Folge17

Hacking Politics

Dauer: 43 minVeröffentlicht: 13.03.2020

Demokratie leben und gestalten, statt politischer Resignation - Norbert Rost hat uns diese Woche einen Einblick in seinen politischen "Hackzeugkasten" gegeben. Essenzieller Bestandteil: Stadtratsanträge selber schreiben.
Wie das Ganze funktioniert, was es mit imperativer Programmierung zu tun hat und wie jede(r) eigene Anliegen in das persönliche lokal-politische Umfeld tragen kann, erklärt Norbert Tobi im entspannten Dialog.

https://ratsinfo.dresden.de/ - Seite des Stadtrats Dresden

https://www.regionalentwicklung.de/2019/06/hacking-politics-stadtratsantraege-schreiben/ - Seite mit Links zu Arbeitsblatt und Antragsvorlage
 

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Die Folge zum Lesen

Tobias
Herzlich Willkommen zum Sandpapier, unserem wöchentlichen Podcast der Sandstorm Media GmbH. Wie furchtbar ich diesen langen Titel finde. Von Sandstorm, wir sind eine Software Agentur und in unserem Podcast, dem Sandpapier, beschäftigen wir uns mit Fragen und Themen, die uns in der letzten Zeit beschäftigt haben. Diese Woche habe ich einen Gast im Podcast, der nicht Sandstormy ist, sondern von extern kommt. Wir hatten diese Woche einen Workshop organisiert und ich freue mich ganz besonders diese Woche den Norbert Rost zu begrüßen. Hallo Norbert. Wir sprechen in der heutigen Folge über diesen Workshop, der den Titel Hacking Politics trägt. Und dazu möchte ich direkt mal einsteigen mit der Frage, Norbert, was, wie und warum Hacking Politics, wer bist du, wie bist du auf das Thema gekommen, leit mal bitte ein bisschen ein.

Norbert
Ähm... Also, ich selbst komm aus der Wirtschaftsinformatik, deswegen liegen mir Informatikmetaphern nahe. Deswegen Hacking. Und Politics insofern, weil Politik natürlich unser Leben beeinflusst auf den unterschiedlichsten Ebenen. Manche glauben, das beeinflusst uns am meisten von allen Sachen, die uns so beeinflussen können. Und mich treibt die Frage, wie man sich da an das zu tun, was ich will. Ähm... Das ist sozusagen der grobe Rahmen. Und irgendwann hatte ich da mal eine Idee, wie ich das darstellen kann, und daraus entstand ein kleiner Vortrag. Dann hat das ein paar Jahre gedauert, dann ein kleiner Workshop. Den haben wir am Dienstag ausprobiert. Wir werden es von hilft machen.

Tobias
Genau, was wir in dem Workshop zusammen gemacht haben, da kommen wir gleich noch drauf im Gespräch. Du hast ja in den letzten Jahren bei der Stadt Dresden gearbeitet. Auch. Was hast du denn da gemacht?

Norbert
Ich durfte da ein Projekt leiten, das hieß Zukunftsstadt. Das läuft auch noch, das Projekt war ein Forschungsprojekt. Das Bundesforschungsministerium will herausfinden, wie macht man die Städte nachhaltig. Mit Bürgerbeteiligung habe ich einen Städtewettbewerb aufgelegt und den habe ich für Dresden geleitet.

Tobias
Das klingt nach einem super Thema und wenn mich nicht alles täuscht. Ich war selbst nicht involviert, aber so ist, glaube ich, auch der Kontakt zu dir zustande gekommen, dass bei uns im Team zwei Kolleginnen mal rumgeschaut haben, hey, mit wem kann man sich denn vernetzen, was genau in diese Nachhaltigkeitsrichtung geht und den lokalen Charakter, der wir ja hier unseren größten Standort in Dresden haben, voranzubringen. Wir haben uns als Sandstorm, als Unternehmen ja vor anderthalb Jahren ganz intensiv mit dem Thema beschäftigt. Was ist denn unser Ziel? Wo soll es denn mal hingehen? Was wollen wir denn erreichen? Und da ist herausgekommen, hey, in zehn Jahren wollen wir die harten Nüsse in Projekten mit positiven Einfluss knacken und dieser positive Einfluss, da steckt für uns dieser Nachhaltigkeitsgedanke drin und von einem, naja, wie lang ist das jetzt her? Fast schon ein halbes Jahr auf unserem Strategieworkshop haben wir das noch mal konkretisiert mit dem Ziel dafür zu sorgen, dass die Erde für alle Lebewesen reicht. Das heißt, was können wir denn konkret als jetzt hier in Dresden hauptsächlich ansässiges Unternehmen tun? Wie können wir uns einmischen? Mit wem können wir uns vernetzen? Was können wir bewegen? Und da sind Marika und Katharina auf dich gestoßen, auf das Projekt Zukunftsstadt gestoßen, haben Kontakt aufgenommen und was ist dann passiert?

Norbert
Das war erst mal bei den Students for Future. Die haben im November so eine Public-Climate-School gemacht. Da hab ich einen kleinen Vortrag gehalten, weil ich eingeladen war. Da waren die beiden mit dabei. Und... ja, ich hab halt auch dort schon versucht, diese Frage mitzubeleuchten. Das, was du gerade gestellt hast, wenn man irgendwo unterwegs ist als Unternehmer oder Einzelner und sich fragt, was kann ich tun? Angesichts von globalen Fragen, die uns ja umtreiben, ist es ja nicht so einfach, da zuzugreifen. Genau, das hab ich in dem Vortrag beleuchtet. Was ist dann passiert? Dann haben wir zusammengesessen bei euch. Wir haben dich eingeladen? Genau, zu so einer Freitags-Session. Unser Wochenrückblick, genau. Super, mit Technik, Schweden und... Wo sitzt der Kollege? Darmstadt. Darmstadt und Dresden. Fand ich auch beeindruckend, muss ich zugeben. Weil so eine Art Dienstberatung hab ich auch noch nicht mitgemacht. Ähm... Genau, ich hab in der Stadtverwaltung gearbeitet, da sind solche Arten von Dienstberatung im Denk.

Tobias
Das Wort Dienstberatung ist schon sehr schön, das muss ich nochmal darauf hinweisen. Wir sollten mal eine Folge über Meetings machen oder Mietungen machen.

Norbert
Ja, das ist eine gute Idee. Also es hat mir sehr gefallen, genau. Dann hatten wir gefragt, was machen wir denn jetzt darüber hinaus, außer ein bisschen miteinander quatschen. Und da hatte ich gedacht, ich habe hier so einen Workshop...

