat diesen Leitfaden. Das ist ja transparent. Man kann da reingucken. Es kostet auch nichts. Für manche ist das ja durchaus auch noch, spielt das eine Rolle. Und es gibt eben die Möglichkeit, eine Sache zu erklären. Und es gibt die Möglichkeit auch zu erklären, warum es nicht passt. Also es ist auf alle Größen anpassbar, hab ich das Gefühl. Und trotzdem denke ich drüber nach, ob nicht so ein IT-Branchenleitfaden doch eine feine Sache wäre. Weil gerade Unternehmen mit immateriellen Produkten habe ich das Gefühl, da könnte man noch, denen könnte man entgegenkommen, indem man so einen Leitfaden erstellt. Das ist auch so ein bisschen eine Sache, die ich gerne mit reinbringen würde. Wir haben ja, ich weiß nicht, ob du es mitgekriegt hast, aber wir haben ja zusammen mit einer anderen Agentur aus Hamburg angestoßen, dass wir uns beim BNW so eine Arbeitsgruppe IT bilden und uns mal mit solchen Themen beschäftigen. Und vielleicht auch mal gucken, ob so ein Branchenleitfaden etwas ist, womit wir uns beschäftigen können. Wird jetzt im März der erste Termin stattfinden. Da werden wir mal schauen, welche Themen die anderen so interessant finden. Es gibt ja viele, nachhaltige Software. AI spielt sicherlich eine große Rolle momentan. Vielleicht auch so ein Leitfaden, das wäre schon cool.

Alma
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Karo
Genau, jetzt hatte ich zweimal kurz eine Idee, noch für eine coole Frage, und jedes Mal ist er wieder weg, kommt vielleicht am Ende nochmal. Ganz häufig wird man ja gefragt, was war denn so das, was dich zum Thema Nachhaltigkeit gebracht hat, was dazu geführt hat, dass das für dich wichtig geworden ist, also ein Erweckungserlebnis. Ich würde mal was anderes fragen wollen. Gab es einen Moment, wo du als Person so richtig satt warst und resigniert und gesagt hast, jetzt schmeiße ich alles hin? Und warum hast du einen weitergemacht und was hat dir die Kraft gegeben, dazu weiterzumachen, so engagiert und, naja, aktivistisch und enthusiastisch, wie du hierüber kommst, zu bleiben für das Thema Nachhaltigkeit und positiven Impact.

Alma
Ich finde es ganz schwer, diesen einen Moment zu finden, wo man verzweifelt war, weil ich glaube, es war schon in einer dieser Christ for Future Demos, wo ich war, 2019, wo wahnsinnig viele Leute auf der Straße waren und man einerseits ganz viel Selbstwirksamkeit und fast schon Macht verspürt hat, weil wir so viele waren und sich gleichzeitig danach so ohnmächtig gefühlt hat, weil man nach zwei Stunden Demo nach Hause gegangen ist und gedacht hat, und jetzt? Jetzt passiert gar nichts. Und ich finde, dieses Auf und Ab der Gefühle macht einen wahnsinnig machtlos und da fühlt man sich manchmal ganz schön hilflos. Und das bringt mich manchmal wirklich zu diesem Gefühl, dass ich denke, wenn man nicht drüber nachdenken würde und ich einfach denken würde, weißt du, in meiner Lebenszeit, ich bin jetzt 38, ja, das wird schon noch unbequem mit dem Klimawandel, aber ich meine, ich könnte noch Fisch essen, solange er da ist und irgendwie durch die Gegend jetten, solange es halt noch geht, bis ich selber nicht mehr bezahlen kann oder sowas. Und das Leben genießen, vielleicht wäre es ja viel einfacher. Und was mir da hilft, ist einerseits das Größte, was mir am meisten hilft, ist das Team. Also meine Gründungskollegen, wo immer mindestens einer gerade eine optimistische Phase hat und sagt, Quatsch, das macht total den Unterschied, was wir machen. Das ist nicht alles vergebens, sondern wir können wirklich was ändern. Und es geht ja nicht nur um die Mobilfunkkundinnen, die bei uns sind, für die wir was kompensieren, sondern es geht um die transformatorische Wirkung, die wir haben und den Einfluss, den wir damit ausüben können. Und wenn das alle Leute machen würden oder viel mehr Leute machen würden, dann würden wir damit die Welt retten. Und das gibt immer ganz viel Kraft. Dieses Nicht-Alleine-Sein damit, ganz viel Kraft, das kann ich auch nur jeder Person raten. Man braucht eine Peer Group für sowas, Leute, mit denen man da ehrlich sich austauschen kann und mit denen man auch sich in Lützerradweinen in den Armen liegen darf, weil man diese Diskrepanz zwischen dem, was wir wissen und was wir machen sollten und dem, was die Realität teilweise noch ist, schier nicht aushält. Aber das zuzulassen, die Emotionen, aber auch die Hoffnung zuzulassen, die es ja durchaus gibt, denn es bewegt sich wahnsinnig viel und das ist neben dem Team die größte Kraftquelle. Organisiert euch mit Gleichgesinnten, ob auf Demos oder in Wirtschaftsverbänden oder privat, ist, glaube ich, völlig egal. Aber wenn man sieht, dass andere Menschen, andere Unternehmen ganz viel für das gleiche Ziel tun, das gibt wahnsinnig viel Energie und Hoffnung.