Tobias
dem ausprobieren. Und wir haben gesagt, das ist total cool, weil wir haben eine Konferenz-Intage und da haben wir ein Format, wir haben eine Location, wo wir was machen können und dann sind wir relativ schnell dazu gekommen zu sagen, alles klar, wir setzen uns noch mal zusammen, planen das gemeinsam durch, dann hatten wir eine Session, wo du noch mal bei uns warst, dann haben wir Datum direkt fix gemacht, hatten das abgeklärt, dass die Räume zur Verfügung stehen, haben uns Gedanken über den Rahmen gemacht, wie viele Leute wollen wir einladen, wie machen wir das, wie streuen wir das und dadurch, dass du das schon mal gemacht hast, war der Aufwand sehr gering und plötzlich stand eine Einladung im Raum, komm doch bitte zu einem Workshop Hacking Politics. Und jetzt sind wir direkt im Thema Hacking Politics. Was haben wir gemacht? Im Workshop meinst du?

Norbert
Im Workshop, meinst du? Ich hab erst mal noch erzählt, was Hacking Politics ist. Für mich ist es eine Art Philosophie. Weiß nicht, wie weit wir das jetzt ausdefinieren wollen. Erzähl ruhig was. Wir haben ja noch Mitschnitt gemacht. Wenn der online ist, kann ich das noch mal anschauen. Ich hab erst mal ein bisschen einführenden Vortrag gemacht. Dann haben wir die Workshop-Situation, dass wir versucht haben, Stadtratsanträge zu schreiben. Die meisten Leute haben sich noch nie mit Stadtratsanträgen beschäftigt. Aber wenn man das einmal macht, vor allem, wenn man es geleitet macht, so wie es in dem Workshop der Fall war, kriegt man einen guten Eindruck davon, wie dieser politische Raum im Detail aussieht. Es bleibt nicht dieses abstrakte Da ist die Politik und hier bin ich. Sondern der Versuch, ein Thema, das einen umtreibt, auf einer Handlungsebene runterzubrechen, auf einen Antrag. Ich glaub, das ist ein gutes Learning. Dann steigen die Leute ihre Themen ein. Dann haben die Leute aufgerufen, das war Mobilität, das war freie Software. Das hat man noch... Ähm... SWR 2020

Tobias
Ja, Mobilität war so ein wichtiges Thema, auf verschiedenen Ebenen, Freie Neustadt war so ein Thema.

Norbert
Ja, Autofreiheit in der Stadt, ganz klar, das war ein Thema. Was haben die anderen gemacht? Dann gab's noch die Verwaltung, die sich erklären soll. Barrierefreiheit und Barrierearbeit. Genau, Barrierefreiheit, Zugang zur Information. Genau, Demokratieräume in der Stadt war ein Thema. Und 365-Euro-Ticket beziehungsweise kostenloser Nahverkehr war auch eine Gruppe. Es gab verschiedene Gruppen, die haben die Leute selber mitgebracht. Untertitel im Auftrag des ZDF, 2020

Tobias
Barrierefreiheit oder Barrierearbeit. Genau, Barrierefreiheit, Zugang zur Information. Genau, Demokratieräume in der Stadt war ein Thema. Und 365-Euro-Ticket beziehungsweise kostenloser Nahverkehr war auch eine Gruppe. Es gab verschiedene Gruppen, die haben die Leute selber mitgebracht. Die haben wir nicht vorgegeben. Und, ja, Hacking Politics. Genau, wenn wir uns dieses Spannungsfeld mal anschauen oder aus meiner Sicht ein Spannungsfeld, das klingt Hacking, da verbinden alle so, ich sitze mit einer schwarzen Maske in einem dunklen Raum vor meinem Computer und mache böse Dinge. Und wir schreiben den Staatsratsantrag, da ist für mich klaff da im Kopf eine Riesenlücke dazwischen. Wie bringst du denn die beiden Sachen zusammen?

Norbert
Du meinst, weil das eine so subversiv klingt und das andere so formell? Also, ich finde es schon, dass es subversiv ist, wenn Leute, die kein Stadtrat sind, einen Stadtratsantrag schreiben. Weil die, die da waren, da ist ja niemand Mitglied vom Stadtrat. Und einer war da, also Martin. Das war ziemlich cool, dass ein Stadtrat tatsächlich gekommen ist. Von den Piraten war da, der ist Stadtrat. Aber die anderen waren ja alle keine Stadträter. Und dann trotzdem an einem Werkzeug rumgearbeitet, was eigentlich ja gar nicht in ihrer Hoheit liegt, sondern was eigentlich ja hoheitlich bei den Stadträten liegt. Wenn man so was vorbereitet und man kann es den richtigen Leuten geben, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie das aufgreifen und benutzen relativ hoch.

Tobias
Cool, hat jetzt schon gestartet.

Norbert
Und insofern ist das schon was Subversives, weil du bereitest sozusagen außerhalb Sachen vor, die dann bestenfalls nur noch eingespeist werden. Und da sind wir wieder bei der Analogie zur Informatik. Du programmierst ein Stück Code, speist den an der richtigen Stelle ein, muss natürlich die richtige Schnittstelle finden, und dann entwickelt das ein Eigenleben im System, für den du das vorbereitet hast. Da sind wir dann beim Hacking. Genau, insofern hat das schon was Hackendes. Und natürlich kann man auch andere Zugänge sich suchen, man kann auch andere Sachen machen. Aber das ist ein sehr wirksames Mittel. Also, sowohl wenn man das hinkriegt, hat das eine gewisse Durchschlagskraft. Du gehst bis zum Architekten, um mal die Matrix-Analogie zu bemühen. Wenn du so einen Antrag hast, kriegst du es bis zum OB, wenn du es schaffst. Und dann muss die Verwaltung arbeiten. Aber du kannst natürlich auch andere Sachen raussuchen, mit denen du das System hacken kannst. Die Analogie für mich ist halt, Computer, also im dunklen Keller sitzen und auf Tastaturen einzuhacken, ist nichts anderes als zu versuchen, ein System dazu zu bringen, die Dinge zu tun, die du gerne möchtest. Und vielleicht auch zweckzuentfremden, sag ich mal so. Das ist das, was du mit Computern hackst. Und das politische System ist auch ein System.

Tobias
Ja, für mich war es total spannend, sozusagen diese Übersetzung zu sehen von, damit ich Hacking Politics betreiben kann, damit ich das System sozusagen beeinflussen kann und dann hast du das so schön aufgebaut in dem Vortrag, deswegen kann ich eben nur ans Herz legen, der diesen Podcast hört. Hey, schau doch mal, ob der Mitschnitt schon online ist und guckt mal dort rein. Du hast das super kurzweilig erklärt. Wie funktioniert das System? Ich muss das mal verstehen. Was passiert denn da? Wie sind denn die Abläufe? Natürlich, du hast den Heckzeugkasten, glaube ich, genannt, den Werkzeugkasten, den man benutzt, sind da Dinge drin, wie ich kann demonstrieren gehen, ich kann mich auf die Straße stellen und meine Meinung kundtun und auch da gibt unsere Demokratie ja zum Glück Räume und Möglichkeiten und Werkzeuge vor. Es gibt natürlich aber auch den ganz, ganz offiziellen, den Standardweg, wie zum Beispiel in der Stadt Dresden die Verwaltung und deren oberster Chef, hast du ja auch im Workshop erklärt, ist der Oberbürgermeister, momentan der Oberbürgermeister, beauftragt wird, etwas zu tun und dann gehört das zu seinem Aufgabenbereich für die nächsten Jahre, das umzusetzen und dafür sollte ich das System kennen, das hast du uns sozusagen näher gebracht und jetzt hast du gerade auch schon erwähnt, einen Stadtratsantrag zu schreiben und einzureichen, durchzubringen, liegt gar nicht in der Hoheit des einzelnen Bürgers, sondern das liegt woanders. Die Kompetenz, die Verantwortung dafür liegt beim Stadtrat, wie funktioniert das?

Norbert
Ganz banal gesagt, Stadtratsantrag ist erst mal ein Stück Papier, Text sozusagen. Wenn man kurz diese Analogie vom Code weiter treibt, hat er natürlich auch eine innere Struktur, dieser Text. Er hat einen Titel, einen Gegenstand, also womit soll sich der Stadtrat beschäftigen. Oder was soll der OB tun? Dann hat es eine Beschlussvorlage. Das heißt, das ist das, was der Stadtrat dann beschließt. Deswegen Beschlussvorschlag oder Beschlussvorlage. Wo also genau drin steht, lieber OB, bitte sorge für den Punkt und den Punkt und den Punkt und den Punkt. Das ist wie Programmierung im Sinne von Anweisung 1, Anweisung 2, Anweisung 3. Maschine, mach bitte dies und jenes. Und dann gibt es noch eine Begründung, das ist jetzt weniger für die Maschine als mehr für den Menschen. Warum sollten wir dem zustimmen als Stadträter? Und so ein Papier kann eine Fraktion im Stadtrat formell in den Geschäftsgang bringen, so heißt das. Also formal in die laufenden Prozesse eingliedern und dann kriegt das Ding eine Nummer und dann kriegt das Ding einen Termin, wenn es im Stadtrat behandelt wird und dann wird das dort diskutiert, weil es auf der Tagesordnung steht und dann wird irgendwann zur Abstimmung gestellt und dann heben alle Anwesenden die Hände.

Tobias
Das ist ja schon ein ganz wichtiger Punkt. Wir reden ja von demokratischen Prozessen. Das heißt, in Stadträten, in Parlamenten geht es um Mehrheiten. Ja. Wenn ich mich richtig erinnere, hat der Dresdner Stadtrat momentan 70 Sitze. Das heißt, ich brauche nach, oh jetzt, Adam Riese, 36, 36, ja, Stimmen sozusagen für einen Antrag, damit er durchgeht. Das heißt, das war auch, das hast du ja auch gut rübergebracht in dem Vortrag. Es reicht nicht, wenn ich einen schönen Antrag schreibe. Ich brauche auch, ich muss mir auch Gedanken darüber machen, mit welcher Mehrheit ich den dann durchbringe. Also wünschen kann ich mir viel, aber wir wohnen, wir leben ja in einem demokratischen System. Diese ganzen Hintergrundinfos, die hattest du auf einem Arbeitsblatt mitgebracht für den Workshop dann, das hatte zwei Seiten. Was hat das denn damit auf sich?

Norbert
Also, grundsätzlich hab ich gelernt, dass Arbeitsblätter für Workshops eine total coole Geschichte sind. Damit haben wir bei Zukunftsstadt intensiver angefangen. Ähm... die Grundidee ist... so eine Ablauflogik, wie sie ein Moderator für einen Workshop macht, diese Logik schon in den Arbeitsblatt zu legen. Das hat den Vorteil, dass du im Workshop nicht mehr so viel moderieren musst. Weil der Arbeitsplan schon bei den Leuten auf dem Tisch liegt. Das verändert die Rolle des Moderators. Du bist als Mentor eher unterwegs und musst nicht mehr sagen, jetzt musst du jenes machen, sondern das hat das Arbeitsblatt vorgegeben. Das ist ein spannendes Learning aus den Zukunftsstadtgeschichten. Das kann ich jedem, der Workshops macht, ans Herz legen. Vorher zu überlegen, in Ablauf will ich die Leute einfach schicken. Wie kann ich das in den Arbeitsblatt übersetzen? Aber deine Frage zielt auf das konkrete Arbeitsblatt. Was hat das mit dem Hacking Politics zu tun? Na, diese zwei Seiten, linke Seite, war die Inhalte. Das ist das Thema, was du gerne willst, das in der Stadt passiert. Du willst mal wegen kostlosen Nahverkehr haben, das, was ja eine kleine Gruppe bearbeitet hatte. Und sich dann für das Arbeitsblatt, dich zu fragen, was sind meine Argumente dafür, aber auch meine Argumente dagegen, die jemand bringen könnte, um schon vorneweg zu versuchen, diese Argumente entweder zu entkräften oder zu neutralisieren oder sie in deine Richtung zu münden, sodass nicht die Diskussion im Stadtrat plötzlich über Themen geführt wird, die du nicht vorhergesehen hast. Weil der normale Bürger wird wahrscheinlich im Stadtrat nicht dabei sein können und sagen können, so hab ich das doch gar nicht gemeint und hab darauf geguckt. Sondern es wäre cool, wenn man das vorher bedenkt und in den entsprechenden Texten mit einarbeitet. Die andere Seite des Arbeitsblattes ist die strategische Komponente. Wenn du brauchst 36 von 70 Stimmen, musst du dir Gedanken machen, was sind die Eigeninteressen der verschiedenen Fraktionen? Welche Interesse hat denn eine CDU-Fraktion an einem kostenlosen Nahverkehr? Da kann man nicht sagen, das interessiert mich nie, aber in unserem Fall interessiert es gerade so, wer die CDU-Fraktion nie mitnimmt, kriegt keine Mehrheiten im Stadtrat. Oder man muss sich seltsame Mehrheiten suchen, was noch viel unwahrscheinlicher wird. Also muss jeder, der Lust hat, stattzugestalten, sich mal mental in die Gedankenwelt von CDU-Mitgliedern reinversetzen und sich fragen, was sind denn ihre Interessen für einen kostenlosen Nahverkehr abgedeckt werden. Das ist die Einleitung auf der anderen Seite des Arbeitsblattes.