Karo
Und er macht einen Podcast miteinander.

Alma
Das ist ja eine von den Sachen, wo wir was gemeinsam machen, würde ich sagen, auf jeden Fall.

Karo
auf jeden Fall. Ja, also finde ich, ja. Dankeschön. Schöne, fast schon Schlussworte. Eine Sache, mir ist wieder eingefallen, was ich vorhin sagen wollte, und das passt gerade sehr gut hier rein. Manchmal überrascht es einen ja auch, ne? Als wir unsere Stakeholder, also so die Leute, für die es interessant sein könnten, wie wir uns im Thema Nachhaltigkeit verhalten, die haben wir eingeladen zu einem Workshop, um mal zu hören, was denen wichtig ist, wie wir uns verhalten, nur mal kurz zu erklären, was ein Stakeholder-Salon ist, weil es vielleicht auch nicht jeder. Und da wart ihr halt mit dabei, weil ihr eben auch eine ähnliche Größe seid und, ähm, ähnliche, glaube ich, ein ähnliches Wertesystem habt. Da waren aber auch ganz andere Unternehmen dabei, Kundenunternehmen von uns und auch ganz die Stadt Dresden war mit dabei und noch ganz andere, ne? Und wir haben uns bei der Hälfte von denen gefragt, oh, können wir die darauf ansprechen? Ist das ein Thema, was für die eigentlich interessant ist? Oder denken die sich, was soll man da, ich meine, zweieinhalb Stunden vertane Zeit oder so? Und das hat uns echt überrascht. Wir haben von allen, die dabei waren, das Feedback bekommen, das ist super wichtig, lasst uns im Gespräch bleiben, haltet uns auf dem Laufenden, was ihr weiter macht. Wir sind zum Teil im Gegenzug eingeladen wurden in Stakeholder-Netzwerke. Also da kann man richtig positiv überrascht werden, wenn man sich mal raustraut. Es beschäftigen sich jetzt wirklich alle damit und das macht ja auch ein bisschen Hoffnung. Finde ich.

Alma
Auf jeden Fall. Ich finde auch, das vielleicht abschließt auch ein Hoffnungsschimmer, die großen Unternehmen beschäftigen sich auch alle damit und vielleicht sogar mehr als wir denken, weil die natürlich die Dringlichkeit sehr wohl größtenteils sehen, aber es auch nicht leicht ist, sich zu wandeln, wenn man groß ist. Da haben wir es als kleine Unternehmen doch noch leichter, glaube ich. Und ich habe schon auch Hoffnung, dass die das alle erkennen und dass wir so, es gibt so gesellschaftliche Tipping Points auch, dass man sich dann doch schnell, dass sich Sachen viel schneller ändern können, als man vorher dachte. Darauf habe ich ganz viel Hoffnung.

Karo
Also dann ein Hoch auf die kleinen Vorreiter und auf die Leute in den großen Tankern, die eigentlich auch Idealisten sind und versuchen die Tanker zu lenken und das Thema Selbstwirksamkeit, was da überall drin steckt. Gibt es noch ein Thema, was dir total auf den Nägeln brennt, wo du sagst, das muss jetzt aber noch angesprochen werden.