Tobias
Ich fand auch super von dir, dass Hacking Politics nicht gemeint ist als, hier kann ich was am System vorbeimachen, oder hier schiebe ich was ein und wenn niemand genau hinguckt, dann geht das schon durch, sondern ich hab's so verstanden, hey, du hast uns erklärt, wie funktioniert das System, was passiert denn da, das hat zu tun mit, ich muss mit Leuten reden, ich muss mir mal Gegenargumente selber überlegen, am besten rede ich auch mit den Leuten und höre mir die mal tatsächlich an, ich hab sozusagen auch Anlaufstellen bekommen, hey, da gibt es Fraktionen, da gibt es den Stadtrat, da gibt es dann die einzelnen Stadträte, die ja dann doch wieder Menschen und Personen sind und nicht diese abstrakten Gebilde und es gibt sogar davor noch, in Dresden ist das wahrscheinlich, gibt das nicht in jeder Stadt oder in jeder Kommune, bei uns gibt es noch die Stadtbezirksbeiräte, genau, Stadtbezirkung, Stadtbezirkung.

Norbert
Ich hab Bezugsbeiräte.

Tobias
Da gibt es sogar noch mal sozusagen eine Organisation, die noch lokaler ist, begrenzter, wo die Hürde mit Leuten, die Themen der Stadt oder des Stadtteils interessieren und betreffen, ins Gespräch zu kommen, noch geringer ist. Und so hattest du auch deine persönliche Geschichte erzählt, wie du einen Stadtratsantrag selber reingebracht hast. Die Geschichte fand ich so schön. Magst du sie noch mal kurz hier im Podcast erzählen?

Norbert
Warte, jetzt muss ich kurz fragen. Du meinst tatsächlich die mit den Mutipunkten oder du meinst das Ding mit der Ampel? Ja, die war schlecht. Ja, also zu der Ampel habe ich keinen Stadtratsantrag gemacht. Ah, schade. Nee, das nicht. Siehst du, da...

Tobias
Nee, das nicht. Aber du hast mit den Leuten gesprochen und so rum war das und du brauchst das gar nicht.

Norbert
Das war nur Hartnäckigkeit, aber nach dem gleichen Schema. Also, sich anschauen, wie funktioniert das System. Und da vielleicht kurz als Vorlauf, das stimmt schon, das, was wir am Dienstag diskutiert hatten, war nichts, wo man sagt, es geht an der Systemfunktionalität vorbei. Unser Problem, so was wir haben, ist, niemand hat uns je erklärt, wie eigentlich lokale Politik funktioniert. Das ist überhaupt nicht Teil des Schulunterrichts. Das ist sehr bedauerlich, weil man auf dieser lokalen Ebene nicht sagen kann, wie das funktioniert mit der Demokratie. Das ist eine riesengroße Fehlstelle im Schulunterricht. Ich will nie sagen, wir brauchen Staatsbürgerkunde. Das ist das Zeitalter, aus dem ich komme. Aber muss man ganz ehrlich sagen, auch das aktuelle sächsische Bildungssystem, das seit 30 Jahren, kriegt es nicht hin, den Leuten beizubringen, wie das mit der Politik funktioniert. Das ist nicht nur bedauerlich, das ist gefährlich. Wir kennen schon nicht mal die normalen Vorgänge, die normal offenstehen über die nichtformalen Vorgänge oder die nichtkonformen Vorgänge. Wir haben kurz über Vitamin B gesprochen, B wie Bestechung. Das sind natürlich Abläufe, die laufen in der Politik. Die stehen nur denen zur Verfügung, die Geld haben. Das ist nichts, was ich empfehlen will, aber das ist was, wo man auch ganz ehrlich sagen muss, das ist ein Hack des Systems, der läuft tagtäglich und wird benutzt. Genau, lasst uns noch mal auf die konkrete Geschichte.

Tobias
Genau, lass uns nochmal auf die konkrete Geschichte zurückkommen, die mal illustriert, wie der normale Werdegang ist und plötzlich löst sich ein Problem in den Luft auf.

Norbert
Das ist nicht so leicht rein, akustisch zu erklären. Da braucht man sehr viel Vorstellungsvermögen, insofern die Bitte an die Zuhörenden, sich Folgendes vorzustellen. Ich geh zu früh zum Bäcker, bleib an der Fußgängerampel, an einer größeren Kreuzung stehen. Diese Ampel bleibt selbst dann häufig auf rot, wenn die Fahrzeuge vor mir auch rot haben. Das ist aber nicht reproduzierbar. Als Informatiker sucht man seine Software so oft, dass man den Fehler reproduzieren kann, um ihn dann zu fixen. Das Ding war nicht fixbar, weil es nicht reproduzierbar war. Die Ampel hat gemacht, was sie wollte, scheinbar zumindest. Und dann hab ich beim Über- und Stadtbezirksbeirat angefragt, das muss mir mal jemand erklären. Da haben die erst gesagt, nee, das ist alles in Ordnung mit der Ampel. Da hab ich gesagt, das muss mir mal jemand erklären, es ist nie in Ordnung, offensichtlich war es nicht in Ordnung. Dann hab ich einen Termin vor Ort gekriegt, und dann haben die mir erklärt, dass eine Spur immer erst geräumt werden muss, wenn die Straßenbahn da rumfährt. Und wenn die Spur geräumt wird, muss natürlich die Fußgänger-Ampel, weil es ging um eine Linksabbiegerspur, muss diese Fußgänger-Ampel rot gestellt werden. Also muss ich stehen bleiben, auch dann, wenn mein Querverkehr eigentlich auch stehen muss. Und dann hatte ich den Vorschlag gemacht, lass uns doch diese Linksabbiegerspur sperren. Weil wenn wir die Linksabbiegerspur sperren, dann kann diese Fußgänger-Ampel normal schalten. Und das ging dann noch dreimal hin und her, das ging aus verschiedenen Gründen immer nie. Ich hab gesagt, na klar geht das, und dann waren wir bei dem Punkt, lass uns eine Testphase machen. Dann hab ich sie dazu gekriegt, eine Testphase zu machen. Da hab ich nach kurzer Zeit die Info bekommen, das bleibt so. Die Testphase wird zur Dauerphase, ohne dass ich noch mal irgendwas machen musste. Ich dachte, wieso denn das? Am Fedscherplatz hat sich der Durchsatz der Fahrzeuge um 15% erhöht, wenn man diese Linksabbiegerspur da rausnimmt. Das war damals sehr wichtig, weil in dem Moment, wo die Waldschlossin-Brücke aufging, 20.000 Fahrzeuge über diesen Fedscherplatz zollten. Schade daran war, dass ich sozusagen den Hund zum Jagen tragen musste, statt dass da mal von den bezahlten Leuten jemand drüber nachdenkt.

Tobias
Aber andersherum ist es ja auch ein super Beispiel dafür, wie ein Bürger, der mit einem ganz konkreten Problem kommt, die Ampel zu meinem Bäcker früh am Morgen schaltet, nicht auf grün, dafür sorgt, dass ein viel größeres Problem sich dadurch löst. Also 15 Prozent mehr Verkehrsdurchsatz und eine sozusagen sinnlose Wartezeit, wo ganz oft dann keine Fahrzeuge gefahren sind, konnte aufgelöst werden ohne große Benachteiligungen, die dadurch entstanden sind und das ist ein super Beispiel. Also einfach mal die Frage stellen und dann mal dranbleiben und nicht sagen, ist alles in Ordnung? Na gut, dann muss das so sein, sondern, nee, irgendwas ist komisch, kommt doch mal her, lass uns das mal angucken. Das kann mir ja bestimmt jemand erklären, die Person gibt es. Ich wollte mal kurz darauf zurückkommen, wir hatten schon kurz über verschiedene Themen gesprochen, die wir in unserem Hacking Politics Workshop, die bearbeitet wurden in Arbeitsgruppen, wo kamen denn die Themen her und wie haben sich die Arbeitsgruppen gefunden? Kannten sich die Leute vorher alle?

Norbert
Nee. Also, es kannten sich Leute, die waren als Gruppe auch da, ja. Ich hab das klassische Open-Space-Format da angewendet. Open-Space ist ja eine Moderationsmethode, Großgruppenmethode. Und da ist die grundsätzliche Idee, die Themen, die die Leute mitbringen, sind die relevanten. Ich hab dazwischen mal aufgerufen gehabt, welche Themen treiben euch um. Und hab dann Gruppen um diese Themen gebildet. Die Gruppen.

Tobias
Und das lief auch echt gut ab, von der Moderation her, im Sinne von die Leute harten Vorschläge mit. Die hat das echt interessiert, die haben Themen reingeworfen. Meine Erfahrung funktioniert immer. Ja, genau. Wichtig ist dann tatsächlich auch die Moderation. Manchmal geht's dann ins Klein-Klein. Ah, das Thema ist doch ein bisschen anders und ich möchte noch meine eigene Facette ansprechen. Muss man moderieren, manchmal ein bisschen lenken. Aber die Gruppen haben sich selber gefunden. Wir hatten das ja insofern vorbereitet, dass wir Arbeitstische mit den Blättern hatten, wo die Gruppen dann auch sich zusammenfinden konnten. Dann haben die selbstverantwortlich gearbeitet. Untertitel im Auftrag des ZDF für funk, 2018

Norbert
Arbeitsplatz. Und dann haben die nach drei Stunden festgestellt, Scheiße ist schon vorbei.

Tobias
Und dann gab's ganz unten, es gab eine linke Spalte und eine rechte Spalte auf dem Arbeitsblatt und ganz unten gab's noch was. Nächste Schritte? Nächste Schritte. Da hast du doch wieder das System gehackt.

Norbert
Äh, kann man so sagen, na ja, das ist schon aus der Erfahrung von Veranstaltungen und Moderationen raus erwachsen. Klar, du willst, dass was als Nächstes passiert. Nicht, dass die Leute das immer aufgreifen. Aber für mich ist das immer eine Eigenverantwortungsfrage. Da bin ich knallharter Liberaler, sag ich mal so. Freiheit gibt's nie ohne Verantwortung. Und den... Wenn du willst, dass was passiert, reicht's halt nicht. Das erste Schritt, zu einem Workshop zu kommen und sich einleiten zu lassen, sag ich mal so. Das erste Schritt muss ich schon fragen, was mache ich als Nächstes?

Tobias
Gerade in dem Setting, dass sich die Gruppen teilweise gefunden haben und sich die Leute gar nicht kannten, dann arbeitet man, wie lange war das, anderthalb, zwei Stunden zusammen an dem Thema und dann ist ja so ein Stadtratsantrag noch nicht fertig. Das ist ja illusorisch, hast du auch von Anfang an gesagt, hier geht niemand raus und hat den Masterplan in der Hand, das heißt der Wunsch, die Anregung, hey, ihr habt das jetzt angefangen, es ist euer Thema, ihr habt euch da freiwillig für gemeldet, das zu bearbeiten, offensichtlich interessiert euch das Thema. Ihr seid intrinsisch motivierter, daran zu arbeiten, also ganz unten auf dem Ausplatz diese Frage, nächste Schritte, wer macht denn konkret was als nächstes, wie geht es mit dem Thema voran und dann kam in der Feedbackrunde zum Workshop auch der Wunsch auf, hey, das Format war cool, können wir das nicht wieder machen. Du hast gesagt, du hast Hacking Politics Workshop schonmal gemacht, hast du Erfahrungen mit einem Nachfolgeworkshop?

Norbert
Also, wir haben den Prototypen von dem Workshop, hab ich letztes Jahr im Rahmen der Raumkonferenz entwickelt, und da haben wir das an drei Tagen nacheinander gemacht. Also, dreimal drei Stunden. Und damals hat man das Arbeitsblatt ausprobiert gehabt, und da hatten wir zum Beispiel im letzten Workshop auch Stadträte mit dabei, wo wir dann gesagt haben, also, war immer Zeit dazwischen, Leute hatten die Gelegenheit, das, was sie gedacht hatten, noch mal in Text zu gießen, und am Ende des Workshops war die Überlegung, und auch dann die politischen Kontakte vielleicht gleich weiterzunutzen. Und ein paar Sachen gern da auch noch, also, vom Sommer her. Ähm, aber jetzt... Ähm... Dass ich jetzt genau wüsste, so müsste der nächste Step aussehen, in der Workshopsituation hab ich grad noch nicht vor Augen. Ich kann mir vorstellen, dass die Problemlagen, die in den Gruppen sind, sehr individuell sind. Je nachdem, wie groß die Gruppe ist, wie komplex das Thema ist. Ja.

Tobias
Der Workshop ist ja jetzt noch nicht mal zwei volle Tage her sozusagen, das heißt wir verarbeiten auch das, also wir denken noch auf den Feedback drauf rum, wir haben ja am Dienstag schon gesagt, lass uns da auf jeden Fall drüber sprechen und mal Ideen sammeln, wie so ein Nachfolgekonzept aussehen könnte. Die Herausforderung hatten wir am Dienstag auch schon kurz angesprochen, besteht natürlich darin, dann hast du Gruppen, die sind schon ein Stück gegangen, die haben dann andere Probleme sozusagen vor denen sie stehen, bei denen man als Mentor zur Seite stehen kann und sollte, es werden nicht alle wiederkommen logischerweise, aber es gibt natürlich auch vielleicht neue Leute, neue Interessenten, die das Thema interessieren, da werden wir uns noch mal Gedanken zu machen, wie wir da rangehen. Was hat dir besonders Spaß gemacht am Dienstag?