Alma
Ich glaube, das einzige Thema, was sich aufdrängt bei uns beiden, ist Gleichberechtigung und mich nervt das selber, ehrlich gesagt, dass wir da drüber noch reden müssen 2023, aber ich möchte das eigentlich nur als Chance begriffen sehen, denn wenn man sich Studien anguckt, ist ganz klar, dass gemischte Teams, Start-ups, Unternehmen mit Frauen drin erfolgreicher sind. Sie sind resilienter, stabiler und sind die nachhaltigeren und sozialeren Geschäftsmodelle statistisch gesehen. Also einfach ein ganz klarer Aufruf, das ist eine rein unternehmerisch sinnvolle Entscheidung, gemischte Teams zu machen. Es geht hier nicht darum, was wieder gut zu machen von Patriarchat oder aus Nettigkeit, Frauen in Führungspositionen oder ähnliches zu berufen, sondern das ist eine wirtschaftlich sinnvolle Entscheidung und ich finde, wenn man sich das klarmacht, dann wäre es einfach nur dumm, das nicht zu machen und an uns beiden sieht man doch, dass es tolle Frauen gibt und es gibt so viele tolle Frauen da draußen. Das ist wirklich unfassbar. Das ist ein Schatz, der da noch so ein bisschen schlummert, aber doch deutlich am Aufwachen ist gerade. Das würde ich schon gerne immer noch mal betont wissen.

Karo
Ja, und es kommen auch immer mehr Frauen in die Tech-Berufe, zum Glück. Es ist noch nicht ganz da, wo wir uns das wünschen, dass jeder, der hier anklopft, also sozusagen, es sind immer noch weniger Frauen und weniger nicht-Männer in Tech-Berufen. Deswegen machen wir solche Sachen wie die Girl's Day Academy oder die Hacker-School und versuchen, junge Leute eben dafür zu begeistern. Jetzt als nächstes die lange Nacht der Wissenschaften. Zum Beispiel, da programmieren wir Roboter wieder und machen so kleine Workshops mit Schüler und Schülerinnen. Da kann man sich noch mehr reintrauen, aber es macht ja auch Spaß. Also ich zum Beispiel, ich bin Soziologin, also ich bin noch gar nicht mal ein Techie und trotzdem mache ich mir hier mit einer App so einen kleinen Pythonkurs, einfach weil das ist total spannend, was das logische Denken angeht zum Beispiel. Also traut euch ran, damit wir euch dann in unseren Unternehmen haben können.

Alma
All right.

Karo
Vielen, vielen Dank, liebe Alma. Das hat mir sehr, sehr viel Spaß gemacht. Ich freue mich auch, wir werden noch mal jemand von WETelll dieses Jahr in einem Podcast haben. Da geht es nochmal ganz speziell um das Thema Datenschutz, weil das ist durchaus was, was uns auch beide umtreibt. Datum müssen wir mal gucken. Das ist bei uns, wie gesagt, das ist der regelmäßig-unregelmäßige Podcast. Also müssen wir uns da ein bisschen überraschen lassen. Und wir hier in der Region, in Dresden, wer Lust hat, am 3. März ist wieder Klimastreik. Da treffen wir uns hier in Dresden 13:30 Uhr auf dem Neumarkt. Ihr findet uns unter dem Entrepreneurs for Future Schild. Übrigens auch eine Bewegung, die vom Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft gestartet wurde. Und wenn natürlich jemand eine Filmidee hat, wo Wirtschaft gut bei wegkommt, dann auch jederzeit mal bei uns melden. Ich finde einfach keiner außer Wayne Enterprises und wäre mal sehr interessiert. Vielen, vielen Dank, liebe Aima. Vielen, vielen Dank allen, die uns jetzt hier zugehört haben. Und für Fragen und Feedback werdet ihr unsere Handle, unsere Twitter-Handle und alles, wie ihr uns erreichen könnt, unten in den Show Notes auch noch lesen können. Und dann freue ich mich aufs nächste Mal beim Sandpapier. Tschüssi!

Alma
Tschüss!