Norbert
Aber ich hab schon Spaß, diesen Vortrag zu halten und auch zu sehen, wie die Leute reagieren. Wenn du siehst, da grinst es los, das macht mir schon Spaß. Und mir macht es natürlich auch Spaß zu sehen, wenn die Leute in ihren Gruppen sich zusammenfinden und man merkt, da kommt eine Dynamik, und ich geh hin, um zu gucken, braucht ihr irgendwas, und alle gucken nur, was willst du, geh wieder weg. Dann funktioniert das Format. Das beste Format ist das, wo man einen Impuls reingibt, und dann geht man Kaffee trinken und der Rest läuft von alleine. Aber ich helf auch gerne mit, also hab ich auch Spaß, bei den Leuten mitzudenken an ihren Themen und zu gucken, guck dir das nur aus der Facette heran. Gerade z.B. die kleine Gruppe mit dem kostenlosen Nahverkehr, die eigentlich erst von 365 Euro kamen, die kamen dann an den Punkt an, wie finanziert man so einen kostenlosen Nahverkehr? Und da begegnet die Vision der Realität, und da hab ich dann auch Chancen und Spaß, mal mitzudenken und zu überlegen, wie geht das trotzdem, oder was kann man machen, um manche Dinge hinzukriegen. Nie so leichtes Thema, dieser 365 Euro, bzw. dieser kostenlose Nahverkehr, kein einfaches Thema.

Tobias
Merkt man ja auch einen gesellschaftlichen Diskurs, der zu dem Thema ganz, ganz viel passiert und da gehen auch die Meinungen weit auseinander. Würdest du beim nächsten Mal was anders machen? Hast du irgendwas aus dem Workshop gelernt, wo du sagst, das mach ich nächstes Mal anders?

Norbert
Nee, grundsätzlich funktioniert dieser Workshop. Drei Stunden, gute Zeit. Das, worüber man nachdenken muss, wie sieht ein Follow-up aus? Das finde ich unbefriedigend, wenn man an einen Punkt kommt und sagt, wir sind hier, wir haben aber noch kein Bild davon, wie es weitergeht. Oder spannend wäre, wir haben es auf drei Stunden gesetzt. Ich glaube, es war für die meisten Leute eine gute Zeit. Aber man hat gemerkt, es gab einzelne, die hätten noch weitergemacht. Da ist eine spannende Frage, wie sieht diese Obbruchssituation aus, die sie dann doch noch weitermachen wollen. Aber das sind jetzt Feinheiten der Moderationstechnik. Das hat mit Hacking-Politik gar nicht so viel zu tun.

Tobias
Ich fand den Workshops super toll. Also mir hat es megamäßig Spaß gemacht. Ich war auf der einen Seite total begeistert, dass, ich weiß gar nicht wie viele da waren, 30, 35 Leute, die freiwillig durch Ansprache da hingekommen sind. Du hattest ja am Anfang auch mal gefragt, aus welchen Bereichen die grob so kommen. Es war auch gut bunt gemischtes Publikum, es waren Jüngere, Ältere, es waren auch zwei Schüler sogar da, aus ganz verschiedenen Hintergründen. Ja und wie du es schon angesprochen hast, in manchen Gruppen ist tatsächlich so eine Dynamik entstanden. Das hat man gemerkt, die wollten gar nicht aufhören. Wie, schon in fünf Minuten sollen wir schon mal die Zwischenstände mal vorstellen. Und andere haben gesagt, hey, wir haben ja schon den Masterplan auf der Rückseite ausgearbeitet. Das war total cool. Das macht mir natürlich als Host sozusagen dann auch ganz viel Spaß, so was zu sehen, dass das Format funktioniert und dass du und auch die Teilnehmer echt Spaß dran hatten. Da haben wir uns auch sozusagen als Sandstorm megamäßig gefreut.

Norbert
Dazu würde ich vielleicht noch fragen, das sagen, wer denn von den Zuhörerinnen Lust hat, das selber mal auszuprobieren. Dieses Arbeitsblatt ist ja unter CC-Lizenz online. Also wer online nach Hacking-Politik sucht, fällt irgendwo über dieses Arbeitsblatt, kann sich auch selber hinsetzen, braucht mich nie zwingend.

Tobias
Mhm. Es hilft natürlich, wenn man diesen Podcast gehört hat. Das hilft immer. Ja. Und natürlich den Mitschnitt, den Videomitschnitt vom Vortrag nochmal anschauen. Aber grundsätzlich, das Arbeitsblatt ist verfügbar. Kann sich das hier da angucken. Es ist auch echt selbsterklärend. Also es sind auch ganz viele Hilfestellungen drin in dem Arbeitsblatt. Es ist nicht ein weißes DIN A4-Blatt, sondern wunderbar geführt. Da haben wir jetzt schon an vielen Stellen drüber gesprochen. Ich würde es nochmal den Bogen schlagen zu der Frage, Hörerinnen und Hörer, die jetzt nicht bei dem Workshop dabei waren, aber sich inspiriert fühlen zu sagen, hey, ich habe da tatsächlich so ein Thema, was mit Lokalpolitik bei mir zu tun hat. Das beschäftigt mich. Sagen wir nochmal konkret, was kann ich tun? Das sind gute Anlaufstellen, um da voranzukommen.

Norbert
Naja, zum Schluss muss man in den politischen Raum, wenn jemand tatsächlich eine politische Fragestellung hat und auch das Interesse hat, ein bisschen Zeit zu investieren. Ohne geht's nicht, muss man ganz ehrlich sagen. Reines Rumdenken kann jeder für sich machen. Aber wenn's darum geht, irgendwas zu bewegen, würde ich empfehlen, mal an die politischen Akteure ranzugehen. Z.B. an die Fraktionen, denen man sich am nächsten fühlt. Wenn jemand einen Eindruck hat, dort ist die Idee am ehesten verortet.

Tobias
konkret sagen, wie man an die Fraktion fand.

Norbert
Ja, also in Dresden ist das bei allen Städten so, gibt's natürlich Informationen auch online. In Grenenstädten ist das nie das Problem, da kennt jeder jeden. Da wirst du auch genau, wer sitzt hier im Gemeinderat. In Dresden sucht man am besten ratsinfo.dresden.de. Das ist das Ratsinformationssystem. Da findet man einerseits die Fraktionen, aber auch die einzelnen Mitglieder. Da gibt's E-Mail-Adressen jedes einzelnen Mitglieds vom Stadtrat. Und darüber kann man die kontaktieren. Und diese Fraktionen haben in Dresden zumindest auch, in den großen Städten ist das immer so, auch Fraktionsgeschäftsführer. Da kann man anrufen und sagen, ich hätte gern einen Termin. Das ist ja alles kein Zauberwerk. Wir verkürzen das häufig, indem wir von der Politik sprechen. Die Politik, als wäre das ein monolithischer Blog, das ist es nicht. Das ist ein Netzwerk aus vielen Leuten, da muss man hin mit seiner Idee. Natürlich kann man sich auch zivilgesellschaftliche Gruppen suchen, die ähnliche Themen bearbeiten. Man kann sich auch beim ADFC anklopfen. Oder beim ADAC, je nachdem, welchen Schwerpunkt man setzen möchte. Oder beim FUS-EV oder Ähnliches. Und wenn man ein Umweltthema hat, gibt's den BUND, den NABU. In Dresden gibt's die Gemeinschaftsgärten. Die lokale Agenda ist in Dresden immer ein spannender Ansprechpartner.

Tobias
Das heißt auch diese, wie nennt man die, NGOs, die gemeinnützigen Vereine oder Vereine sind oft auch in die Politik vernetzt, dass die wissen, es gibt Ansprechpartner in die Verwaltung, in die Fraktion. Vor allem, wenn man findet, man verbündet die, die die, die, die, die, die, die, die,

Norbert
Vor allem findet man Verbündete, das ist das Wichtigste. Wenn man alleine eine Idee hat, muss man schon ein ganz schöner Beißer sein, um das alleine durchzuziehen. Es ist immer gut, man hat noch jemanden an der Seite, mit dem man als Sparringspartner Sachen machen kann. Aber natürlich hilft's immer, die Sachen mal vor, durchdacht zu haben. Deswegen durchaus die Einladung selber, Arbeitsblatt mal nehmen und zu denken.

Tobias
Und zum Beispiel auch an der Frage vorbeizukommen, hey, welche Fraktion im Stadtrat hätte denn ein eigenes Interesse an meinem Thema, damit ich weiß, in welche Richtung es gehen soll.

Norbert
Ich will gerne einladen, auch über die Farben hinwegzudenken. Ich bedauere das immer sehr, dass ich mit Leuten aus dem grünen Spektrum unterwegs bin. Die tun dann immer so, als wäre die CDU vom anderen Planeten. In Maßen stimmt es auch, aber nicht in der Massivität, wie wir das gesellschaftlich leben. Sondern sich zu fragen, wie wäre das, wenn ich einen Antrag mit der CDU mache, obwohl ich eigentlich dem linken Spektrum angehöre? Das kann man mal als mentale Übung machen.

Tobias
Wird denn in Fraktionen abgestimmt oder wird als Stadtrat abgestimmt?

Norbert
Das ist nicht immer so. Man redet immer von dem Fraktionszwang, aber man muss auch ganz ehrlich sagen, das Grundgesetz und die abgeleiteten Gesetze sehen das nicht vor. Da ist jeder Abgeordnete, dazu zählen unsere Stadträte auch, dem Gewissen verpflichtet zu nichts anderem. Aber natürlich versucht man eine gewisse Macht, ergibt sich auch durch Zusammenhalt in Gruppen. Und insofern wird auch im Dresdner Stadtrat öfter ganz oft an entlang Paletteipolitischer Linien abgestimmt. Mit all den Konflikten, die man da hat. Das linke Spektrum hat halt grad keine Mehrheit. Das find ich insofern ganz gut, als dass man da eben mal über den Tellerrand hinaus schauen muss, weil ich das für den gesellschaftlichen Zusammenhalt ganz wichtig halte, dass das konservative Spektrum mit dem sich selbst anhand ein progressiven Spektrum intensiver reden muss.

Tobias
gesellschaftliche Diskurs, wie er so schön genannt wird, dass man sich austauscht, ohne sich die Köpfe einzuschlagen, sondern...

Norbert
Und nicht so ein reines Durchregieren. Wir haben hier 36 von 70 Stimmen und wehe, einer weicht ab. Genau, das ist keine gute Kultur.

Tobias
Nee, im Gegenteil, ich finde das tatsächlich auch sehr spannend, die Situation, ich muss mich mal mit dem anderen, mit den Gegenargumenten auseinandersetzen und wir finden, und das ist ja auch Kern unseres politischen Systems, wir finden dann eine Lösung, die die Mehrheit trägt, oder?

Norbert
Oder wie finden Sie es nicht? Da hatten wir am Dienstag eine spannende Gruppe, nämlich eine, die das Thema autofreie Neustadt behandelt hat. Da waren drei Leute drin, oder am Anfang waren es vier. Und einer davon war dagegen. Drei wollten autofreie Neustadt, einer war deswegen da, weil er gesagt hat, ich will, dass das aufhört. Das ist natürlich auch eine spannende Gruppenzusammensetzung, wenn man da dann zu einem gemeinsamen Antrag kommen will. Das Spannende der Gruppe war, dass die zu diesem Ansatz gekommen sind, zu sagen, wir brauchen mal ein Verkehrskonzept für die innere Neustadt. Nicht von vornherein das Ziel festzulegen, zu sagen, die muss autofrei sein, sondern wir brauchen ein Konzept, was bestenfalls alle Bedarfe so abwägt und berücksichtigt, dass das zu einer größeren Mehrheit führt, sag ich mal so. Das nützt uns natürlich auch in der Neustadt nichts, wenn die autofrei ist. Aber dafür sind Bürgerinitiativen herangewachsen, die sich massiv dagegen wehren und Ähnliches. Das bringt zum Schluss auch nichts. Da opfert man den gesellschaftlichen Frieden, der Autofreiheit, ja.

Tobias
Jetzt hattest du vor uns gesagt, wer sich ein Thema hat und sich einbringen will, der muss auch Zeit bereit sein zu investieren. Und auf der anderen Seite Hacking-Politik, Stadtratsantrag schreiben. Das klang jetzt recht schnell. Hast du denn Erfahrungen, wie lange es dauert, wenn so ein Antrag eingeht und der wird tatsächlich verschlossen vom Stadtrat? Wann Ergebnisse dann hinten rausfallen?

Norbert
Ähm, ja, da hab ich eine persönliche Erfahrung. Also, Verwaltungen sind langsam. In Deutschland auf jeden Fall mehr als... Also, China hat letztens mal eben ein paar Krankenhäuser gebaut, haben wir gesehen. Keine Ahnung, ob die da zwei Monate gebraucht hatten oder weniger. Das wäre in Deutschland aktuell nicht möglich. Ich hab vor 2013 einen Antrag geschrieben, der trug die Überschrift Car-Sharing und Elektromobilität in den Stadtraum integrieren. Die Aufforderung war, dass die Verwaltung sich mal Gedanken macht, wie kann man dieses neue Phänomen Car-Sharing, aber auch das neue technische Phänomen Elektroautos, wie kriegt man das überhaupt in den Stadtraum? Zum damaligen Zeitpunkt gab's keine Ladesäulen. Und Teilauto als Dresdner Car-Sharer musste seine Fahrzeuge an ganz wenigen Stellen abstellen. Also, das war 2013. Das war auch meine Haupterfahrung mit Stadtratsanträgen. Den hab ich selber geschrieben über die Bürgerfraktion in der Stadt. Und der ging buchstrabengetreu durch. Genau so, wie ich ihn geschrieben hab, ging der dann da durch. Und 2018 begann dann der Bau von den Mobipunkten in der Stadt. Das heißt, es hat also fünf Jahre gedauert. Von meinem Antrag bis der Denk- und Konzeptionsphase in der Stadtverwaltung, bis der erste Mobipunkt entstanden ist. Ist das ein Mobipunkt? Das ist das Ergebnis des Nachdenkens in der Stadtverwaltung. Das ist ein Ort in der Stadt, der meistens in der Nähe einer Straßenbahnhaltestelle liegt. Zum Beispiel gibt's einen Mobipunkt auf dem Pürnaschen Platz. Und an diesen Mobipunkten gibt's Tankstellen für Elektrofahrzeuge, gibt es Stellplätze für Car-Sharing und gibt's Stellplätze für... Fahrräder, für Leihräder. Genau. Sozusagen alles an einem Punkt. Also, die ganzen modernen Mobilitätsformen, sag ich mal, sind immer in der Nähe einer Straßenbahnhaltestelle. Da hat die Stadtverwaltung die Idee, 76 im Stadtgebiet zu verteilen. Damit hätten wir das Problem gelöst, weil wir hätten ein flächendeckendes Netz von Car-Sharing-Stationen, wo der Car-Sharer nicht mehr darauf angewiesen ist, sich privat Flächen zu suchen und mit den Flächenbesitzern auszuhalten und nach zwei Jahren die Verträge wieder gekündigt zu kriegen. Da kriegt man eine Stabilität rein. Die kann man nicht überhaupt etablieren in der Stadt.

Tobias
Als Autor dieses Antrags bist du mit dem Ergebnis zufrieden? Nö, nö, nö, nö.

Norbert
Also da muss ich auch der Verwaltung mal meinen Lob aussprechen, ich kann sehr viel meckern über das Verwaltungshandeln. Aber diese Idee finde ich cool, was ich natürlich nicht so cool finde ist, dass das so ewig dauert. Das muss man sich vorstellen, fünf Jahre von Stadtratsbeschluss bis zur ersten Realisierung, da sind wir noch nicht bei allen 76, das ist schon ganz schön krass. Aber das zeigt eigentlich wie wichtig das ist.

Tobias
Es ist richtig anzufangen, wenn ich ein Thema vor mir her schiebe und es nicht einbringe.

Norbert
Krass fand ich halt nur damals, da muss ich kommen. Als würden dann genug Leute sitzen, die a, dafür bezahlt werden, und b, die Politischen mit diesen Themen unterwegs sind, da muss ich kommen und so einen Antrag schreiben. Das ist schon ein bisschen strange. Aber klar, auf der anderen Seite genau diese Einladung, wie Sachen umtreiben, diese Idee mal zu sagen, wie würde das dann aussehen, wenn ich so einen Beschlussvorschlag, der mit den Worten beginnt, der Oberbürgermeister wird beauftragt, wenn ich so was selber schreiben würde. Das mach ich jetzt mal für mein Thema. Das ist nie so schwer. Seit dauert's ja noch genug.

Tobias
Das war jetzt noch mal ein schönes Beispiel am Schluss mit den Mobi-Punkten hier in Dresden. Wenn unsere Hörerinnen und Hörer sagen, kann ich noch mal mit jemandem reden, ich habe noch mal eine Nachfrage, natürlich gerne immer als Reaktion auf unseren Podcast, wir freuen uns über Feedback. Wen würdest du denn als Ansprechpartner sagen, der kann helfen bei Fragen zum Thema?

Norbert
Ich will nie sagen, ich, weil da mach ich grad nichts anderes mehr. Ich bin hier nicht die private Betreuung für politisch Interessierte. Hast du keine Hotline eingerichtet? Na, mir fehlt dann noch der Sponsor. Was ich machen würde, wären solche Workshops noch mal zu machen. Wenn eine Gruppe käme und jemand sagt, wir würden das bei uns machen, das wäre nicht das Problem. Aber ansonsten muss ich sagen, die, die dafür zuständig wären, wären unsere Stadträte. Und dort vor allem, der ihre Fraktions-Geschäftsführung...

Tobias
das guckt auf die Website, da sind die Anschlusspartner alle benannt, das findet man, das ist

Norbert
Und in der Verwaltung ist es so, es gibt jetzt jemanden, der ist für Bürgerbeteiligung zuständig und Koordinator dafür. Ich kann auch empfehlen, an das Presseamt ranzugehen, weil das die Schnittstellen nach außen und dort mal Fragen abkippen. Das hat natürlich auch einen Hacking-Aspekt, ne? Das sind die Bürger von draußen, auch den Institutionen, die sich natürlich an manchen Stellen auch... ich würd lieber sagen, festgesessen haben in ihren 30 Jahren. Es ist keiner aufgetaucht, der was von uns wollte. Das ist ein bisschen übertrieben. Die mal zu fordern und zu sagen, wo sind denn unsere Schnittstellen? Wann erklärt uns die Verwaltung, wie das funktioniert mit der Politik? In zwei Worten, die wir verstehen. Ähm... Ja, auf jeden Fall plädieren will ich dafür, sich immer vorzustellen, da sitzt halt ein Mensch auf der anderen Seite. Und ich habe das Recht, den anzusprechen. Der wird mir schon sagen, wenn das nie in der Form passiert, dass er mich versteht oder mit mir umgehen will. Nicht danklich, sich zu lösen, da ist die Politik und hier bin ich. Sondern als Stadtbürger sich als solcher zu verhalten und zu sagen, ich hab das Recht, politisch aktiv zu sein, will ich mal antworten.

Tobias
Das lassen wir als Call to Action stehen. Beteiligt euch, bringt euch ein. Es sind alles Menschen, die involviert sind. Behandelt sie so. Respektvoller Umgang miteinander ist ganz wichtig. Dann kommt man auch tatsächlich vorwärts mit den Themen. Das finde ich super. Dann, Norbert, möchtest du den Hörerinnen und Hörern noch irgendwas mitgeben? Haben wir was vergessen zu erwähnen?

Norbert
Noch mehr? Ich weiß nicht.

Tobias
Ich denke auch, wir hatten eine sehr schöne Session. Mir hat es megamäßig Spaß gemacht. Vielen Dank, dass du dabei warst.

Norbert
Danke für euer Mittun, die Organisation des Ganzen.

Tobias
Und an unsere Hörerinnen und Hörer nochmal der Aufruf, gebt uns Feedback, wie euch der Podcast gefallen hat, gerne auch inhaltlich, wir packen die Infos wieder in die Show Notes, auch die Links nochmal hier für Dresden konkret und dann freue ich mich schon, wenn ihr nächste Woche wieder einschaltet zu einer neuen Folge vom Sandpapier. Macht's gut, ich bin Tobias, ciao!

Norbert
Bye!

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